Mark Brandis - Salomon 76 (Weltraumpartisanen) (German Edition)
in die Arme. Die Mikrofone übertrugen seine Worte in alle Welt: »Kommen Sie, verehrter Herr Professor, kommen Sie und zeigen Sie sich den unzähligen Augen, die in dieser Minute voller Hoffnung und Vertrauen auf uns gerichtet sind! Wenn die Menschheit heute an der Schwelle zu einem Jahrtausend der Gerechtigkeit steht, dann ist dies vor allem Ihr Verdienst. Ihr Name wird weiterleben in alle Ewigkeit.«
Und dann standen die beiden Männer, denen SALOMON 76 seine Existenz verdankte, der Initiator und der Konstrukteur, Seite an Seite im gleißenden roten Licht. Die Musik schwoll an. Es war ein erhabener Augenblick. Selbst Captain Romen, zu dem ich kurz hinüberblickte, konnte sich dem Eindruck des Mystischen nicht entziehen. Seine Lippen bewegten sich stumm.
Er schien zu beten.
Villiers ergriff das Wort. Er wiederholte im wesentlichen, was er mir bereits gesagt hatte – nur mit neuen, fast dichterisch klingenden Worten, und er fügte hinzu: »Mit diesem Knopfdruck, den ich in meiner Eigenschaft als Minister für Justiz und Polizei in wenigen Augenblicken vollziehe, bevor ich, überflüssig geworden, mein Amt niederlege und zurücktrete, zieht absolute Rechtssicherheit in unsere Kontinente ein.«
Die Nationalhymne der EAAU erklang.
Die rechte Hand des Ministers schwebte über dem Schaltpult.
»Bürger der Drei Vereinigten Kontinente, ich übergebe mein Amt an SALOMON 76! Möge er in Zukunft rechten und richten – weiser und gerechter, als es je ein Mensch zu tun vermochte. Niemand von uns – nicht einmal ich – kann ahnen, welches sein erster Fall sein wird. Alle Gewalt der Entscheidung liegt nun bei ihm.«
Die Hand des scheidenden Ministers legte sich auf das Pult, verweilte dort drei, vier Sekunden – und schwebte dann hoch zum alten römischen Gruß.
SALOMON 76 hatte übernommen.
Die bunten Lichter flammten auf. Ein tiefes Atemholen schien durch die Elektronik zu gehen – dann begann sie gleichmäßig zu summen; und damit nahm auch die Tausendschaft der Tochtercomputer ihre Arbeit auf.
Mit diesem historischen Knopfdruck begann sich das Rad der Ereignisse, die heute von der Geschichtsschreibung lakonisch als das Jahr des Computers zusammengefaßt sind, zu drehen: schneller und immer schneller.
Betreßte Diener reichten perlenden Champagner.
Villiers hob sein Glas, und dabei fiel sein Blick auf mich und auf meine Crew. »Was ist mit Ihnen, Commander? Wollen Sie nicht mit uns anstoßen?«
Ich lächelte. »Bedaure, Sir. Das wäre gegen die Vorschrift. Ich bin im Dienst. Und – ehrlich gesagt, Sir – ich möchte nicht der erste sein, der von SALOMON 76 ertappt und verknackt wird.«
Villiers lachte herzhaft.
»In diesem Fall, Commander, sind Sie natürlich entschuldigt – wenngleich ich glaube, daß unser guter Freund SALOMON 76 wohl auch mal ein Auge zugedrückt hätte.«
Ich ergriff die Gelegenheit beim Schopf, um einige Worte als Vertreter der VEGA zu sagen. »Sir, wenn ich auch nicht mit Ihnen anstoße, so möchte ich doch nicht verfehlen, im Namen meiner Crew Ihnen die aufrichtigsten Glückwünsche auszusprechen zu Ihrem großen Werk.«
Henri Villiers eilte auf mich zu und drückte mir mit plötzlichem Überschwang die Hand. »Danke, Commander. Aber mehr noch als mir sollte Ihr Glückwunsch der ganzen Menschheit gelten, der wir heute ein Instrument übergeben haben, das noch gerechter und unbestechlicher ist als Gott. Möge es ihr zum Segen gereichen!«
Im Anschluß daran rief ich meine Crew zusammen. Wir gingen an Bord, um den Rückflug nach Metropolis zu programmieren. Wir, das waren an diesem Tag außer mir, dem Commander: Captain Grischa Romen – genannt der »fliegende Zigeuner«; Iwan Stroganow, der breitschultrige, grauhaarige Sibiriak, einer der zuverlässigsten Navigatoren, die je unter den Sternen geflogen sind; William Xuma, der dunkelhäutige Erste Ingenieur, dem kein Schräubchen an Bord des Schiffes fremd war; George Washington Caldwell, Xumas Assistent, ein baumlanger, rothaariger Texaner, über den ich mir noch keine Meinung gebildet hatte; Konstantin Simopulos, der Radar-Controller; Antoine Mercier, der Funkoffizier – und schließlich als wichtigster Mann an Bord, da von seinen Kochkünsten letztlich gute Laune oder Verdruß abhingen, Sergeant Per Dahlsen.
Minister Villiers und Professor Kalaschnikow ließen nicht lange auf sich warten. Sobald sich hinter ihnen die Schleuse geschlossen hatte, ließen wir uns vom Fahrstuhl hinauftragen in das kalte, gleißende Licht der
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