Mareks Todfeind
helfen, an ihn heranzukommen...
***
Wir hatten den verletzten Killer nicht gefesselt, aber er lag jetzt auf dem Bett, wohin wir ihn vorsichtig transportiert hatten. Sein Atem drang stoßweise aus dem Mund. Er hatte auch Wasser getrunken. Ob es ihm schadete oder half, wussten wir nicht, denn wir kannten seine inneren Verletzungen nicht. Er hatte es nicht abgelehnt, und nach einigen Schlucken war ihm sogar anzusehen, dass er sich wohler fühlte.
Er verstand kein Englisch, aber einige Brocken Deutsch, sodass ich mich an dem Gespräch beteiligen konnte.
Ich wollte mehr über Vargas wissen und über das Verhältnis der beiden Killer zu ihm.
Nach einigem Hin und Her kristallisierte sich heraus, dass Vargas und die Killer Geschäfte machten. Der Blutsauger war so etwas wie ein Agent für den Waffenhandel. Er vermittelte Kunden an die Leute, die ihre Waffen loswerden wollten. Dafür kassierte er die entsprechenden Provisionen, die bestimmt nicht gering ausfielen.
Blut hatte Vargas ihnen nie abnehmen wollen. Dazu waren sie zu wichtig. Aber er schickte sie auch los, um unliebsame Zeugen aus dem Weg zu räumen, und genau zu denen zählten wir.
Ich saß auf der Bettkante und schaute in sein mit Schweißperlen bedecktes Gesicht. »Und wie ist Vargas zu einem Vampir geworden?«, erkundigte ich mich.
»Weiß nicht genau...«
»Dann eben ungenau.«
Simon schnappte nach Luft. »Es ist für mich nicht zu fassen. Er hat es mal erwähnt. Liegt schon länger zurück. Da bekam er Besuch von einem unheimlichen Mann, der auch als Fledermaus auftreten konnte. Ob sie sich zufällig getroffen haben, kann ich nicht sagen. Aber Vargas war von ihm fasziniert. Er wollte auch so anders und so stark sein. Das ist er auch geworden.«
»Hat er mehr über den Besucher gesagt?« Ich stellte die Frage bewusst, weil mir längst ein bestimmter Gedanke gekommen war.
»Nein.«
»Nie von einem blutroten D auf der Stirn gesprochen?«
Simon atmete keuchend. »Kann sein.«
Ich merkte, dass er nicht mehr konnte. Es war nicht gespielt, wie er sich verhielt.
Auch Mareks besorgter Blick fiel mir auf, und der blieb bei mir nicht ohne Folgen.
»Okay, wir wissen genug. Er und sein Kumpan sind unwichtig. Uns kommt es auf Vargas an.«
»Was ist denn mit dem zweiten, John?«
Ich hob die Schultern. »Bei ihm konnte ich nicht genau zielen. Er hatte weniger Glück.«
»Tot?«
»Ja.«
Frantisek Marek nickte, als er sagte: »Mitleid ist wohl fehl am Platze. Er hätte es auch uns gegenüber nicht gekannt.«
»So brutal kann manchmal das Leben sein.«
Beide hörten wir das Seufzen des Angeschossenen. Wir schauten hin und sahen, dass er uns keine Antwort mehr geben konnte. Tot war er nicht, aber bewusstlos.
»Er braucht so schnell wie möglich einen Arzt«, sagte ich zu meinem Freund.
Frantisek hob die Arme. »Ja, das stimmt. Aber woher nehmen und nicht stehlen? Hier in Dunai gibt es keinen. Ich weiß auch nicht, wo sich der nächste befindet. Außerdem haben wir andere Aufgaben zu erledigen, denke ich. Vargas wird es uns nicht so leicht machen.«
»Das befürchte ich auch«, sagte ich beim Aufstehen. Die Waffe des Killers hatte ich an mich genommen. In der Bewegung fiel mein Blick durch das Fenster bis weit hin zu den fernen Bergen.
Dort huschte noch immer das Wetterleuchten wie ein Blitzlichtgewitter durch die Luft. Zum ersten Mal vernahm ich das ferne Grollen, das sich anhörte, als wäre ein urwelthaftes Monstrum auf der Jagd nach Beute.
Wir verließen das Schlafzimmer und stiegen die Treppe hinab. Es gab wieder Licht. In der Gaststube fanden wir Karl Juric. Er saß an einem Tisch und starrte ins Leere. Das Kinn hatte er auf seine Handfläche gestützt. Er hütete sich auch davor, in die Richtung zu schauen, wo der zweite Killer auf dem Boden lag und sich nicht mehr bewegte.
Erst als wir vor ihm standen, blickte er auf. »Miranda ist nicht hier«, sagte er. »Sie konnte den Anblick nicht ertragen. Ich habe sie nach hinten geschickt.«
»Das war gut«, lobte ich.
Er schaute uns traurig an. »Ich will mich ja nicht beschweren«, sagte er, »aber Vargas haben Sie noch nicht erwischt. Ist er nicht die wichtigste Person in diesem Spiel?«
»Wir holen ihn uns«, sagte Marek.
»Wie denn?«
Der Pfähler schaute mich an, damit ich die Antwort geben konnte. »Wir wissen, wo er wohnt, und ich denke, dass wir ihm einen Besuch abstatten werden.«
»Wollen Sie wirklich zu seinem Haus?«
»Ja.«
Juric zog die Schultern hoch wie jemand, der friert.
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