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Mars-Trilogie 2 - Grüner Mars

Mars-Trilogie 2 - Grüner Mars

Titel: Mars-Trilogie 2 - Grüner Mars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Stanley Robinson
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fuhr Sax mit einem der großen äußeren Aufzüge auf Branch Mesa, die nördlich vom Zentralpark lag, und konnte von diesem Plateau aus sehen, daß die nördlichen Ausläufer der Stadt die ganze Strecke bis zur Kuppelbasis mit Bauplätzen übersät waren. Es liefen sogar einige Arbeiten um einige der entfernten Mesas außerhalb der Kuppel. Offenbar war eine kritische Masse im Sinne der Gruppenpsychologie erreicht worden, eine Art Herdeninstinkt, der diese Stadt zur Hauptstadt gemacht hatte, zum sozialen Magneten und dem Herzen der Aktivität. Gruppendynamik war bestenfalls komplex und sogar (er schnitt eine Grimasse) unerklärlich.
     
    Das war wie immer ungünstig, weil Biotique Burroughs wirklich eine sehr dynamische Gruppe bildete. Und in den folgenden Tagen stellte Sax fest, daß es nicht einfach war, seinen Platz in der Fülle von Wissenschaftlern zu bestimmen, die an dem Projekt arbeiteten. Er hatte die Geschicklichkeit verloren, in einer neuen Gruppe seinen Weg zu finden, sofern er sie je gehabt hatte. Die Formel, um die Zahl möglicher Beziehungen in einer Gruppe zu beherrschen, war n(n-l)/2, wo n die Anzahl der Individuen in der Gruppe ist, so daß für die 1000 Menschen in Biotique Burroughs sich 499500 mögliche Beziehungen ergaben. Dies schien für Sax jenseits jeder Möglichkeit zu liegen, es zu begreifen. Selbst die 4950 möglichen Beziehungen in einer Gruppe von 100, die hypothetische >Planungsgrenze< für die Größe menschlicher Gruppen, erschien plump. In Underhill war es wirklich so gewesen, wo sie eine Gelegenheit gehabt hatten, das zu prüfen.
     
    Es war also wichtig, in Biotique eine kleinere Gruppe zu finden, und Sax machte sich so ans Werk. Es war gewiß sinnvoll, sich zuerst auf sein Labor zu konzentrieren. Er war als Biophysiker dort eingetreten, was riskant war, ihn aber dorthin brachte, wo er in der Firma sein wollte. Und er hoffte, daß er sich würde behaupten können. Falls nicht, könnte er erklären, daß er von der Physik zur Biophysik gekommen wäre, was auch stimmte. Sein Boss war eine Japanerin namens Ciaire, dem Aussehen nach mittleren Alters, eine sehr kongeniale Frau, die ihr Labor vorzüglich leitete. Bei seiner Ankunft setzte sie ihn an die Arbeit mit dem Team, das Pflanzen der zweiten und dritten Generation für die vergletscherten Gebiete der nördlichen Hemisphäre entwickelte. Diese neu hydrierten Milieus boten enorme neue Möglichkeiten für botanische Planung, da die Konstrukteure nicht mehr alle Spezies auf Xerophyten der Wüste gründen mußten. Sax hatte das vom allerersten Moment an kommen sehen, als er die Flut sah, die von Ius Chasma nach Melas hinunterdonnerte im Jahr 2061. Und jetzt, vierzig Jahre später, konnte er wirklich etwas dafür tun.
     
    Also stieg er sehr vergnügt in die Arbeit ein. Zuerst mußte er sich aufs laufende bringen über das, was schon dort in den Gletschergebieten ausgesetzt worden war. Er las gierig auf seine übliche Art, sah Videobänder an und erfuhr, daß bei der immer noch so dünnen und kalten Atmosphäre das Ganze auf der Oberfläche freigesetzte Eis sublimierte, bis' seine exponierten Flächen zu einem feinen Gitterwerk zerfressen waren. Das bedeutete, es gab Milliarden kleiner und großer Löcher, in denen Leben wachsen konnte, direkt auf dem Eis. Und so gehörten zu den ersten Formen, die weit verbreitet wurden, Spielarten von Schnee- und Eisalgen. Diese Algen waren verstärkt worden durch preatophytische Merkmale; denn selbst wenn Eis zunächst rein war, wurde es von Salz verkrustet durch den allgegenwärtigen vom Wind verwehten Grus. Die genetisch modifizierten salzverträglichen Algen hatten sich sehr gut bewährt. Sie wuchsen in den gelöcherten Oberflächen der Gletscher und manchmal direkt in das Eis hinein. Und weil sie dunkler waren als das Eis, rötlich oder schwarz oder grün, hatte das Eis unter ihnen die Neigung zu schmelzen, besonders an Sommertagen, wenn die Temperaturen deutlich über dem Gefrierpunkt lagen. So hatten tagsüber kleine Rinnsale begonnen, von den Gletschern und entlang ihrer Ränder herunterzuströmen. Diese feuchten moränenartigen Gebiete ähnelten einigen polaren und alpinen Gegenden der Erde. Bakterien und größere Pflanzen aus diesen terrestrischen Landschaften, genetisch verändert, um die penetrante Salzigkeit zu vertragen, waren zuerst vor einigen M-Jahren von Biotique ausgesät worden; und die Pflanzen gediehen zum größten Teil so wie früher die Algen.
    Jetzt versuchten die

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