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Marienplatz de Compostela (German Edition)

Marienplatz de Compostela (German Edition)

Titel: Marienplatz de Compostela (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J.M. Soedher
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Vorstellung darüber, was passiert sein könnte. Wir sind noch am ganz Anfang unserer Ermittlungen.«
    Frau Blohm erklärte in gefassten Worten, dass sie ein sehr enges Verhältnis zu ihrer Tochter hatten. Hartmann wendete das Gespräch auf objektivere Themen, fragte nach Mailaccounts, Facebook, Bank- und Kreditkarten und Handynummern. Das war halbwegs unverfängliches Terrain. Als er aber zum Ende hin die Frage stellen musste, wie man DNS -Material und Fingerabdrücke ihrer Tochter bekommen könnte, fielen alle Barrieren. Die Eltern liefen weinend im Hause herum, wechselten Räume, gingen nach oben, kamen herunter, verschwanden im Keller, tauchten wieder auf.
    Hartmann und Batthuber saßen betreten im Wohnzimmer und warteten. Es war schrecklich – für alle.
    Anne Blohm hatte sich vor ihrer Abreise nicht nur von ihrer Wohnung auf Zeit getrennt. Sie hatte ihren Besitz auf das Nötigste reduziert und ihren Eltern gegenüber von Reduktion gesprochen. Was geblieben war an Kleidung, Geschirr, Geschenken und Erinnerungen, fand in wenigen Umzugskisten Platz, die sie im elterlichen Keller eingestellt hatte, wo sie für das Leben nach der Reise aufbewahrt wurden. Ein anderer Teil lagerte im Keller der Wohnung am Weißenburger Platz.
    Im Auto schnauzte er Batthuber an. »Was war das denn für eine Nummer. Hatte ich dir vielleicht Redeverbot erteilt!? Hättest schon auch mal eine Frage stellen können. Ich bin doch kein Alleinunterhalter!«
    Batthuber zeigte sich unbeeindruckt. »Ich wollte dich beim Herauskitzeln nicht stören. Außerdem habe ich mich in der Bude umgesehen.«
    »Umgesehen … Bude«, äffte Hartmann ihn nach, und vollzog einen etwas waghalsigen Spurwechsel am Rotkreuzplatz. Der Porsche Cayenne hinter ihnen hupte aufgebracht. Es war Feierabendzeit und herrlichstes Sommerwetter. An den Tischen vor Bohne und Malz war kein Platz mehr frei und viele interessante Sonnenbrillen saßen herum. Aus den U-Bahnaufgängen strömten die Menschen in das Warme und Helle und vor dem Eingang zum Kaufhof waren Buden aufgestellt, wo sich Leute drängten. Kinder hopsten aufgeregt und hielten ihre Eistüten wie Trophäen. Hartmann wäre gern dabei gewesen. Er konzentrierte sich wieder auf das Fahren und fragte mürrisch: »Und was hast du gesehen beim Umsehen?«
    »Die hatten keinen Fernseher und keine Stereoanlage im Wohnzimmer stehen.«
    »Wow! Echt gut beobachtet. In solchen Häusern existieren Musik- und Fernsehzimmer – so ist das, Kleiner! Die müssen nicht mit einem Fünfzigzöller Plasma im Wohnzimmer protzen.«
    »Und sie haben die Fotos weggeräumt.«
    »Welche Fotos?«
    »Familienfotos eben, so wie man sie rumstehen hat in Wohnzimmern, in Silberrahmen, gerade so, wie es in Häusern mit Musikzimmer üblich ist.«
    »Wie kommst du darauf?«
    Hartmann hob die linke Hand vom Lenkrad, verzichtete aber doch auf den Stinkefinger. Der Cayenne donnerte vorbei und schnitt sie, als er auf die rechte Spur wechselte.
    »Arschloch«, bellte Hartmann.
    Batthuber sprach unbeeindruckt weiter: »Auf jeder freien Fläche in diesem Raum stand doch etwas herum: ein Blumenstrauß, eine Skulptur, eine Vase oder sonst so Zeugs. Nur auf dem Sideboard nicht. Lara hat das doch schon gesagt. Auf der Holzoberfläche waren leichte Schatten zu erkennen. Da müssen über längere Zeit Fotorahmen gestanden haben. Als Blohm die Unterlagen mit den Daten für die EC -Karte und den anderen Kram geholt hat, habe ich in diesem Sideboard einen ganzen Stapel mit Bilderrahmen gesehen. Muss ja nichts bedeuten.«
    Hartmann knurrte: »Ja, muss nichts bedeuten. Es gibt eben Zeiten, in denen kann man sie nicht ertragen, die fröhlichen, die vertrauten Gesichter, das schöne Wetter und die gute Stimmung auf den Fotos. Da ist das alles Teil einer Vergangenheit.«
    Batthuber kramte in der Seitenleiste und suchte etwas. Hartmann forderte ihn auf.: »Komm, ruf die andern an. Wir gehen noch zusammen in den Biergarten. Am liebsten wäre mir der Flaucher. Daheim sterben d’Leut und da kennst du schon alle. Ein Bier, was essen, im Schatten der Bäume sitzen, all die andern Leut. Es tut uns gut.«
    Batthuber grumelte unpassend altersklug: »All die andern Leut, ja. Das ist ja gerade das Problem.«

Gemeinnutz
    Bucher fuhr am nächsten Morgen bei Sonnenaufgang über die Donnersberger Brücke. Im Bayerischen Rundfunk meldeten sie für die ganze Woche Biergartenwetter und in den Baumärkten im weiteren Raum um München war die Holzkohle ausverkauft, was Bayern 1 eine

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