Marienplatz de Compostela (German Edition)
Bucher lakonisch fest, und blätterte eine Rechercheliste durch.
»Das dauert doch Ewigkeiten, das ist Dienstweg, Mensch. Gibt es keine Möglichkeiten das zu beschleunigen?«
Lara Saiter schüttelte den Kopf. »Das ist Frankreich, Alex. Was sollen wir da anfangen?«
Bucher nahm den Blick von den Unterlagen und sah zu Hartmann. »Deine skeptische Haltung den Fall betreffend scheint sich vollkommen verflüchtigt zu haben. Du machst ja mächtig Dampf.«
»Ja, so ist es. Ich denke, da ist was passiert und habe so ein komisches Gefühl, ein ganz komisches Gefühl, sag ich dir.«
»Und in welche Richtung geht das Gefühl?«
»Weiß noch nicht. Aber ich glaube, das wird ein ganz blöder Fall, wie das immer so ist, wenn es läppisch losgeht, wenn man denkt, da ist eh nichts dahinter … sind wir gar nicht zuständig … und so. Mit einem Mal kriechen dann plötzlich die Monster und Dämonen aus allen Ecken hervor.«
Ihr Gespräch wurde durch das höfliche Klopfen am Türrahmen unterbrochen. Friedemann Beck stand da und grüßte in den Raum. Er hielt einige Blatt Papier in der Hand und fragte, ob er störe.
Auf den Blättern waren Fragmente von Anne Blohms Handschrift herausvergrößert worden. Insbesondere die Buchstaben m, e und f hatte Beck isoliert.
Anhand der Kopien erklärte er ihnen die Ergebnisse seiner Analyse. Die Postkarte war zweifelsfrei von Anne Blohm geschrieben worden. Doch er hatte noch einige interessante Informationen. Obwohl beide Schriftstücke von der Probandin verfasst worden waren, gab es signifikante und durchgängige Unterschiede, die das Schriftbild betrafen. »Der Brief, den sie an ihre Eltern geschrieben hat und der mir als Vergleichsprobe vorliegt – auf dem befindet sich die wirkliche Schrift von Anne Blohm. Sie ist Rechtshänderin und hat eine zügige, in den Endungen energische Schrift mit mäßiger Höhendivergenz – also sehr gleichmäßig. Eine geübte Handschreiberin. Die Übergänge zu den Buchstaben e sind gebunden und insgesamt ist eine Vertikalneigung von zwölf Grad vorhanden. Der Text auf der Postkarte, den hat sie zweifelsfrei auch geschrieben, aber in einer konstant anderen Schriftausrichtung. Der Postkartentext steht extrem aufrecht. Der Brief ist erst ein halbes Jahr alt. In so kurzer Zeit ändert man nicht grundlegend seine Schreibschrift.«
»Was denkst du, woher das rührt?«, fragte Lara Saiter und betrachtete eine der Kopien genauer.
»Hat für mich den Eindruck, als hätte sie allein mit der rechten Hand geschrieben.«
»Mach ich auch so«, kam es sofort von Batthuber, »ich nehme zum Schreiben auch nicht beide Hände.«
Beck lachte. Bucher schnaufte.
Beck erklärte weiter. »Das schon. Rechtshänder fixieren mit der linken Hand die Schreibunterlage. Damit bestimmt sich die Schriftneigung. Bei der Karte hat sie das nicht getan. Das meine ich, mit nur rechts.«
»Vielleicht hat sie unter beengten Bedingungen geschrieben – Pilgerherberge, oder so«, meinte Bucher.
»Nein. Dann sähe es anders aus. Die Veränderung ist fundamentaler. Sie hat auch nicht während einer Bus- oder Eisenbahnfahrt geschrieben. Das würde man durch Ausreißer nach oben oder zur Seite hin erkennen, die sind aber nicht vorhanden. Die Karte wurde unter stabilen ruhigen Verhältnissen von ihr gefertigt, allerdings nur mit der rechten Hand. Aber gut. Da müsst ihr euch nun Gedanken darüber machen. Was mir aber auch aufgefallen ist – im Grunde genommen dürfte sie diese Postkarte gar nicht geschrieben haben.«
»Wie meinst du das nun wieder?«
»Habt ihr den Brief gelesen?«
»Nein, nur so drübergesehen.«
»Die Frau, die diesen Brief an ihre Eltern geschrieben hat, verfügt über eine sehr ausgeprägte Sprachfähigkeit. Es ist ein prosaischer, liebevoller Stil. Fast habe ich mich ein wenig geschämt, diesen sehr persönlichen und herzlichen Brief zu lesen. Diese Frau würde niemals eine Postkarte mit einem derartigen Text verfassen, das halte ich für ausgeschlossen, sowohl inhaltlich wie orthografisch.«
»So weit waren wir schon«, meinte Hartmann, »das ist den Eltern ja auch aufgefallen.«
Beck stand auf und verabschiedete sich. »Tja, dann wünsche ich euch viel Erfolg. Ich würde mich freuen, wenn ihr mich ein wenig auf dem Laufenden halten würdet. Die Sache interessiert mich. Das Original ist schon bei den Chemischen, ich brauchte ja nur die Kopien. Das Ergebnis von dort sollte heute kommen. Euer Weiss ist ganz schön hinterher, was ich mitbekommen habe.«
Mit
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