Mark Brandis - Unternehmen Delphin (Weltraumpartisanen) (German Edition)
Ursachen aller kriegerischen Spannungen abgebaut: die große Sozial-Ungerechtigkeit. Die nachindustrielle Gesellschaft, die sich in der EAAU verwirklichte, kannte den Existenzkampf nur noch vom Hörensagen. Die Automation der Produktionsmittel wurde verwirklicht und machte die Geldwährung mehr und mehr zu einem Instrument, das nur noch dem Außenhandel mit den VOR, so limitiert er auch war, vorbehalten blieb. Der Mensch wurde frei, um sich seiner eigentlichen Bestimmung zuzuwenden: der ständigen Erweiterung seines Wissens, das nun nicht länger mehr zweckgebunden zu sein brauchte.
Und nun, dachte ich, nach einem halben Jahrhundert der Hoffnung, ist das alles vorbei? Sollte mit der Machtergreifung durch den General die alte Barbarei zu neuem Leben erweckt worden sein – zu bisher ungeahnten Dimensionen gesteigert? Die Macht lag fest und ungeteilt in seiner Hand, zu gleichen Teilen gestützt auf die Bajonette seiner Militärs als auch auf das Wissen der ihm hörigen Professoren und Philosophen. Die Reinigende Flamme versprach Sendungsbewußtsein und neuen Lebensraum – doch Sendungsbewußtsein wofür und Lebensraum auf wessen Kosten?
In Wirklichkeit waren das leere Phrasen. Die Geldwährung war wieder eingeführt worden, der Mensch wurde erneut nach seiner Leistung beurteilt und infolgedessen an seine Produktionsstätten gekettet, und eine neue chaotische Industrialisierung der Erde hatte begonnen, wobei ihre Manipulatoren auf geschickte Art ständig neue Bedürfnisse erweckten. Dem General mochte es bei dem bevorstehenden Angriff auf die VOR um die Macht gehen, seinen zivilen Assistenten aber ging es wohl vielmehr um die Erweiterung ihres Absatzgebietes. Die Erde samt aller von ihr abhängigen Planeten und Satelliten ein einziger Markt: das war ihr Ziel. Es war ein beklemmend grotesker Rückfall in längst entwertete Denkbilder.
Die Stimme des Commanders brach unbarmherzig in meine Gedanken ein. »Commander an Besatzung! Ich möchte Ihnen jetzt einige Erklärungen geben.«
Commander Brandis warf einen Blick auf die Uhr. »Wie ich Ihnen schon andeutete, erfolgt unsere Landung auf der Insel Malden aufgrund einer Absprache mit dem Verteidigungsminister der VOR. Sinn und Zweck dieser Landung ist die Kontaktaufnahme zur pazifischen Widerstandsgruppe unter Commander Harris, meinem unvergessenen Vorgänger an Bord dieses Schiffes. Mit seiner Unterstützung soll versucht werden, den Ausbruch des bevorstehenden Krieges zu vereiteln. In etwas weniger als zwei Minuten werden zwölf Geschwader der VOR-Flotte – schnelle Zerstörer vom Drachen-Typ – den Radargürtel des Generals durchbrechen und damit für Delta VII eine Bresche schlagen.«
Vorübergehend richteten sich die Augen des Commanders auf mich. »Ursprünglich hatte ich geplant, diese letzte Etappe im Dingi zurückzulegen, um das Schiff nicht unnötig Gefahren auszusetzen. Leider läßt sich dieser Teil meines Planes nicht mehr verwirklichen. Ebenso muß ich auf die Begleitung von Dr. Horvath verzichten.« Commander Brandis‘ Blick ließ von mir ab, um sich erneut auf die Uhr zu heften. »Meine Herren, ich werde auch diesmal allein von Bord gehen. Meine Befehle für Delta VII sind: Erstens sofortiger Start, zweitens Bezug einer ungefährdeten Warteposition und drittens Vermeidung aller Kampfhandlungen, die nicht der Verteidigung dienen.« Der Commander ließ seine Worte einige Sekunden lang nachwirken, bevor er hinzufügte: »Ich hoffe doch, daß ich mich klar und verständlich ausgedrückt habe. Zur gegebenen Zeit werde ich Mittel und Wege finden, Sie von meiner bevorstehenden Rückkehr zu verständigen, sei es direkt, sei es auf Umwegen über INTERPLANAR XII.«
Es war so weit. Der Commander löste den Blick von der Uhr. Im Äther war es schlagartig lebendig geworden. Radarstationen und Raumpatrouillen schrien aufgeregt durcheinander. Der militärische Code war unverkennbar. Ich griff nach dem Regulator. Er fühlte sich auf sonderbare Art warm und feucht an, doch das lag nur daran, daß meine Hände vor Aufregung schwitzten. Niemand konnte vorhersagen, ob das Ablenkungsmanöver, daß die VOR-Drachen für uns flogen, gelingen würde. In den letzten Wochen war auf Befehl des Generals die Radarüberwachung des Raumes verstärkt worden. Ein unsichtbarer, aber lückenloser Sperrgürtel schirmte seinen Machtbereich ab, und was es hieß, sich mit seinen Kampfgeschwadern einzulassen, hatten wir am eigenen Leib bereits erfahren.
»Kümmern Sie sich nicht um das
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