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Mars Trilogie 1 - Roter Mars

Mars Trilogie 1 - Roter Mars

Titel: Mars Trilogie 1 - Roter Mars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Stanley Robinson
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Luftdruck im Sommer um 130 Millibar, bei einer Mischung aus rund achtzig Prozent Kohlendioxid und zehn Prozent Sauerstoff, wobei der Rest meistens Stickstoff aus den neuen Pflanzen war, die Stickstoff produzierten. Es war noch nicht klar, ob diese das CO 2 mit Sauerstoff und den anderen Gasen übertreffen würden; aber Sax schien bisher mit ihrem Fortschritt zufrieden zu sein. An einem windigen Tage auf der Böschung war es gewiß deutlich, daß die Luft dichter wurde. Sie fühlte sich gewichtiger an, streute schweren Sand und verdunkelte die Nachmittage zur Farbe eines Skarabäus. Und bei stärksten Stürmen konnten die Böen einen leicht umwerfen. Frank stoppte eine katabatische Bö mit vierhundert Kilometern in der Stunde. Es war ein Glück, daß alle sich in den Rovern befanden, als ein solch harter Windstoß eintrat.
     
    Die Karawane war ein mobiles Bergwerksunternehmen. Metalle und erzhaltige Minerale wurden auf dem Mars überall und in allen Konzentrationen entdeckt; aber als Besonderheit fanden die arabischen Prospektoren heraus, daß eine Menge Sulfide auf der Großen Böschung und den Ebenen unmittelbar darunter sehr dünn verteilt waren. Die meisten dieser Lagerstätten wiesen Konzentrationen und Gesamtmengen auf, die die Anwendung konventioneller Montanverfahren nicht rechtfertigen würden. Darum beschäftigten sich die Araber in Pionierfunktion mit neuen Extraktionsund Verarbeitungsmethoden. Sie hatten eine Kolonne mobilen Geräts gebaut, wobei sie Baufahrzeuge und Mutungsrover ihren Zwecken entsprechend umkonstruiert hatten. Dabei kamen große, segmentierte Maschinen zustande, die ganz ähnlich wie Insekten aussahen. Sie wirkten wie Geschöpfe aus dem Alptraum eines Lastwagenmechanikers. Diese Kreaturen wanderten in lockeren Karawanen über die Große Böschung und suchten nach diffus an der Oberfläche verteilten Schichten von Kupferlagern, vorzugsweise solchen mit hohem Gehalt an Tetrahedrit oder Chalkozit, so daß sie als Nebenprodukt zum Kupfer auch noch Silber gewinnen konnten. Hatten sie eine derartige Stelle gefunden, hielten sie an, um - wie sie sagten - ans Ernten zu gehen.
    Während sie das taten, fuhren Mutungsrover auf der Böschung voraus in Expeditionen von einer Woche oder zehn Tagen. Dabei folgten sie den alten Strömen und Spalten. Als Frank angekommen war, hatte Zeyk ihn begrüßt und ihm freigestellt zu tun, was immer er möchte. Also übernahm Frank einen Mutungsrover und fuhr mit ihm auf Solo-Expeditionen. Er pflegte draußen eine Woche zu verbringen, trödelte herum mit automatischer Suche, las den Seismographen, Sonden und Wetterinstrumente ab, machte gelegentlich eine Bohrung und beobachtete die Himmelserscheinungen.
     
    Überall in beiden Welten sahen Beduinensiedlungen von außen schäbig aus. Bei abgebauten Zeltkuppeln boten sie ein Bild ohne Fenster mit dicken Wänden, als ob sie ständig nach vorn geneigt wären, um sich vor der Hitze der Wüste zu schützen. Erst wenn man hineinging, sah man, was alles geschützt war - die Höfe, Gärten, Fontänen, Vögel, Treppen, Spiegel und Arabesken.
    Die Große Böschung war ein seltsames Land, in nordsüdlicher Richtung durchzogen von Canyonsystemen, entstellt durch alte Krater, überflutet von Lava, zerteilt in Buckel, Karstplateaus, Mesas und Grate, und das alles auf einem steilen Abhang, so daß man von jedem Felsblock oder Hügel bis weit nach Norden hinunterschauen konnte. In seinen einsamen Reisetagen überließ Frank dem Mutungsprogramm die meisten Entscheidungen und ließ das Land an sich vorbeiziehen: still, riesig, zerrissen wie die tote Vergangenheit selbst. Die Tage vergingen, und die Schatten drehten sich. Am Morgen wirbelten die Winde den Hang empor und in den späten Nachmittagen abwärts. Wolken drängten sich am Himmel, von niedrigen Nebelklumpen, die über die Felsen hüpften, bis zu hohen Cirrusfetzen und gelegentlichen Gewitterköpfen, die die ganze Distanz überspannten, solide Wolkenmassen von siebentausend Metern Höhe.
    Gelegentlich schaltete er das Fernsehen ein und verfolgte den arabischen Nachrichtenkanal. Manchmal in morgendlicher Stille schimpfte er darüber. Ein Teil von ihm war ärgerlich über die Stupidität der Medien und der von ihnen verkauften Ereignisse. Die Dummheit der menschlichen Rasse, die sich darin tummelte. Nur erschien die überwältigende Masse der Menschheit nie im Fernsehen, nicht einmal im Leben, nicht einmal in den Szenen, wo eine Kamera über den Pöbel schwenkte. Dort lebten die

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