Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mantel, Hilary

Mantel, Hilary

Titel: Mantel, Hilary Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Woelffe
Vom Netzwerk:
vorschlagen, dass Mary ihren Titel behält? Ich
werde es nämlich nicht tun, das sage ich Ihnen, Master Cromwell. Und wenn Sie
sie in große Aufregung versetzen, was unweigerlich geschehen würde, und wenn
sie krank wird und eine Fehlgeburt hat, werden Sie dafür verantwortlich sein!
Und ich werde nicht zur Gnade neigen!«
    Draußen, vor der Tür des
Audienzsaals, lehnt er sich an die Wand. Er rollt mit den Augen und sagt zu
Rafe: »Gott im Himmel, kein Wunder, dass der Kardinal vorzeitig gealtert ist.
Wenn er glaubt, dass Ärger ihr das Kind austreibt, kann es nicht sehr fest
sitzen. Letzte Woche war ich noch sein Waffenbruder, diese Woche droht er mir
ein blutiges Ende an.«
    Rafe sagt: »Es ist gut, dass
Sie nicht wie der Kardinal sind.«
    In der Tat. Der Kardinal
erwartete die Dankbarkeit seines Fürsten, ein Punkt, in dem er zwangsläufig
enttäuscht wurde. Trotz all seiner Fähigkeiten war er ein Mann, dessen
Emotionen ihn beherrschten und erschöpften. Er, Cromwell, fällt den Kapriolen
der Gefühle nicht mehr zum Opfer, und er ist so gut wie nie müde. Hindernisse
werden beseitigt, schlechte Laune beigelegt, Knoten aufgeknüpft. Hier, am
Ausgang des Jahres 1533, ist sein Gemüt robust, sein Wille stark, sein äußeres
Erscheinungsbild unerschütterlich. Die Höflinge sehen, dass er Ereignisse
gestalten und formen kann. Er kann die Ängste anderer Menschen in Grenzen
halten und ihnen ein Gefühl der Stabilität in einer bebenden Welt geben: dieses
Volk, diese Dynastie, diese jämmerliche verregnete Insel am Rande der Welt.
    Zur Entspannung am Ende des
Tages überprüft er Katherines Landbesitz und befindet darüber, was er neu
verteilen kann. Sir Nicholas Carew, der ihn nicht leiden kann und der Anne
nicht leiden kann, ist überrascht, als er von ihm ein Paket mit Übertragungen
erhält, eingeschlossen zwei fette Lehen in Surrey, die an seine bereits
existierenden Ländereien in dieser Grafschaft grenzen. Carew ersucht um ein Gespräch,
um seinen Dank auszudrücken; er muss Richard darum bitten, denn dieser führt
jetzt den Cromwellschen Terminkalender, und Richard schiebt ihn zwei Tage
später ein. Wie der Kardinal zu sagen pflegte: Respekt heißt, man lässt die
Leute warten.
    Als  es so weit ist, macht
Carew ein passendes Gesicht. Kühl, mit sich selbst beschäftigt, der vollkommene
Höfling, arbeitet er daran, seine Mundwinkel nach oben zu bekommen. Das
Resultat ist ein groteskes Backfischlächeln über einem üppigen Bart.
    »Ach, ich bin sicher, Sie
verdienen es«, sagt er und tut es mit einem Achselzucken ab. »Sie sind ein
Jugendfreund Seiner Majestät, und nichts macht ihm mehr Freude, als seine alten
Freunde zu belohnen. Ihre Frau hat Kontakt zu Lady Mary, ist das nicht so? Sie
stehen sich nahe? Bitten Sie sie«, sagt er sanft, »die junge Frau gut zu
beraten. Sie zu ermahnen, sich dem König in allen Dingen zu fügen. Er ist
reizbar in diesen Tagen, und ich kann für die Konsequenzen von Aufsässigkeit
keine Verantwortung übernehmen.«
    Das fünfte Buch Mose sagt uns,
dass Geschenke die Augen der Weisen blind machen. Carew ist seiner Meinung
nach nicht besonders weise, aber das Prinzip erweist sich als zutreffend; wenn
auch nicht regelrecht geblendet, so sieht er zumindest benommen aus.
»Betrachten Sie es als etwas verfrühtes Weihnachtsgeschenk«, sagt er lächelnd
zu ihm. Er schiebt die Papiere über seinen Schreibtisch.
    In Austin Friars werden die
Abstellkammern entrümpelt und Tresorräume gebaut. Sie werden das Fest in
Stepney feiern. Die Engelsflügel werden dorthin gebracht; er möchte sie
behalten, bis es ein anderes Kind im Haus gibt, das die richtige Größe hat. Er
sieht sie gehen, wobei sie in ihrer Hülle aus feinem Leinen schaudern, und
sieht zu, wie der Weihnachtsstern auf einen Karren geladen wird. Christophe
fragt:
    »Wie würde man ihn benutzen,
diesen gemeinen Apparat mit lauter Spitzen?«
    Er zieht eine der
Segeltuchhüllen ab und zeigt ihm die Vergoldung. »Jesus Maria«, sagt der Junge.
»Der Stern, der uns nach Bethlehem führt. Ich dachte, das wäre ein Apparat für
die Folter.«
    Norfolk geht nach Süden, nach
Beaulieu, um Lady Mary zu sagen, dass sie in das Herrenhaus in Hatfield ziehen
und der kleinen Prinzessin dienen muss. Sie wird dort unter der Aufsicht von
Lady Anne Shelton leben, der Tante der Königin. Was darauf folgt, berichtet er
in gekränktem Tonfall.
    »Tante der Königin?«, sagt
Mary. »Es gibt nur eine Königin, und das ist meine Mutter.«
    »Lady

Weitere Kostenlose Bücher