Markus, glaubst du an den lieben Gott? (German Edition)
deutschen Privatsender. „Die Dreisten Drei“ bereiten mir viel Freude. Als Schauspieler muss ich jedoch meine eigene Schamgrenze auch einige Male überschreiten, und davon lenken auch nicht der große Erfolg meiner Arbeit und die Prominenz ab.
Dazu ein Beispiel: Einige der lustigsten und zugleich umstrittensten Episoden in dieser erfolgreichsten Comedy-WG des deutschen Fernsehens sind die Sketche rund um den „durchgeknallten Pfarrer“, der sich am Altar, am Grab oder in der Sakristei durch skurriles Verhalten hervortut. Für viele gläubige Menschen sind diese Sketche eine Beleidigung. Meine Omi spricht mich eines Tages darauf an und verbindet ihre berechtigte Kritik mit einem Wunsch zu ihrem neunzigsten Geburtstag: „Markus, du hast Einfluss und bist erfolgreich. Auf dich schauen die Menschen. Ich bitte dich von Herzen, ich wünsche es mir von dir, dass du von dem ‚durchgeknallten Pfarrer‘ Abstand nimmst. Man wird dich anhören in der Produktionsfirma, du schaffst das.“ Richtig! Mein Chef, der Produzent von „Die Dreisten Drei“, stellt die Rubrik ein, und meine Omi ist glücklich. Ich auch – vorläufig!
Die Wiederholungen der besagten Pfarrer-Sketche laufen weiter im Fernsehen. Ich bitte um Vergebung, wenn ich damit jemanden in seinem Glauben verletze. Das Autorenteam der „Dreisten Drei“ denkt sich als Ersatz für den Pfarrer eine neue Rubrik aus: Markus als durchgeknallte Transsexuelle. Das ist nicht so fein. Ich muss eine ganze Staffel davon drehen. Doch als meine Omi mich auch darauf anspricht, da bin ich wieder voller Entschlossenheit, gehe zu meinem Chef und bewirke das Ende der Peinlichkeit. Der gute Mann steht auf Anstößiges, aber es ist mein Kopf, den ich in die Kamera halte. Ich bin ein Kind Gottes, ich muss mich heute nicht mehr verbiegen für einen Job und kann fröhlich nach vorne schauen.
Plötzlich höre ich eine Stimme in mir, ganz vorsichtig. Sie mahnt mich: „Vergeude deine Zeit nicht mit blödsinnigen Fernsehshows.“ Viele TV-Angebote wie Doku-Soaps, einige Comedy-Shows, Casting-Shows oder Contests befriedigen unsere Schadenfreude und betäuben dabei unser eigenes Bewusstsein, beschädigen im schlimmsten Fall unsere Persönlichkeit. Wo auf Kosten von Minderheiten gelacht wird und die Schwächen von Menschen vorgeführt werden, da sind Ausgrenzung und Diskriminierung nicht weit. Auch für uns als Schauspieler sind manche TV-Formate eine Zumutung. Man wird keinen professionellen Schauspieler in einer Sendung finden, in der sich Laiendarsteller Fäkalausdrücke an den Kopf werfen und ihren Mangel an Herzensbildung vor sich hertragen. Wie ein sturer Schutzschild der Dummheit ist meine eigene Haltung, wenn ich derartiges plötzlich in Sendungen sehe, die ich früher gerne geschaut habe, und ich mir einrede, das kann ich jetzt aushalten. Es ist Sonntag, 20 Uhr 15 – das muss einfach gut sein. Ich will jetzt gute Unterhaltung! Immerhin zahle ich Rundfunkgebühren! Doch vor meinen Augen werden Menschen der Lächerlichkeit preisgegeben. Ich stumpfe spürbar ab, werde einen Moment lang immun gegenüber diesem Schmutz und laufe mit entzündeten Augen durch die nächsten Tage.
Unser Zwergspitz hechelt wieder, da er spürt, jetzt ist der richtige Moment gekommen, den Ärger zu vergessen und einen Spaziergang mit Markus zu machen. „Beobachte dich selbst – Nächstenliebe und das Empfinden für soziale Gerechtigkeit baut nicht auf Schadenfreude auf. Warum schauen so viele Menschen weg, wenn sie vor ihrer Nase Gewalt gegen andere Menschen beobachten? Ich habe darauf einfach keine Antwort.
Wenn ich bestimmte Boulevardzeitungen lese, bekomme ich Juckreiz in den Fingern. Was die schreiben! Sie haben großen Einfluss, diese beliebten Zeitungen, und ihre Schreiber auch. Interessant ist: Sie schreiben in einer sehr zackigen Art. Das fällt mir immer wieder auf, und dann denke ich: Ist das spritzig! Und es liest sich auch gut: einfach zusammenhanglos zitieren und unbefangen bewerten. Ach, herrlich! Ich hab etwas herausgefunden: Es liest sich deshalb so spritzig, weil die unter Platzmangel leiden. Das ist ein heikles Thema bei denen.
Ich werde hier für sie einen Stab brechen: Die Schreiber, die ich meine, gelten als boshaft und rücksichtslos, nur weil sie Informationen kurz und knapp auf den Punkt bringen können. Einige Leser beschweren sich darüber, dass diese Schreiber die Verantwortung als Meinungsmacher missbrauchen. Das geht mir zu weit. Ich sage, in erster Linie wollen die in
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