Mantel, Hilary
länger als eine kleine Ratte und so
erschrocken und durchgefroren, dass sie nicht einmal weint. Er trägt sie in
einer Hand nach Hause, in der anderen hat er einen kleinen Käse, der in
Salbeiblätter eingewickelt ist.
Der Hund stirbt. Seine
Schwester Bet sagt: Besorg dir doch einen neuen. Er sucht auf der Straße,
findet aber keinen. Es gibt Hunde, aber sie haben Besitzer.
Es kann lange dauern, von
Lambeth nach Putney zu laufen, und manchmal isst er das Geschenk auf, wenn es
nicht roh ist. Aber wenn er nur einen Kohlkopf bekommt, tritt er ihn und rollt
ihn und drischt auf ihn ein, bis er völlig zerstört ist.
In Lambeth folgt er den
Haushaltern, und wenn sie eine Nummer sagen, merkt er sie sich; deshalb sagen
die Leute, wenn du keine Zeit zum Aufschreiben hast, sag es einfach Johns
Neffen. Er behält die Säcke mit den bestellten Waren im Auge, und daraufhin rät
er seinem Onkel das Gewicht zu kontrollieren.
Abends in Lambeth, wenn es
noch hell ist und alle Töpfe geschrubbt worden sind, gehen die Jungen nach
draußen und spielen Fußball auf den Kopfsteinen. Ihre Rufe schallen durch die
Luft. Sie fluchen und rempeln sich an, und bis jemand brüllt, dass sie aufhören
sollen, kämpfen sie mit den Fäusten und beißen sich manchmal. Hinter dem
offenen Fenster über ihren Köpfen singen die jungen Herren ein mehrstimmiges
Lied mit den hohen klaren Stimmen, die ihnen beigebracht werden.
Manchmal erscheint das Gesicht
von Master Thomas More. Er winkt ihm zu, aber Master Thomas sieht auf die
Kinder hinab, ohne ein Zeichen des Erkennens zu geben. Er lächelt distanziert;
seine weiße Gelehrtenhand schließt den Fensterladen. Der Mond geht auf. Die
Pagen gehen in ihre Rollbetten. Die Küchenkinder hüllen sich in Säcke und
schlafen am Herd.
Er erinnert sich an einen
Abend im Sommer, als die Fußballer still dastanden und nach oben blickten. Es
dämmerte. Eine Note aus einer einzelnen Blockflöte zitterte in der Luft, dünn
und durchdringend. Eine Amsel nahm die Note auf und sang in einem Busch beim
Tor zum Wasser. Ein Bootsführer pfiff vom Fluss zurück.
1527: Als der Kardinal aus
Frankreich zurückkehrt, beginnt er sofort damit, Bankette zu bestellen.
Französische Gesandte werden erwartet, sie sollen das Siegel auf sein Konkordat
setzen. Nichts, sagt er, nichts ist zu gut für diese Herren.
Der Hof verlässt Beaulieu am
27. August. Bald darauf trifft Henry den Kardinal, die erste persönliche
Begegnung seit Anfang Juni. »Ihnen wird zu Ohren kommen, dass der König mir
einen kühlen Empfang bereitet hat«, sagt Wolsey, »aber ich kann Ihnen
versichern, dass es nicht so war. Sie - Lady Anne - war anwesend ... so viel
ist wahr.«
Oberflächlich betrachtet, war
ein großer Teil seiner Mission vergeblich. Die Kardinäle wollten ihn nicht in
Avignon treffen: entschuldigen sich damit, dass sie in der Hitze nicht in den
Süden reisen wollten. »Aber jetzt«, sagt er, »habe ich einen besseren Plan. Ich
werde den Papst bitten, mir einen Ko-Legaten zu schicken, und dann werde ich
den Fall des Königs in England verhandeln.«
Während Sie in Frankreich
waren, sagt er, ist meine Frau Elizabeth gestorben.
Der Kardinal sieht auf. Seine
Hände fliegen an sein Herz. Seine rechte Hand sucht das Kruzifix, das er
trägt. Er fragt, wie es geschehen ist. Er hört zu. Sein Daumen fährt über den
gepeinigten Leib Gottes: wieder und wieder, als wäre es ein beliebiges Stück
Metall. Er senkt den Kopf. Er murmelt: »Wen Gott liebt ...« Sie sitzend
schweigend da. Um die Stille zu brechen, beginnt er, dem Kardinal unnötige
Fragen zu stellen.
Eigentlich braucht er keinen
Bericht über die Vorgehensweise im vergangenen Sommer. Der Kardinal hat Hilfe
bei der Finanzierung einer französischen Armee versprochen, die in Italien
einmarschieren und versuchen soll, den Kaiser zu vertreiben. Der Papst, der
nicht nur den Vatikan verloren hat, sondern auch den Kirchenstaat, und mit
ansehen musste, wie Florenz seine Medici-Verwandten rausgeworfen hat, wird
König Henry für die Unterstützung dankbar und verpflichtet sein. Was jedoch
eine langfristige Annäherung an die Franzosen betrifft, so teilt er, Cromwell,
die Skepsis seiner Freunde in der City. Wenn man auf den Straßen in Paris oder
Rouen erlebt hat, wie eine Mutter ihr Kind an der Hand zieht und sagt: »Hör mit
dem Geschrei auf oder ich hole einen Engländer«, neigt man zu der Ansicht, dass
jedes Abkommen zwischen den beiden Ländern reine Formsache und vergänglich
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