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Mantel, Hilary

Mantel, Hilary

Titel: Mantel, Hilary Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Woelffe
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daran denkt. Aber wie kann man nicht daran denken? Er schickt
die Mädchen aus London fort, erst in das Haus in Stepney, dann noch weiter weg.
Dieses Mal steckt sich der Hof an. Henry versucht, der Seuche davonzureiten,
von einer Jagdhütte zur nächsten. Anne wird nach Hever geschickt. Dort bricht
das Fieber in der Familie Boleyn aus, der Vater der Lady erkrankt als Erster.
Er überlebt; der Mann ihrer Schwester Mary stirbt. Anne wird krank, aber
innerhalb von vierundzwanzig Stunden ist sie wieder auf den Beinen, heißt es.
Und doch, es kann das Aussehen einer Frau ruinieren. Man weiß nicht, wofür man
beten soll, sagt er zum Kardinal.
    Der Kardinal sagt: »Ich bete
für Königin Katherine ... und auch für die liebe Lady Anne. Ich bete für König
Francois' Armeen in Italien: Sie mögen Erfolg haben, aber doch nicht so viel,
dass sie vergessen, wie sehr sie ihren Freund und Verbündeten König Henry
brauchen. Ich bete für die Majestät des Königs und alle seine Ratgeber und für
die Tiere auf den Feldern und für den Heiligen Vater und die Kurie: Mögen ihre
Entscheidungen von Gott gelenkt werden. Ich bete für Martin Luther und für
alle, die mit seiner Ketzerei infiziert sind, und für alle, die ihn bekämpfen,
ganz besonders für den Kanzler des Herzogtums Lancaster, unseren lieben Freund
Thomas More. Gegen alle Vernunft und den Augenschein bete ich für eine gute
Ernte und dafür, dass der Regen aufhört. Ich bete für alle. Ich bete für alles.
Das bedeutet es, Kardinal zu sein. Nur wenn ich zum Herrn sage: Jetzt zu
Thomas Cromwell ...<, sagt Gott zu mir: >Wolsey, was habe ich dir
gesagt? Weißt du nicht, wann man aufgeben muss?<«
    Als die Seuche Hampton Court
erreicht, schottet sich der Kardinal von der Welt ab. Nur vier Diener dürfen in
seine Nähe kommen. Als er wieder zum Vorschein kommt, sieht er tatsächlich so
aus, als habe er gebetet.
    Am Ende des Sommers kehren die
Mädchen nach London zurück; sie sind gewachsen und Grace' Haar ist durch die
Sonne aufgehellt. Sie fremdelt, und er fragt sich, ob sie ihn jetzt nur noch
mit der Nacht in Verbindung bringen kann, als er sie ins Bett trug, nachdem sie
erfahren hatte, dass ihre Mutter tot war. Anne sagt: Im nächsten Sommer möchte
ich lieber bei dir bleiben, was auch immer passiert. Die Krankheit hat die
Stadt verlassen, aber ansonsten haben die Gebete des Kardinals nur vereinzelte
Erfolge erzielt. Die Ernte ist schlecht; die Franzosen erleiden schwere
Verluste in Italien, und ihr Befehlshaber ist an der Pest gestorben.
    Der Herbst kommt. Gregory
kehrt zu seinem Tutor zurück, und er bemerkt den Widerwillen des Jungen, obwohl
er kein besonders klares Bild von Gregory hat. »Was ist«, fragt er ihn, »was
ist los?« Der Junge will es nicht sagen. Bei anderen Menschen ist er fröhlich
und lebhaft, bei seinem Vater jedoch höflich und auf der Hut, als wolle er eine
formelle Distanz wahren. Er fragt Johane: »Hat Gregory Angst vor mir?«
    So schnell wie eine Nadel in
den Stoff fährt, sticht sie zu. »Wieso sollte er Angst vor dir haben? Er ist
doch kein Mönch.« Dann lenkt sie ein. »Thomas, warum sollte er? Du bist ein
gütiger Vater, genau genommen fast zu gütig, glaube ich.«
    »Wenn er nicht zu seinem Tutor
zurückkehren will, könnte ich ihn nach Antwerpen schicken, zu meinem Freund
Stephen Vaughan.«
    »Aus Gregory wird nie ein
Geschäftsmann werden.«
    »Nein.« Unvorstellbar, dass er
aus einem Vertreter der Fuggers oder einem kichernden Angestellten der de
Medici einen günstigen Zinssatz herausschlagen könnte. »Was soll ich sonst mit
ihm machen?«
    »Ich sag dir, was du tun
solltest: Wenn er so weit ist, verheirate ihn gut. Gregory ist ein Gentleman.
Das kann jeder sehen.«
    Anne brennt darauf, Griechisch
zu lernen. Er denkt darüber nach, wer sie am besten unterrichten könnte,
erkundigt sich. Er möchte jemanden, der sympathisch ist, mit dem er sich beim
Abendessen unterhalten kann, einen jungen Lehrer, der im Haus lebt. Er
bedauert die Wahl des Tutors für seinen Sohn und seine Neffen, aber noch möchte
er sie nicht aus Cambridge fortnehmen. Der Mann ist streitsüchtig, und außerdem
gab es einen traurigen Vorfall, als einer der Jungen sein Zimmer in Brand
setzte, weil er mit einer Kerze im Bett gelesen hatte.
    »Das wird doch nicht Gregory
gewesen sein?«, hatte er hoffnungsvoll gesagt; der Lehrer schien zu meinen,
dass er die Sache als Witz abtat. Und immerzu schickt er ihm Rechnungen, von
denen er glaubt, sie schon bezahlt zu haben.

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