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Marienplatz de Compostela (German Edition)

Marienplatz de Compostela (German Edition)

Titel: Marienplatz de Compostela (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J.M. Soedher
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Dolden hin und her. Weißer, violetter und rosafarbener Phlox leuchtete aus dem Grün. Sie ging das Spalier entlang – verblühte Lilien, Entenschnäbel, Rosen, Sonnenhut. Einige Dahlien waren schon erblüht und das Chinaschilf stand prächtig in der Mitte des Beetes. Sie roch an Sweet Juliet, ihrer Lieblingsrose, und bald strömte die fruchtige, belebende Süße in sie ein. Eine Ringeltaube gurrte müde und aus dem Geäst klopfte der Specht. Sanft fuhren ihre Hände durch die Stängel und Blüten. Ein schönes Gefühl. Der Wind frischte auf und der Garten begann in wiegenden Bewegungen zu tanzen. Sie folgte dem ewigen Wandern der Wolken – und schlief darüber ein. Und sie schlief lange und träumte vom zuvor erinnerten Garten, von den Blumen und vom Wind, der immer heftiger wurde. Dunkle Wolken zogen heran und es wurde immer wärmer und schwül und bald war von fern Donner zu hören. Mächtig rollte er heran. Erste Tropfen fielen und es klirrte. Woher kam dieses Klirren, hier im Garten?
    Sie schreckte auf und empfand zuerst den Schmerz in den Gelenken. Sie roch wieder den Muff – nach all dem Blütenduft. Voller Angst und mit kurzem, gepresstem Atem krabbelte sie hinunter auf den Boden. Die Kette hing immer noch am rechten Bein und hielt sie zurück. Wenigstens war sie nun so lang, dass sie um die Ecke kam, zur Dusche und zur Toilette. Auch die Liege war ein Luxus, im Vergleich zur Isomatte.
    Draußen, im Schlachthaus, wie sie es nannte, rasselte wieder blanker Stahl.
    Wie lange hatte sie geschlafen? War sie mit ihrem Versuch etwa zu weit gegangen? Was präparierte er da draußen? Sie hatte ein Telefonat mitgehört, in dem er sie lobte. Er hatte stolz geklungen, als er die Worte gesprochen hatte, und dennoch war der Art, wie er sprach, eine devote Haltung zu entnehmen. Es gab also noch jemanden, der von ihr wusste, der nach ihr fragte.
    »Sie macht sich gut, sehr gut«, hatte er gesagt.
    Wen interessierte das, wie sie sich machte und aus welchem Grund?
    Er hatte sie ein paar Mal nach oben gebracht, in eine seltsame Art von Labyrinth. Den zentralen Zickzackgang war sie auf und ab gegangen, hatte die Schächte, Kamine, Nebengänge und Räume erkundet. Ein verrücktes Konstrukt. »Schau dich ruhig um und mache dich damit vertraut«, hatte er gesagt.

Tränenflüssigkeit
    Vom Mittagessen zurück im Büro, kontrollierte Bucher seine Anrufliste. Weiss hatte mehrfach versucht ihn zu erreichen. Er begab sich auf den Weg zu ihm. Bewegung tat seinem Rückgrat gut, vor allem das Treppensteigen. Wenn man die Stufen in der Körperhaltung nahm, wie es die Physiotherapeutin gesagt hatte, wirkte es wie eine Anwendung. Die Aufzüge waren sowieso ständig von den Umzugsunternehmen belegt, die seit Jahren ein feines Auskommen gefunden hatten – sozusagen im wirtschaftlichen Wirbelbereich der behördlichen Umstrukturierungen, die sich als Dauerzustand etablierten. Was sollte man auch mit all dem Personal anfangen, das einem die Politiker vor jeder Wahl in die überquellenden Gebäude stopften. Es wurde hin und her, rauf und runter, von drüben nach hüben gezogen, dass es eine Freude war. Bisher war Bucher verschont geblieben und auch an Weiss traute sich keiner so recht ran.
    Er winkte Bucher mit freudiger Geste an den Schreibtisch, als der in seiner Bürotür auftauchte, und fing an in den Papierstapeln seines Schreibtisches nach etwas zu kramen. »Gerade habe ich es noch gehabt, gerade war es noch da.«
    Bucher setzte sich und wartete.
    Er klang zufrieden, als er es gefunden hatte. »Ja, hier … alles fertig, alles unterschrieben, und es kann losgehen, mein Lieber. Wir schicken dich auf einen Kongress.«
    Bucher lachte hämisch. Das konnte nur ein Witz sein und der Form halber fragte er: »Auf welchen denn?«
    Weiss hielt die Papiere so weit weg, wie sein Arm es zuließ und fokussierte. Langsam las er vor: » Bekämpfung der internationalen Kraftfahrzeugkriminalität , eine Woche … ist doch eine prima Sache.«
    Buchers Arm fuhr über den Schreibtisch und seine Finger forderten die Dokumente, die er sogleich erhielt und mit fassungsloser Miene feststellte, dass Weiss keinen Spaß gemacht hatte. Bekämpfung der internationalen Kraftfahrzeugkriminalität , stand da schwarz auf weiß. Und sein Name.
    »Sag mal, geht’s noch? Was soll denn das?«
    Weiss machte ein unschuldiges Gesicht. »Was denn?«
    Bucher hob die Formulare hoch. »Ja das!«
    »Andere würden sich darüber freuen. Eine Woche Kongress, Mensch! Nicht

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