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Marina.

Marina.

Titel: Marina. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carlos Ruiz Zafón
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an Barcelonas wichtige Familien wurden Einladungen versandt. Am betreffenden Abend selbst schüttete es wie aus Kübeln. Die Börse war wie ein Traumpalast geschmückt. Nach neun Uhr kamen von den wichtigsten Vermögen der Stadt, von denen viele Kolwenik zu verdanken waren, Bedienstete mit Entschuldigungsnoten. Als ich eintraf, nach Mitternacht, fand ich Kolwenik allein im Saal, in seinem tadellosen Frack und eine der Zigaretten rauchend, die er sich aus Wien schicken ließ. Er begrüßte mich und bot mir ein Glas Champagner an. ›Essen Sie was, Inspektor, es ist jammerschade, das alles wegzuschmeißen‹, sagte er. Noch nie hatten wir uns direkt gegenübergestanden. Wir unterhielten uns eine Stunde. Er erzählte von Büchern, die er als Jugendlicher gelesen, von Reisen, die er nie gemacht hatte … Kolwenik war ein charismatischer Mann, dem die Intelligenz in den Augen brannte. Ganz gegen meinen Willen war er mir sympathisch, ja er tat mir sogar leid, obwohl ich doch offenbar der Jäger und er die Beute war. Ich sah, dass er hinkte und sich auf einen geschnitzten Elfenbeinstock stützte. ›Ich glaube, noch nie hat jemand an einem Tag so viele Freunde verloren‹, sagte ich. Mit einem ruhigen Lächeln wies er diesen Gedanken von sich. ›Da irren Sie sich, Inspektor. Zu solchen Veranstaltungen lädt man nie seine Freunde ein.‹ Ganz höflich erkundigte er sich, ob ich ihn weiterhin verfolgen werde. Ich antwortete, ich würde nicht eher Ruhe geben, als bis ich ihn vor Gericht gebracht hätte. Er fragte: ›Was könnte ich tun, um Sie von diesem Vorhaben abzubringen, mein lieber Florián?‹ – ›Mich umbringen‹, antwortete ich. ›Alles zu seiner Zeit, Inspektor‹, sagte er lächelnd. Mit diesen Worten hinkte er davon. Ich habe ihn nie wiedergesehen, aber ich lebe noch. Seine letzte Drohung hat Kolwenik nicht wahrgemacht.«
    Florián hielt inne und trank genießerisch einen Schluck Bier, als wäre es die letzte Flasche der Welt. Nachdem er sich die Lippen geleckt hatte, fuhr er fort:
    »Isoliert und von allen verlassen, lebte Kolwenik von diesem Tag an zurückgezogen mit seiner Frau in dieser grotesken Riesenvilla, die er sich hatte bauen lassen. In den folgenden Jahren bekam ihn keiner zu Gesicht. Nur zwei Personen drangen zu ihm vor: sein ehemaliger Fahrer, ein gewisser Luis Claret, und sein persönlicher Arzt, Dr. Shelley, hinter dem wir ebenfalls her waren. Claret war ein armer Teufel, der Kolwenik verehrte und sich weigerte, ihn zu verlassen, selbst dann, als Ersterer ihm den Lohn nicht mehr bezahlen konnte. Außer diesen beiden sah niemand Kolwenik. Und Shelleys Zeugenaussage, in der er versicherte, er befinde sich in seiner Villa am Park Güell, geplagt von einer Krankheit, die er uns nicht zu erklären vermochte, überzeugte uns nicht im Geringsten, vor allem, nachdem wir einen Blick in seine Archive und seine Buchhaltung geworfen hatten. Eine Zeitlang argwöhnten wir sogar, Kolwenik sei gestorben oder ins Ausland geflüchtet und alles sei nur eine Farce. Shelley behauptete weiterhin, Kolwenik habe sich ein seltsames Leiden zugezogen, das ihn in die Villa verbanne. Er dürfe keinen Besuch empfangen und unter keinen Umständen sein Refugium verlassen, so lautete sein ärztliches Urteil. Weder wir noch der Richter glaubten ihm. Am 31. Dezember 1948 bekamen wir einen Durchsuchungsbefehl für Kolweniks Haus und einen Haftbefehl gegen ihn. Ein großer Teil der vertraulichen Dokumentation der Firma war verschwunden. Wir hatten den Verdacht, sie werde irgendwo im Wohnsitz verborgen gehalten. Inzwischen hatten wir genügend Indizien beisammen, um Kolwenik des Betrugs und der Steuerhinterziehung anzuklagen. Es war sinnlos, noch weiter zu warten. Der letzte Tag des Jahres 1948 sollte auch der letzte sein, an dem sich Kolwenik in Freiheit befand. Eine Sondereinheit war bereit, ihn am nächsten Tag abzuholen. Manchmal muss man sich bei großen Kriminellen damit abfinden, sie für ein paar Kleinigkeiten dingfest zu machen …«
    Floriáns Zigarre war wieder ausgegangen. Der Inspektor warf einen letzten Blick darauf und schnippte sie dann in einen leeren Blumentopf, eine Art Massengrab für Stummel, wo schon weitere lagen.
    »Am selben Abend zerstörte ein grauenerregender Brand die Villa, der Kolwenik und seine Gattin Ewa das Leben kostete. Im Morgengrauen fand man auf dem Dachboden die beiden verkohlten Leichen in enger Umarmung. Damit waren auch unsere Hoffnungen verbrannt, den Fall unter Dach und Fach zu

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