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Marlon, die Nummer 10

Marlon, die Nummer 10

Titel: Marlon, die Nummer 10 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joachim Masannek
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hatte, ein Wilder Fußballkerl zu sein: ,So wie du jetzt spielst, bringst du uns nichts. So werden wir bei der Qualifikation für die Kinderfußball-Weltmeisterschaft scheitern. Und dann wird einer nach dem anderen gehen. Dann gibt es die Wilden Kerle nicht mehr.‘ Ja, und deshalb hockte ich mich nach dem Training enttäuscht und mutlos ins Gras. Ich fuhr nicht mit dem Wilden Pulk heim. Ich saß da und wünschte mich in mein Krankenhauszimmer zurück. Da kam Willi zu mir.
    Er setzte sich neben mich und zupfte so lange Kleeblätter aus, bis er eins mit vier Blättern fand. Dann brach er das Schweigen.
    „Du wusstest, dass es hart werden wird“, sagte er.
    „Ja“, nickte ich. „Aber nicht so.“
    „Was meinst du damit?“, fragte er und schaute mich an.
    Ich schniefte und wischte mir die Tränen aus dem Gesicht.
    „Es ist, ich meine ...“, stammelte ich. „Ich hab gedacht, es geht nur um diese sechs Wochen, weißt du? Die Wochen, die ich im Krankenhaus war. Ich hab gedacht, ich bin außer Form. Ich muss nur meine Beine trainieren und ein bisschen Spielpraxis kriegen. Aber darum geht es gar nicht. Verflixt! Es geht um viel mehr.“
    „Ach ja?“, horchte Willi jetzt auf. „Das klingt aber gut, finde ich.“

    „Nein. Das tut es nicht!“, widersprach ich empört. „Ich hab meinen Glauben verloren. Meinen Glauben an mich und meine Intuition. Willi, ich trau mir überhaupt nichts mehr zu. Sobald ich den Ball krieg, bekomme ich Angst. Ich weiß nämlich sofort, dass ich ihn wieder verlier. Und das war früher ganz anders. Da hab ich gar nicht erst nachgedacht. Da kam diese Musik. Die hab ich gehört und dann ging alles von selbst. So wie beim letzten Tor gegen Solln .“
    „Aber das hat doch Rocce gemacht!“, sagte Willi und schaute mich herausfordernd an. „Hast du das etwa vergessen?“
    „Nein, aber was hat das damit zu tun?“, fragte ich wirsch.
    „Nun“, zuckte Willi die Achseln. „Wenn ich mich richtig erinnere, war Rocce der Einzige, der dich damals verstanden hat.“
    „Ja, aber Rocce war schuld an dem Unfall!“, widersprach ich.
    „Ach ja? Bist du dir da absolut sicher?“, fuhr mir Willi über den Mund. „Hat dich wirklich überhaupt nichts gewarnt? Marlon, denk doch mal nach. Ich dachte, damals hattest du noch deine Intuition.“
    Ich blitzte ihn an. Nein, ich wollte nicht an meinem Unglück schuld sein. Doch dann fiel mir der dunkle Ton wieder ein. Der Ton, den ich bei unserem Gokart-Rennen die ganze Zeit gehört hatte und den ich so lange ignorierte, bis ...
    Ich senkte den Kopf und zupfte Kleeblätter aus.
    „Siehst du. Was hab ich gesagt?“ Willi lächelte jetzt. „Und wie fühlt sich das an? Ist es nicht irgendwie besser? Ich mein, wenn man immer nur den andern die Schuld gibt, dann macht man sich selber zum Opfer. Und wenn man ein Opfer ist, kann man nichts tun, habe ich Recht?“
    Ich zupfte weiter Kleeblätter aus, aber ich nickte.
    „Gut!“, sagte Willi und machte mir Mut. „Doch jetzt ist das anders. Jetzt hast du selbst die Verantwortung übernommen. Jetzt kannst du handeln.“
    „Aber wie?“, wehrte ich mich. „Was soll ich denn tun?”
    „Du sollst dir deine Intuition zurückholen!“, grinste Willi verschmitzt.
    „Und wie?“, fragte ich.
    „Nun, ich denke, am besten mit dem, der sie auch am besten versteht?“
    „Mit Rocce?“, fragte ich und wollte es einfach nicht glauben.
    „Ja“, sagte Willi. „Er ist doch dein Freund.“
    Und als ob das ein Zauberwort war, fiel mir eine ganze Güterzugladung Geröll von der Brust. Ich schaute auf meine Hand. Auch ich hatte ein Kleeblatt mit vier Blättern gefunden.
    „Ja, und ob er das ist!“, rief ich und sprang sofort auf. Ich sprang auf mein Fahrrad und raste nach Haus. Sofort morgen, noch in der Schule, wenn Rocce aus der Türkei zurückgekehrt war, wollte ich sein Angebot annehmen. Ich wollte mit ihm zusammen seinen Vater trainieren. Doch ich freute mich leider zu früh. Nein, das stimmte nicht ganz. Ich freute mich viel zu spät, denn am nächsten Tag kam Rocce nicht mehr in die Schule.

Die schwarzen Panther kehren zurück
    „Er ist in der Türkei! Er ist nicht mehr zurückgekommen. Er geht schon dort in die Schule. Er wird für immer dort leben, weil sein Vater ab jetzt in Istanbul spielt.“
    Das Radiointerview fiel mir siedendheiß ein. Giacomo Ribaldo hatte es selber gesagt: „Ich habe sehr lange mit dem FC Bayern verhandelt.“
    Jetzt war es zu spät. Rocce war weg. Ich konnte nicht mehr mit ihm

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