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Marco Polo der Besessene 2

Marco Polo der Besessene 2

Titel: Marco Polo der Besessene 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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warmen und geborgenen Ort gelangen.«
    Ich habe einen langen, langen Weg hinter mir, und jetzt bin ich endlich am Fuß des Hügels angelangt. Hier bin ich, ein alter Mann, der sich in den letzten Strahlen eines frühen Herbstnachmittags im Monat der fallenden Blätter sonnt.
    Einst, als ich mit dem Mongolenheer unterwegs war, fiel mir ein Streitroß auf, das in einer der Kolonnen mitlief, nicht schneller und nicht langsamer als die anderen, wunderschön aufgezäumt mit einer Lederrüstung, mit Schwert und Lanze in der Scheide -nur der Sattel des Pferdes war leer. Der Orlok Bayan sagte mir: »Das war der Hengst eines guten Kriegers namens Jangar. Er hat ihn in viele Schlachten getragen, in denen er tapfer focht, und auch in seine letzte Schlacht, in der er sein Leben verlor. Jangars Pferd wird auch weiterhin mit uns reiten, zum Kampf aufgezäumt, solange sein Herz den Kampfruf vernimmt.«
    Die Mongolen wußten sehr wohl, daß selbst ein Pferd lieber im Kampf stürzt oder läuft, bis sein Herz zerspringt, als seinen Lebensabend auf einer üppigen Weide zu verbringen und unnütz nur zu warten, zu warten und zu warten.
    Ich denke zurück an alles, was ich hier festgehalten habe, und alles, was schon in dem früheren Buch geschrieben wurde, und frage mich, ob man es nicht alles in fünf kleine Worte fassen könnte: »Ich bin fortgewesen und heimgekehrt.« Aber nein, ganz stimmt das nicht. Es ist nie derselbe Mann, der heimkehrt, ob er nun abends von der eintönigen Arbeit im Kontor heimkehrt oder nach vielen Jahren in der Ferne, den, langen Wegen, den blauen Fernen, den Ländern, wo Magie kein Geheimnis ist, sondern etwas, das sich tagtäglich ereignet, aus Städten, die es wert sind, daß man Gedichte über sie schreibt:
    Vom Himmel sind wir beide gleich weit entfernt,
    Doch zum Glück gibt's für uns Hang und Su!
    Eine Zeitlang wurde ich bei meiner Heimkehr -ehe ich als Gemeinplatz abgetan wurde und man mich nicht mehr beachtete
    -ausgelacht und galt als Lügner und Aufschneider. Doch diejenigen, die über mich lachten, hatten unrecht. Ich bin bei weitem nicht mit soviel Lügen zurückgekehrt, als ich bei meiner Abreise mitnahm. Ich verließ Venedig, die Augen leuchtend vor Erwartung, jenes Schlaraffenland der Träume zu finden, wie es die frühen Kreuzfahrer und die Biographen Alexander des Großen und andere Mythenerfinder beschrieben haben -ich war darauf gefaßt, Einhörnern und Drachen und dem legendären König und Heiligen, dem Prête Zuàne oder Priester Johannes zu begegnen, phantastischen Hexenmeistern und mystischen Religionen voll beneidenswerter Weisheiten. Ich habe sie auch gefunden, und wenn ich zurückgekommen bin, um zu sagen, daß nicht alle so waren, wie die Legende uns hat glauben machen - war die Wahrheit über sie nicht genauso wunderbar?
    Sentimentale Menschen sprechen davon, daß das Herz bricht, aber auch sie irren sich. Kein Herz bricht jemals wirklich. Das weiß ich sehr wohl. Wenn mein Herz sich nach dem Osten sehnt, wie es das häufig tut, zieht es äußerst schmerzlich, aber es bricht nicht.
    Oben in Donatas Kammer hatte ich sie glauben lassen, ihre Nachricht, ich sei nicht mehr an Haus und Familie gebunden, wäre eine angenehme Überraschung für mich gewesen. Ich tat nur so, denn ich hatte jahrelang nicht mehr gedacht: ›Soll ich jetzt aufbrechen?‹, um mich noch jedesmal zu dem Schluß durchzuringen: ›Jetzt noch nicht‹, um es meiner Verantwortung wegen aufzuschieben, wegen meines Versprechens zu bleiben, wegen meiner alternden Frau und meiner drei wirklich nicht außergewöhnlichen Töchter -und mir jedesmal zu sagen: ›Ich will eine günstigere Gelegenheit abwarten, um dann loszufahren.‹ Oben in Donatas Kammer habe ich so getan, als begrüßte ich freudig ihre Nachricht, daß ich jetzt losziehen könnte. Und nur, um auch angemessen dankbar zu erscheinen, daß sie von sich aus mit dieser Nachricht herausgerückt war, habe ich so getan, als könnte ich wirklich wieder auf Reisen gehen. Ich weiß, ich werde es nicht tun. Ich habe ihr etwas vorgemacht, als ich sie das glauben ließ, doch war das nur ein kleiner frommer Betrug, und ich habe ihn gut gemeint, und sie wird nicht unglücklich sein, wenn sie merkt, daß ich ihr etwas vorgemacht habe. Freilich, mir selbst kann ich nichts vormachen. Ich habe zu lange gewartet. Ich bin jetzt zu alt, der Zeitpunkt kommt zu spät.
    Der alte Bayan war noch ein Kämpfer, als er in dem Alter stand, in dem ich jetzt bin. Und ungefähr im selben

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