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Mars Trilogie 1 - Roter Mars

Mars Trilogie 1 - Roter Mars

Titel: Mars Trilogie 1 - Roter Mars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Stanley Robinson
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Terraner immer noch in enormen Regionen, wo Dorfleben sich dahinschleppte, wie es immer gewesen war. Vielleicht war das eine von alten Weibern und Schamanen vertretene Weisheit. Vielleicht. Aber es war schwer zu glauben, denn man sah, was geschah, wenn sie sich in Städten sammelten. Idioten auf Video, Geschichte im Entstehen. »Man kann sagen, daß die Verlängerung menschlichen Lebens definitionsgemäß eine große Wohltat ist.« So etwas reizte ihn zum Lachen. »Hast du noch nie von Sekundäreffekten gehört, du Mistvieh?«
    Eines Abends sah er einen Bericht über die Düngung des Antarktischen Ozeans mit Eisenstaub, der als zusätzliche Nahrung für Phytoplankton dienen sollte, eine Population, die ohne klaren Grund alarmierend abnahm. Der Eisenstaub wurde aus Flugzeugen abgeworfen. Es sah aus, als ob sie eine Art von Feuer unter dem Meeresspiegel bekämpften. Das Projekt würde jährlich zehn Milliarden Dollar kosten und müßte auf immer fortgesetzt werden; aber man hatte berechnet, daß um den Preis eines Jahrhunderts Düngung die globale Konzentration von Kohlendioxid um fünfzehn Prozent plus oder minus zehn Prozent herabsetzen würde; und angesichts der ständigen Erwärmung und entsprechenden Bedrohung der Küstenstädte, geschweige denn des Todes der meisten Korallenriffe der Welt, hatte man befunden, daß das Projekt soviel wert wäre. »Ann wird sich darüber freuen«, knurrte Frank. »Jetzt wird die Erde terrageformt.«
    Bei jedem Stimmausbruch löste sich ein Knoten in seiner Brust. Er wurde sich bewußt, daß ihn niemand beobachtete und niemand zuhörte. Die winzige imaginäre Zuhörerschaft in seinem Kopf existierte nicht. Niemand verfolgt die Filme unseres Lebens. Kein Freund oder Feind würde je erfahren, was er hier machte. Er konnte tun, was immer ihm gefiel. Die Normalität sei verflucht. Offenbar war es dies, wonach er sich gesehnt und was er instinktiv gesucht hatte. Er konnte losgehen und den ganzen Nachmittag Steine von der Seite eines Karstes hinuntertreten; oder schreien; oder Aphorismen in den Sand schreiben; oder Schmähungen gegen die Monde ausstoßen, die über den Südhimmel torkelten. Er konnte sich über Mahlzeiten beschweren oder das Fernsehen beschimpfen; er konnte Gespräche mit seinen Eltern oder verlorenen Freunden führen, mit dem Präsidenten oder John oder Maya. Er konnte lange weitschweifige Einträge in sein Notizbuch machen: Teile einer soziobiologischen Weltgeschichte, ein Journal, eine philosophische Abhandlung, einen pornographischen Roman (er konnte masturbieren), eine Analyse der arabischen Kultur und ihrer Geschichte. Er tat all dies, und wenn er und sein Prospektor zu den Karawanen zurückrollten, fühlte er sich wohler, leerer, ruhiger. Eigentlich eher hohl. Wie die Japaner hilfreich gesagt hatten: »Leben ist, wenn du schon tot bist.«
     
    Aber die Japaner waren fremdartig. Und das Leben mit den Arabern schärfte seinen Sinn dafür, wie fremdartig auch diese waren. Gewiß waren sie ein Teil der Menschheit des einundzwanzigsten Jahrhunderts, eingesponnen wie jeder andere auch in eine Schutzhülle aus Technik in jedem Moment ihres Lebens und eifrig damit beschäftigt, die Filme ihres Lebens zu drehen und anzuschauen. Aber dennoch beteten sie drei- bis sechsmal am Tag, verbeugten sich bis zum Boden, wenn es der Morgen- oder Abendstern war. Und der Grund dafür, weshalb ihre Techno-Karawanen ihnen eine so große und auffällige Freude machten, lag darin, daß diese Karawanen eine äußere Manifestation dieser Hinwendung der modernen Welt zu ihren alten Zielen waren. Zeyk pflegte zu sagen: »Die Aufgabe des Menschen ist die Verwirklichung von Gottes Willen in der Geschichte. Wir können die Welt auf Weisen verändern, die helfen, den göttlichen Plan zu aktualisieren. Das ist immer unsere Art gewesen. Der Islam sagt, daß die Wüste nicht Wüste bleibt und der Berg nicht Berg. Die Welt muß nach dem göttlichen Plan umgeformt werden, und das ist es, was im Islam Geschichte bedeutet. Al-Qahira stellt uns die gleiche Herausforderung wie die alte Welt, nur in reinerer Form.« So sprach er zu Frank, wenn sie in seinem Rover in der Runde saßen, in seiner kleinen Residenz. Diese Familienrover waren zu privaten Reservaten geworden, zu Räumen, in die Frank selten eingeladen wurde, und dann nur von Zeyk. Bei jedem Besuch war er von neuem überrascht. Von außen war der Rover unauffällig: groß, mit verdunkelten Fenstern, einer von mehreren, die zusammen geparkt waren mit

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