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Mark Brandis - Raumsonde Epsilon

Mark Brandis - Raumsonde Epsilon

Titel: Mark Brandis - Raumsonde Epsilon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Brandis
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werden«, sagte ich.
    »Wir würden im Handumdrehen die ganze Bande auf dem Hals haben, Sir!« wandte er ein.
    »Nicht, wenn wir es geschickt genug anfangen!« gab ich zurück. Nach reiflicher Überlegung beschloß ich, diesen Teil des Unternehmens – die Überwältigung der Wachen – in die kräftigen Hände von Lieutenant Stroganow und Sergeant Dahlsen zu legen. Beide verstanden sich aufs Zuschlagen.
    Der Sibiriak, obschon der älteste unter uns, war ein hervorragender Amateurboxer und Inhaber vieler Preise und Trophäen. In seinen breiten Schultern steckte eine beachtliche Kraft.
    Auch der Schiffskoch war im Faustkampf ein ernst zu nehmender Gegner. Bevor er zur VEGA stieß, war er zur See gefahren, auf Frachtern und Trawlern, und hatte sich durch alle Häfen der Welt geprügelt.
    »Ihre Aufgabe wird es sein«, erläuterte ich, »die Wachen vorübergehend außer Gefecht zu setzen. Aber bitte – kein Blutvergießen! Die VOR-Leute behandeln uns – im Rahmen ihrer Möglichkeiten – anständig und korrekt. Wir wollen uns nicht undankbar zeigen.«
    Sergeant Dahlsen zeigte mir seine behaarten Pranken. »Seien Sie unbesorgt, Sir! Wir werden diese Zwerge auf die älteste aller Weisen narkotisieren.«
    Die Vorbereitungen waren getroffen; nun galt es auf eine günstige Gelegenheit zu warten.
    Diese ergab sich keine vierundzwanzig Stunden später. Wie so oft trieben wir uns ballspielend – wozu uns eine leere Konservendose diente – in der Nähe des Sendemastes herum, als plötzlich das rote Signal zu steigen begann.
    Auf die Soldaten wirkte dies wie das Aufheulen einer Sirene. Sie ließen alles stehen und liegen und flüchteten Hals über Kopf in ihre Behausungen.
    Dies war der Augenblick, auf den wir gewartet hatten. Außer den Wachen befand sich niemand in der Zentrale. Ich ließ noch einige Sekunden verstreichen, dann gab ich das Signal, und wir stürmten den Iglu.
    Die Wachen, an unseren Anblick gewöhnt, im Glauben, wir hätten uns nur in die Zentrale geflüchtet, um Schutz zu suchen vor der tödlichen Strahlung, verhielten sich friedfertig.
    Einer von ihnen versuchte seine paar Brocken Metro an den Mann zu bringen: »Hiel nix gutt. Hiel velbotten!«
    Der andere Soldat grinste nur. Offenbar hatte er seinen Spaß daran, daß wir, wie er meinte, in der Klemme saßen und nun auf seine und seines Kameraden Gutmütigkeit angewiesen waren.
    Als die Wachen unsere Absicht durchschauten und zu den Gewehren griffen, war es für eine wirksame Gegenwehr bereits zu spät. Lieutenant Stroganow und Sergeant Dahlsen schlugen zu. Danach nahmen sie den Bewußtlosen die Waffen ab.
    Die Zentrale war bis auf weiteres in unserer Hand. Selbst wenn Hauptmann Saadi den Überfall bemerkt haben sollte, konnte er, solange der Sonnensturm anhielt, nichts unternehmen.
    Mit diesem Handstreich brachten wir ihn in ernsthafte Schwierigkeiten. Das war zu bedauern, denn von allen VOR-Offizieren, die ich kannte, war er der anständigste, doch die Verhältnisse zwangen mich, darauf keine Rücksicht zu nehmen.
    »Lieutenant Mercier!«
    »Sir!«
    »An die Arbeit!«
    Während Lieutenant Mercier die Sendeanlage in Augenschein nahm, beobachtete ich das Gelände. Die Sonne schien zu explodieren. Feurige Lohen rasten durch den Raum. Das Licht verfärbte sich. Die Glut griff auf den Uranus über.
    Der erste Tag der Schöpfung mußte diesen zugleich beklemmenden wie erhebenden Anblick geboten haben. Das Chaos regierte.
    Wer jetzt noch draußen war, sah einem qualvollen Ende entgegen.
    »Wie weit sind Sie, Lieutenant?«
    »Der Sender ist jetzt in Betrieb, Sir!«
    »Dann setzen Sie endlich den Funkspruch ab!«
    Das rote Licht drang durch die Bullaugen und hüllte Lieutenant Stroganow und Sergeant Dahlsen in seinen strengen, feierlichen Glanz.
    Der Sonnensturm steigerte sich dem Höhepunkt entgegen. Die Zeit zerrann uns zwischen den Fingern.
    Unruhe bemächtigte sich meiner. »Was ist denn los, Lieutenant?«
    Ich wandte mich um und blickte in ein verzweifeltes Gesicht.
    »Der verdammte Sonnensturm, Sir! Es ist einfach kein Durchkommen.«
    »Auf keiner unserer Frequenzen?«
    »Auf keiner, Sir!«
    Meine Rechnung ging nicht auf. Der gleiche Sonnensturm, der unseren Handstreich begünstigte, setzte den Sender außer Betrieb. Die scheinbare Nachlässigkeit der VOR-Soldaten fand ihre Erklärung: sie waren mit diesem Phänomen bereits vertraut.
    »Nicht aufgeben, Lieutenant! Versuchen Sie es weiter!«
    »Ich bin dabei, Sir. Aber es will mir einfach nicht gelingen. Ich

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