Mark Brandis - Salomon 76 (Weltraumpartisanen) (German Edition)
bekanntgegeben wurde, ein Instrument gerechter Urteilsfindung. Zugleich ist er der perfekteste Polizeiapparat, der je entwickelt wurde. Er wird aufgrund der ihm eingegebenen Informationen die Verbrechensbekämpfung in einem solchen Maß revolutionieren, daß – ich gehe jede Wette ein – innerhalb weniger Wochen jede Art von Kriminalität innerhalb der Grenzen der EAAU im Keim erstickt sein wird. Denn worauf baut ein Mensch, der das Gesetz bricht? Letztlich doch immer nur darauf, daß er unentdeckt bleibt. SALOMON 76 macht ihm einen Strich durch die Rechnung. Sobald er die erste einen Gesetzesbruch betreffende Information von einem der Tochtercomputer erhält, nimmt er unverzüglich die Fahndung auf – und von dort bis zur Aburteilung des Täters ist es nur ein Schritt. Die Polizei wird jederzeit wissen, wann und wo sie einzugreifen hat.« Henri Villiers‘ Stimme wurde lauter, als er die Vision der gerechten Zukunft noch einmal in einige wenige Worte zusammenfaßte: »Nie wieder, Commander Brandis, wird es einen Verbrecher geben, der unentdeckt sich seiner Missetat erfreut, nie wieder einen Urteilsspruch, der sich anzweifeln läßt.«
Ich schwieg. John Harris wandte sich langsam zu mir um. »Es gibt Leute, die eben dies verhindern wollen, Brandis. Und sie sind schon unterwegs. Verstehen Sie, weshalb wir Sie und die Ares I brauchen? Sie müssen diesen Leuten zuvorkommen. Der Minister und ich – wir haben das Problem hin und her erwogen. Die Strategische Raumflotte können und wollen wir nicht einschalten, um den Fall nicht mehr als nötig aufzubauschen – und von unseren eigenen schnellen Schiffen sind zur Zeit alle unterwegs beziehungsweise im Dock.«
Villiers schenkte mir ein beruhigendes Lächeln. »Ich sehe, Sie zucken zusammen, Commander! Nun, ich gebe Ihnen mein Wort: Es wird kein Kampfeinsatz! Sie sollen nicht Raumpolizist spielen – sondern einzig und allein mich und Professor Kalaschnikow, den Konstrukteur, auf dem schnellsten Weg zu SALOMON 76 bringen. Die Einweihung ist im Einvernehmen mit dem Präsidenten der EAAU um vierundzwanzig Stunden vorverlegt. Wie lautet Ihre Entscheidung, Commander?«
Einen Atemzug lang war ich unschlüssig. Ich hatte mich auf diesen Abend mit Ruth gefreut – auf diese letzte Nacht, bevor ich wieder für viele Wochen eintauchen würde in das Reich der Sterne.
»Sir«, gab ich vorsichtig zu bedenken, »Ares I ist alles andere als ein bequemes Passagierschiff. Sie ist ein Schwerer Kreuzer: eng und unbequem.«
Villiers Gelehrtenhand wischte meinen Einwand hinweg. »Das tut nichts zur Sache, Commander. Was ich erwarte, ist Schnelligkeit, kein Komfort!«
»Und wann?« fragte ich.
»Sofort«, antwortete Harris. »Ihre Crew und der Professor sind bereits an Bord. Trotzdem, ich wiederhole: Dies ist kein Befehl. Es handelt sich um eine Bitte.«
»Die ich Ihnen kaum abschlagen kann«, sagte ich seufzend und stand auf. »Sir, bei allem Respekt – Sie sind ein altes Ekel!«
Harris‘ wasserblaue Augen funkelten amüsiert. »Ich sehe, wir verstehen uns, Brandis. Wie in alten Zeiten.«
Die alten Zeiten! Auf einmal standen sie wieder vor meinen Augen: der Bürgerkrieg, die unruhvolle Nachkriegszeit, der kühne Sprung zum Uranus – stets und immer hatte es zwischen Harris und mir ein unzerstörbares Band des Vertrauens gegeben. Ich begriff, daß hinter seiner Bitte mehr stand, als er aussprach. Er war auf mich angewiesen.
Ruth erschien mit einem Tablett in der Hand. Sie brachte den versprochenen Kaffee.
»Ich hoffe«, sagte sie, »ich platze da nicht in irgendein wichtiges, geheimes Gespräch.«
Villiers erhob sich, um ihr behilflich zu sein. »Mir scheint«, sagte er, »alles, was es zu unserem Thema zu sagen gab, ist gesagt.«
Ruth richtete Ihre Augen auf mich. »Ich nehme an, du mußt fort, Mark.«
»Ja«, sagte ich.
»Und wohin?«
»Nicht allzu weit.«
»Und wann?«
»Jetzt gleich.«
Ruth machte eine hilflose Gebärde. Ihre grünen Augen schimmerten auf einmal feucht.
»Wenn es so ist, Mark – dann laß dich nicht aufhalten. Aber, bitte, paß auf dich auf! Paß auf dich auf!«
Ich nahm sie in die Arme, und sie flüsterte mir ins Ohr: »Du bist mehr als verrückt, Mark. Du bist wahnsinnig. Danke für die Perlen.«
Erst als Harris, Villiers und ich uns zu gehen anschickten, fiel ihr der Kaffee ein.
»Mark!« sagte sie. »Was fange ich jetzt mit dem ganzen Kaffee an?«
»Wenn ich zurückkomme«, antwortete ich verbittert, »wärmst du ihn auf.«
Kapitel
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