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Mariannes Traenen

Mariannes Traenen

Titel: Mariannes Traenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas M.
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hartnäckig, etwas anderes als ihren harten Hochtal-Dialekt zu sprechen. Marianne verstand es auch diesmal, mit ihrem Charme und einem Lächeln ihre Gäste für sich einzunehmen. Sie wußte ganz genau, was sie an Alois und Elsa hatte, ihren beiden Felsen in der Brandung. Die beiden und der alte Herr Josef waren die einzigen im Personal, von denen sie geduzt wurde. So war es schon zu Mariannes Kindertagen gewesen, dabei war es geblieben, und sie ließ es sich gerne gefallen.
    Als sie von ihrer Runde zurückkehrte, fand sie die Rezeption unbesetzt. Dafür lag eine modische Damenhandtasche auf dem Schreibtisch, und die Tür zum Büro stand halboffen. Marianne fand ihre Tochter Kathrin im Ledersessel, die hochhackigen Pumps auf dem Schreibtisch und ihren Tablet-Computer im Schoß. „Moin Mama“, nuschelte sie gelangweilt, ohne ihre Lektüre zu unterbrechen.
    „ Ah! Auch schon da! “ Marianne klang gereizt.
    „Ach Mama! Ist doch eh nix mehr los hier.“ Kathrin warf ihren Tablet auf den Schreibtisch, streckte die Arme hoch, gähnte und räkelte sich dabei in den Chefsessel ihrer Mutter. Unter dem dünnen, hautengen Stoff ihres Kleidchens zeichneten sich ihre Rippen ab. Und auch ihre kleinen festen Brüste, wie Marianne mit kritischem Blick bemerkte. Dem selbstverständlich nicht entging, daß ihre Tochter mal wieder keine Unterwäsche trug.
    „Ich habe dir schon hundertmal gesagt, du sollst dich weniger freizügig anziehen, wenn du hier arbeitest. Du verschreckst mir noch die Kundschaft, wenn du hier immer so knapp rumläufst.“
    „Ach was!“ Kathrin sah an sich herunter, zupfte an ihrem Kleidchen und sprang dann auf, um ihrer Mutter um den Hals zu fallen. „Komm, sei lieb, ja?“ Sie küßte sie auf die Wangen und lächelte sie dann an. „Zu dir paßt das Dirndl grade noch, aber an mir sieht so was einfach nur doof aus.“
    Marianne machte Anstalten, ihre Tochter wegzuschieben, aber die ließ sie nicht aus. „Erstaunlich, wie verschieden wir doch sind “, sagte sie und lächelte ihre Mutter an. Und es stimmte. Dafür, daß sie Mutter und Tochter waren, hatten sie äußerlich wenig gemein. Beide waren zwar gleich groß. Aber während Kathrin aus großen, wasserblauen Augen in einem Kindergesicht mit blasser Haut und voller Sommersprossen in die Welt schaute, umrahmt von einer Flut beinahe hüftlanger, aschblonder Haare fein wie Seide, hatte ihre Mutter einen durch und durch dunklen Teint. Ihre Augen waren wie Ebenholz, und sie trug das dichte, Palisander-glänzende Haar auf Kinnlänge geschnitten, was ihren eleganten, schmalen Hals betonte. Und wo die Tochter trotz ihrer zierlichen Gestalt weich und feminin wirkte, sah man bei der Mutter auf den ersten Blick, daß sie drahtig war, sportlich und durchtrainiert. Marianne liebte die Bewegung, liebte es, sich auf dem Tennisplatz zu verausgaben bis sie dampfte und der Schweiß in Strömen an ihr herablief. Und im Winter war sie eine begeisterte Abfahrtläuferin. Kathrin dagegen wußte von Sport nur, daß man mit Skitouristen einen Haufen Geld verdienen konnte. Mit dem Konzept an sich konnte sie nichts anfangen.
    „Es stimmt “, sagte Marianne und strich ihrer Tochter behutsam eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Und mit einem Hauch von Wehmut in den Augen fügte sie leise hinzu: „Du kommst schon arg nach meinem Max.“
    „Ach Mama!“ Kathrin zog ihre Mutter eng an sich und vergrub das feine Gesichtchen in ihrer Halsbeuge. „Wir schaffen das schon, wir zwei Frauen!“

    „ Entschuldigen Sie bitte! “
    E rschrocken drehten die beiden Frauen ihre Köpfe zur Bürotür, als sie die fremde Männerstimme hörten.
    „Ja bitte, was kann ich für sie tun ?“, fragte Marianne über ihre Schulter, während sie sich von Kathrin losmachte, die um sie herum den Fremden neugierig beäugte.
    „Entschuldigen Sie bitte!“, wiederholte er ruhig. „Es war nicht meine Absicht, Sie zu erschrecken. Ich hatte mehrfach gerufen.“
    „ Ähm … das hier ist das Büro …“ Marianne klang bewußt abweisend. „Kommen sie bitte mit nach vorne?“ Aber er gab die Tür nicht gleich frei. Ein großer Mann, fast eins-neunzig. Massig wirkte er, mit breiten Schultern und Bauchansatz. Das halblang geschnittene Haar und der Vollbart verliehen ihm im Gegenlicht einen beinahe bedrohlichen Ausdruck. Regungslos stand er im Türrahmen und besah sich für ein paar Sekunden die beiden Frauen. Dann drehte er sich wortlos um und ließ sie stehen. Als Marianne aus dem Büro kam, stand er vor dem

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