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Mark Brandis - Unternehmen Delphin (Weltraumpartisanen) (German Edition)

Mark Brandis - Unternehmen Delphin (Weltraumpartisanen) (German Edition)

Titel: Mark Brandis - Unternehmen Delphin (Weltraumpartisanen) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Brandis
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schon. Ibaka verdankte mir sein Leben, richtiger gesagt: meinem Mut zum Ungehorsam.
    »Lieutenant«, sagte ich, »als der Pilot dieses Schiffes und als sein gegenwärtiger Commander« – ich betonte dieses Wort mit voller Absicht – habe ich nicht die Absicht, meine Handlungen vor Ihnen zu rechtfertigen.«
    Stroganow sagte hinter mir: »Ibaka hat recht, Sir, und Sie täten gut daran, es zuzugeben.«
    Die Situation geriet mir außer Kontrolle. Ich hatte meine Position als diensttuender Commander betont und nichts damit erreicht. Die darin eingebettete unausgesprochene Drohung erfüllte nicht ihren Zweck. »Lieutenant«, sagte ich, »Sie selbst waren Zeuge, als Commander Brandis den Befehl gab, das Schiff unmittelbar nach seinem Vonbordgehen zu starten!«
    Es war Ibaka, der darauf erwiderte: »Im strikten Befolgen von Befehlen waren Sie bis zu diesem Zeitpunkt nicht so gewissenhaft« – und in bewußter Absicht, mir meine Stellung an Bord zu verdeutlichen, fügte er hinzu: »Captain!«
    Stroganow griff über sich, öffnete eine Klappe und holte das rote Buch mit den Bordartikeln hervor. Langsam blätterte er es Seite für Seite durch, bis er gefunden hatte, wonach er suchte. »Artikel 103, Sir«, sagte er, »der sogenannte Ausnahmeparagraph. Er lautet: Stellt es sich im Verlauf einer Reise heraus, daß der Commander infolge physischer, psychischer oder moralischer Schäden nicht länger in der Lage ist, sein Kommando in voller Verantwortlichkeit durchzuführen, so ist er gehalten, dies an den Dienstältesten nach ihm zu übertragen .«
    Ich erriet, worauf er hinauswollte, aber die Macht, dies zu vereiteln, war mir entglitten. Autorität wird nur wirksam, wenn jemand sie anerkennt. Der Artikel 103, den Stroganow zitierte, war mir geläufig. Nie zuvor war er meines Wissens angewandt worden.
    Stroganow fuhr fort: »Es gibt da noch einen Zusatz, Sir, den ich Ihnen nicht vorenthalten möchte. Er heißt: Fehlt dem Commander aus einem der eingangs genannten Gründen hierzu die erforderliche Einsicht, so ist der Dienstälteste befugt, den Kommandowechsel aus eigenem, rechtfertigungspflichtigem Entschluß herbeizuführen .« Stroganow klappte das Buch zu. »Sir, unter Berufung auf Artikel 103 enthebe ich Sie als der Dienstälteste Ihres Kommandos. Ich bin bereit, dies zur gegebenen Zeit zu verantworten.«
    Ich hatte bis zuletzt nicht glauben wollen, daß er die Entschlossenheit aufbringen würde, so weit zu gehen.
    »Lieutenant«, sagte ich – und stellte mit Entsetzen fest, daß meine Stimme schwankte, »sind Sie sich darüber im Klaren, daß in diesem roten Buch auch der Meutereiartikel enthalten ist? Auf diesen Artikel werde ich mich berufen, sollte es je zu einer Verhandlung kommen. Weder mein physischer noch mein psychischer Zustand rechtfertigt Ihre Handlungsweise.« Ich löste mich aus meinen Gurten und stand auf. »Sehen Sie mich an, Lieutenant! Ich bin weder verwundet, noch bin ich geistesgestört.«
    Stroganow ließ sich durch meine Demonstration nicht beeindrucken. »Sir«, sagte er, »ich begründe meine Handlungsweise mit Ihrem moralischen Zustand. Alles Weitere mag das Kriegsgericht entscheiden. Darf ich Sie jetzt bitten, Ihren Platz wieder einzunehmen und den Kurs einzusteuern, den ich Ihnen nennen werde?«
    Ich wandte den Kopf. Ibakas Gesicht verriet, daß ich von ihm keine Unterstützung zu erwarten hatte.
    Der Vorwurf des moralischen Versagens traf tief. Auf einmal hatte ich weder Kraft noch Neigung, mich weiter gegen die beiden Lieutenants zu wehren. Vielleicht war ich zu diesem Zeitpunkt über mich selbst nicht völlig im klaren. Es war schwer, wenn nicht unmöglich zu entscheiden, wo in der erzwungenen Hast die Grenze verlaufen war zwischen meinem vernünftigen Entschluß, das Schiff zu retten, und jenem unterschwelligen Gefühl der Befriedigung, den Commander in ernsthaften Schwierigkeiten zu wissen. Mag dieses Gefühl auch nicht länger vorgehalten haben als einen Sekundenbruchteil: leugnen konnte ich es nicht. Erst hinterher hatten andere Empfindungen es abgelöst: Erschrecken und plötzliche Sorge.
    Ich senkte den Kopf. »Es scheint, daß mir nichts anderes übrigbleibt, als mich zu fügen«, sagte ich. »Ich jedenfalls bin überzeugt, daß der Commander meine Entscheidung nachträglich billigen wird.«
    Damit nahm ich meinen Platz wieder ein – gerade, als Ibaka sagte: »Ich fürchte, Sir, es gibt diesen Commander nicht mehr.«
    Darauf konnte ich nichts mehr erwidern.
    Stroganow schob mir einen

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