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Mark Brandis - Testakte Kolibri

Mark Brandis - Testakte Kolibri

Titel: Mark Brandis - Testakte Kolibri Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Brandis
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der Hand. Seine Beförderung war in Frage gestellt. Stets würde es in seinem Personalakt diesen dunklen Fleck geben. Die Direktoren der VEGA sahen eher über eine fahrlässige Bruchlandung hinweg als über einen Fall von Unzuverlässigkeit.
    »Sie sind bis auf weiteres vom Dienst suspendiert, Vidal!« wiederholte ich. »Im übrigen ziehe ich vor, diese Unterredung fortzusetzen, sobald Sie nüchtern sind.«
    Als ich, wieder in meinem Quartier, zum Telefon griff, begann mein Zorn zu verrauchen. Vidals Verfehlung war gewiß schwerwiegend – aber ich konnte nicht ihn allein dafür verantwortlich machen. Wir alle waren mit unseren Nerven am Ende. Einstweilen war er bestraft – und in zwei, drei Tagen würde ich mich noch einmal mit ihm unterhalten, ohne daß VEGA-Metropolis unbedingt davon zu erfahren brauchte.
    Osburg meldete sich; er war noch draußen bei den Schiffen und sprach von einem seiner Wagen aus.
    Ich sagte: »Vidal bleibt heute im Camp. Ich übernehme die Zwei. In ein paar Minuten bin ich bei Ihnen.«
    Das Schiff war klar zum Start; es gab keinen triftigen Grund, den Flug zu streichen. Fast fühlte ich mich erleichtert. Eine Gruppe von Reportern war für eine Besichtigung angesagt. Indem ich für Vidal einsprang, war ich dieser unangenehmen Verpflichtung enthoben. Jordan, dessen Nummer Elf sich auf der Werft befand, mochte mich vertreten.
    Kurz vor acht Uhr hob ich ab und rief noch einmal den Tower. » Zwei an Kolibri -Tower. Halten Sie fest, daß ich das Programm wieder einmal abändere. Ich werde zunächst tauchen und erst im Anschluß daran VEGA-Luna ansteuern. Kommen!«
    »Roger, Zwei . Wir haben es vermerkt. Sonst keine Abänderungen! Kommen!«
    »Sonst keine, Kolibri -Tower. Ich gehe jetzt auf Sollposition. Bis dahin Ende.«
    Der Tauchvorgang verlief wie alle anderen, die ich im Verlauf der Wochen bereits hinter mich gebracht hatte. Dreimal – zuletzt auf Tiefe Zwo-Fünf – stellte ich das Triebwerk ab und ließ es nach einigen Augenblicken wieder anspringen. Kolibri Zwei manövrierte zur vollsten Zufriedenheit; ohne weiteres vollführte Vidals Schiff eine Reihe komplizierter Flugfiguren, die ich ihm aufzwang. Ich meldete es dem Tower und stieg auf.
    Auf dem Mond bestellte ich den Generalcheck und blieb wie üblich über Nacht.
    Commander Monnier, der alte Freund und Bordgefährte, rief von der Venus an, um sich nach meinem Befinden zu erkundigen. Er erprobte gerade ein neues Epsilon -Modell und war dort zwischengelandet. Via Monitor spielten wir eine Partie Schach; Monnier gewann. Er bot mir Revanche, doch im Hinblick auf den für sechs Uhr angesetzten Start lehnte ich ab und begab mich zur Ruhe.
    Um 05.45 Uhr Metropoliszeit war ich wieder in der Halle. Ein paar Mechaniker legten gerade noch letzte Hand an, aber die Gerüste waren bereits zur Seite gefahren. Doktor Greenes weißer Kittel tauchte auf.
    »Die Beleuchtung des Schubmessers hatte einen Wackelkontakt. Wir haben das beseitigt. Sonst gab es nichts zu beanstanden.«
    »Danke.«
    Der Wackelkontakt war mir noch nicht aufgefallen, aber er hätte leicht lästig werden können. »Dann also bis zum nächsten Mal, Doktor!«
    Ich ging an Bord, und der Aufzug setzte sich in Bewegung. Schwarzer goldgesprenkelter Samt zeigte sich vor den Bullaugen.
    Das Triebwerk zündete. Ich meldete, daß alle Anzeigen normal waren, bekam meine Freigabe und startete.
    Nachdem ich die Zwei auf Kurs gebracht hatte, konnte ich mir Zeit nehmen zum Träumen. Aus irgendeinem Grund kamen mir die Apollo -Besatzungen in den Sinn, die ein volles Jahrhundert zuvor die gleiche Strecke geflogen waren. Unter großen Gefahren hatten sie die ersten tastenden Schritte getan – einmal zum Mond und zurück. Hatten sie damals schon vorhersehen können, mit welchen Riesensätzen die nachfolgenden Generationen von einem Planeten zum anderen stürmen würden? Hundert Jahre, sechsunddreißigtausendfünfhundert Tage: wer es sich leisten konnte, nahm ein Raumtaxi, um sich in Las Lunas zu amüsieren.
    Der Pazifische Ozean blitzte auf. Der Tag war heiß; die australische Küste hatte sich in Dunst gehüllt. Espiritu Santu kam in Sicht.
    Die Monotonie der Testflüge ärgerte mich. Ich beschloß, die Landung noch ein wenig hinauszuzögern.
    » Kolibri -Tower für die Nummer Zwei , kommen!«
    » Kolibri -Tower ist auf Empfang, Nummer Zwei kommen!«
    »Ich gehe auf Sollposition und wiederhole die submarine Flugphase. Kommen!«
    »Roger, Nummer Zwei . Sie sind der Projektleiter. Ich kann Ihnen da

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