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Marilene-Mueller 04 - Wenn Ostfriesen sterben

Marilene-Mueller 04 - Wenn Ostfriesen sterben

Titel: Marilene-Mueller 04 - Wenn Ostfriesen sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beate Sommer
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Schrecken der Welt lustvoll erkundeten, wie für Nervenkitzel-Junkies gehobenerer Altersklassen. Bis dreißig vielleicht, das ginge ja noch an, aber bestimmt nicht mit ihr, schwor sie sich, keine zehn Pferde bekämen sie in irgendein Gefährt ohne direkte Bodenhaftung, eigentlich nicht einmal mit, schränkte sie ein, erinnerte manch markerschütternden Zusammenprall bei Autoscooterfahrten zu Kinderzeiten.
    »Meinst du, wir könnten etwas essen, bevor wir uns an den nächsten Tewes heranmachen?«, widerlegte Gerrit ihre Befürchtung. »Ich fall sonst bald in Ohnmacht.«
    Wenn er nicht am Steuer säße, wäre das Erlebnis vielleicht interessant, dachte Marilene. Sie zerrte ihre Handtasche zwischen den Füßen hervor und kramte darin herum. »Mist«, sagte sie, »ich hab’s Riechsalz vergessen, also gut, gehen wir was essen.«
    »Super.« Gerrit betätigte den Blinker, bremste und bog ab.
    Hinter ihnen gellte eine Hupe, und Reifen quietschten. Marilene zog den Kopf zwischen die Schultern, um sich für den Zusammenstoß zu wappnen, und klammerte sich am Haltegriff fest. Nichts passierte. »Puh«, sie stieß den angehaltenen Atem aus, »das war knapp.«
    »Kann man wohl sagen.« Gerrit sprang aus dem Wagen und rannte dem anderen Fahrzeug hinterher.
    Auch Marilene stieg aus und lehnte sich aufs Dach des Minis. Gerrit fuchtelte wild mit den Händen in der Luft herum und schimpfte wie ein Rohrspatz. Nun ja, Spatz traf es nicht so ganz, fand sie, die Tirade klang durchaus bedrohlich. Auf einmal hielt das Fahrzeug an, und die Fahrertür wurde geöffnet. Gerrits Bremsmanöver war filmreif und wirbelte gehörig Staub auf, ein letztes »Idiot!«, entfuhr ihm, eher kleinlaut jetzt. Er schien, wie sie, zu fürchten, ihm stünden Prügel bevor.
    »Scheiß Touristen!« Der Fahrer knallte die Tür wieder zu, legte den Rückwärtsgang ein und ließ den Motor aufheulen, bevor er es sich anders überlegte und mit wiederum quietschenden Reifen davonpreschte.
    Gerrit ließ die Hände auf die Hüften sinken, als trüge er dort ein Holster und könne schießen, wenn er nur wollte, hier, vor Zeugen, High Noon , er oder ich. Schließlich wandte er sich um und kam mit schweren, o-beinigen Schritten auf sie zu, der Cowboy ohne Pferd. »Yo, man, that was close«, sagte er in der Stimmlage eines Lee Marvin.
    Marilene schlotterten die Knie, und nach Lachen war ihr schon gar nicht zumute.
    Gerrit gab die Pose auf. »Sag mal, hast du jemandem erzählt, wo wir sind?«, fragte er.
    »Nein, wieso?«
    »Na, der Depp war aus Leer. Und wenn das ein typischer Ostfriese war, dann ist das Pflaster dort viel zu gefährlich für dich.«
    »Ich laufe im Allgemeinen nicht schimpfend hinter Verkehrsrowdys her, also dürfte das kein Problem darstellen.« Allmählich fand sie wieder zu sich. »Aber du hast recht, das ist sehr merkwürdig. Außer Frau Heeren und meinem Vater weiß niemand davon, und beide würden so eine Information nie preisgeben. Das kann nur Zufall sein«, versuchte sie abzuwiegeln, obgleich sie die Erfahrung gemacht hatte, dass Zufälle selten welche waren.
    »Ich glaube nicht an Zufall«, knurrte Gerrit an ihrer statt.
    »Auch das ist eine Frage des Alters, wart’s nur ab«, behauptete sie bemüht leichthin, denn plötzlich schoss ungebeten ein Bild der »Liebe ihres Lebens« durch ihren Kopf. Sie hatte schon gar nicht mehr an den Typen gedacht und erkannte nun, dass sie ihn nicht vergessen, sondern verdrängt hatte. Trotzdem, niemand würde so weit fahren, nur um zu sehen, was sie machte. Oder mit wem? Ach was, reiner Verfolgungswahn, beruhigte sie sich. »Ich denke, du hast Hunger«, sagte sie, um weiteren Spekulationen auszuweichen.
    »Ja!« Gerrit erstrahlte förmlich. »Komm mit, ich weiß, wo es super Süßkram gibt.« Er ergriff ihre Hand und zog sie hinter sich her.
    * * *
    »Wow!«, entfuhr es Zinkel, als Lübben mit dem Durchsuchungsbeschluss vor seiner Nase herumwedelte. »Wie hast du das denn gemacht?« Er selbst hätte es nicht riskiert, sich beim Staatsanwalt in Misskredit zu bringen, indem er mit nichts als Ahnungen um den Beschluss bat. Selbst wenn sie im Haus etwas fänden, das Körber gehört haben könnte, spräche das noch lange nicht für Tewes’ Schuld.
    »War gar nicht so schwierig. Bei einem aktuelleren Fall hätte das wohl anders ausgesehen, aber nach fünf Jahren hält auch der Staatsanwalt es für ziemlich unwahrscheinlich, dass wir Zeugen auftreiben, die Körber verlässlich zu einem bestimmten Zeitpunkt einem

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