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Marina.

Marina.

Titel: Marina. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carlos Ruiz Zafón
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Katzengeruch würde auch nach dem fünften Waschen nicht verschwunden sein.
    »Als ich heute Morgen das Frühstück holte, habe ich vom Café auf dem Platz aus im Präsidium angerufen. Inspektor Florián ist pensioniert und wohnt in Vallvidrera. Er hat kein Telefon, aber man hat mir eine Adresse gegeben.«
    »In einer Minute bin ich angezogen.«
     
     
    Die Station der Standseilbahn nach Vallvidrera lag wenige Straßen von Marinas Haus entfernt. In zehn Minuten waren wir dahin marschiert und kauften zwei Fahrkarten. Vom Bahnsteig aus gesehen, bildete das Viertel Vallvidrera einen Balkon über der Stadt. Die Häuser schienen an unsichtbaren Fäden von den Wolken zu hängen. Wir setzten uns hinten in den Wagen und sahen, wie sich Barcelona zu unseren Füßen entfaltete, während die Bahn hangaufwärts kletterte.
    »Das muss eine gute Arbeit sein, Seilbahnführer«, sagte ich. »Der himmlische Liftboy.«
    Skeptisch schaute mich Marina an.
    »Was hab ich eben Falsches gesagt?«
    »Nichts. Aber wenn das alles ist, was du anstrebst …«
    »Ich weiß nicht, was ich anstrebe. Nicht alle wissen das so genau wie du. Marina Blau, Literaturnobelpreisträgerin und Konservatorin der Hemdensammlung der Bourbonen.«
    Sie wurde so ernst, dass mir diese Bemerkung auf der Stelle leidtat.
    »Wer nicht weiß, wohin er geht, kommt nirgends hin«, sagte sie frostig.
    Ich zeigte ihr meine Fahrkarte.
    »Ich weiß, wohin ich gehe.«
    Sie schaute weg. Zwei Minuten fuhren wir schweigend weiter. In der Ferne erhob sich die Silhouette meiner Schule.
    »Architekt«, murmelte ich.
    »Was?«
    »Ich will Architekt werden. Das strebe ich an. Ich habe es noch nie jemandem gesagt.«
    Endlich lächelte sie. Rüttelnd wie eine alte Waschmaschine kam die Bahn oben auf dem Berg an.
    »Ich wollte schon immer meine eigene Kathedrale haben«, sagte Marina. »Hast du irgendeinen Vorschlag?«
    »Gotisch. Lass mir Zeit, und ich werde dir eine bauen.«
    Die Sonne beschien voll ihr Gesicht, und ihre auf mich gerichteten Augen glänzten.
    »Versprochen?«, fragte sie und hielt mir die offene Hand hin.
    Ich drückte sie kräftig.
    »Versprochen.«
     
     
    Die Adresse, die Marina bekommen hatte, gehörte zu einem alten Haus direkt am Abgrund. Das Gestrüpp hatte sich des Gartens bemächtigt. Dazwischen stand ein verrosteter Briefkasten wie eine Ruine aus dem Industriezeitalter. Wir schlängelten uns zur Tür durch. Dahinter konnte man Kartonschachteln mit zusammengebundenen Bergen alter Zeitungen erkennen. Abgenutzt von Wind und Feuchtigkeit, blätterte der Fassadenanstrich ab wie schuppige Haut. Inspektor Víctor Florián gab nicht eben viel für Repräsentation aus.
    »Hier ist tatsächlich ein Architekt vonnöten«, sagte Marina.
    »Oder eine Abbruchbrigade.«
    Sanft klopfte ich an. Ich fürchtete, das Haus in den Abgrund zu stoßen, wenn ich es kräftiger täte.
    »Und wenn du es mit der Klingel versuchst?«
    Der Knopf war entzwei, und im Loch sah man elektrische Kabel aus Edisons Zeiten.
    »Da steck ich meinen Finger nicht rein.« Ich klopfte ein zweites Mal an.
    Auf einmal ging die Tür zehn Zentimeter auf. Vor zwei metallisch blitzenden Augen glänzte eine Sicherheitskette.
    »Wer ist da?«
    »Víctor Florián?«
    »Das bin ich. Ich frage aber, wer da ist.«
    Die Stimme klang autoritär und über die Maßen ungeduldig. Eine Strafzettelstimme.
    »Wir haben Nachrichten von Michail Kolwenik …«, sagte Marina zur Vorstellung.
    Die Tür ging weit auf. Víctor Florián war ein breiter, kräftiger Mann. Er trug denselben Anzug wie am Tag seiner Pensionierung – so dachte ich wenigstens. Sein Ausdruck war der eines alten Obersts ohne Krieg noch Bataillon zum Befehligen. Von den Lippen hing ihm eine erloschene Zigarre, und jede Braue war dichter behaart als bei den meisten Menschen der ganze Kopf.
    »Was wollt denn ihr von Kolwenik wissen? Wer seid ihr? Wer hat euch überhaupt diese Adresse gegeben?«
    Florián stellte die Fragen nicht, er feuerte sie auf uns ab. Nachdem er sich umgeschaut hatte, als befürchtete er, es sei uns jemand gefolgt, hieß er uns eintreten. Im Innern war das Haus ein Nest von Unrat, das nach Hinterzimmer roch. Es gab mehr Papier als in der Bibliothek von Alexandria, aber alles war durcheinander, wie von einem Ventilator geordnet.
    »Geht nach hinten.«
    Wir kamen an einem Zimmer vorbei, an dessen Wänden Dutzende Waffen hingen, Revolver, automatische Pistolen, Mausergewehre, Bajonette. Es waren schon Revolutionen mit weniger

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