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Mantelkinder

Mantelkinder

Titel: Mantelkinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Geller
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Triumph.
    „Doktor Sprenger, sie ist eine feine, ältere Dame“, schaltete sich jetzt Monika ein. „Sie liebt die Kinder abgöttisch.“
    Chris sah wieder zu Karin. Das war der Punkt. Sie schloss kurz die Augen und nickte.
    „Außerdem sucht ihr doch einen, der von der Kerze wusste.“ Endlich richtete sich Wolfgang auf. „Woher hätte sie das haben sollen?“
    „Von mir.“
    Die Stimme war so leise und verschüchtert, dass sie alle es fast überhört hätten. Wie auf Kommando drehten sie sich herum. Markus stand im Türrahmen. Die Hände auf dem Rücken verschränkt, starrte er seine Pantoffeln an.
    Ein paar Sekunden sagte niemand etwas.
    „Du?“ Wolfgang machte zwei drohende Schritte auf seinen Sohn zu, der erschrocken zurückwich. Karin hielt den Vater mit einer Handbewegung zurück und sah den Zehnjährigen lange an.
    „Komm her zu mir“, verlangte sie leise aber bestimmt und setzte sich auf die Couch mit dem großen Blumenmuster. Die Krücken legte sie achtlos daneben.
    Mit hängendem Kopf trottete der Junge zu ihr. Er trug ein viel zu großes weißes Sweatshirt und wirkte darin kleiner und jünger, als er war. Er sah genauso einsam und verloren aus, wie er sich wahrscheinlich in diesem Augenblick fühlte.
    Karin nahm ihn behutsam in die Arme, zog ihn neben sich und fuhr ihm durch die roten Locken. „So, und jetzt erzähl mal. Du kennst Frau Albertini?“
    Markus nickte stumm und Wolfgang mischte sich ein. „Sie war auch die Klassenlehrerin der Zwillinge, bevor sie aufs Gymnasium gekommen sind.“
    Chris sah, wie der kleine Kerl mit den Tränen kämpfte und bedeutete Wolfgang, still zu sein.
    „Und woher wusstest du von der Kerze?“ Karins Stimme war weicher, als Chris sie je gehört hatte.
    „Mama und Papa.“ Markus schluckte. „Die haben abends spät oft darüber gesprochen.“
    „Ah, und du Räuber hast gelauscht, was?“ Karin lachte und knuffte ihn leicht in den Bauch. Wahrscheinlich hörte nur Chris, dass dieses Lachen eher ein Schluchzen war.
    „Na ja, Mareike auch. Wenn wir nicht schlafen konnten.“ Zum ersten Mal sah der Junge auf. Er wurde zusehends sicherer. „Der Mann hatte mit der Kerze was Schlimmes gemacht. Aber wir haben nicht verstanden, was das war. Und wir dachten … wir dachten, Frau Albertini könnte uns das erklären. Sie weiß alles, glaub mir. Sie wusste immer alles. Mareike hat sich nicht getraut, aber ich bin zu ihr in die Schule gegangen.“
    „Und? Wusste sie das auch?“
    Markus nickte eifrig. „Dass der Mann seinen Pim … seinen Penis in Claudia gesteckt hat, war uns schon klar. Und sie hat gesagt, dass er wahrscheinlich auch die Kerze in sie reingesteckt hat.“
    Karin suchte den Blick von Chris. Als er ihre geröteten Augen sah, stieg der Kloß, der ihm selbst im Hals saß, noch höher.
    „Weißt du … weißt du noch, wann das war?“
    Wieder nickte Markus heftig. „Sicher. Nach der Kirche. Ich mein, am Tag danach. Wir mussten ja noch nicht wieder in die Schule. Ich bin in der großen Pause bei ihr gewesen.“
    „Warum … warum habt ihr uns nicht gefragt?“ Wolfgangs Stimme war wie Sandpapier.
    Der Junge warf seinem Vater einen vielsagenden Blick zu. „Weil ihr keine Zeit mehr habt, seit Claudia weg ist.“
    Wolfgang stöhnte auf und wandte sich ab.
    Für Chris war der ganze Fall plötzlich wie ein offenes Buch. Der Schock über den Tod der geliebten Schülerin; die unerträgliche Erkenntnis, dass Claudia jetzt allein war. Es würde ihn nicht wundern, wenn Albertini zu jenen Menschen gehörte, die eine krankhafte Angst vor dem Alleinsein haben. Panisch suchte sie nach einer Lösung und beschloss, Claudia ein paar Spielgefährten in den Himmel zu schicken. Und nicht nur das. Die wahrscheinlich unehelich geborene Frau suchte gezielt nach Kindern, die ebenfalls diesen „Makel“ hatten und legitimierte sie mit dem Mantel, tat für diese Kinder genau das, was ihr ein Leben lang versagt geblieben war. Mit der Information über die Kerze konnte sie auch noch dem lieben Gott oder sonst wem einen Hinweis geben, wo Annika und Sonja hingehörten.
    Er sah auf die Uhr und fragte in die Runde: „Weiß jemand, wo Frau Albertini wohnt?“
    Monika lief in den Flur und kam Sekunden später mit dem Telefonbuch zurück. „Hier! So viele Albertinis gibt´s bestimmt nicht.“
    Es gab überhaupt keinen Eintrag.
    Chris klaubte sein Handy heraus, drückte die Kurzwahltaste für Susannes Mobiltelefon und horchte angestrengt. Dann drückte er mit einem „Verdammt“ auf

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