Mars-Trilogie 2 - Grüner Mars
schiefgegangen ist und erfror, und daß wir jetzt gerade wieder anfangen.«
Sie murrte darüber, und er hielt inne. Er wußte, daß sie an eine Art von innerem, natürlichem Wert für die mineralische Realität des Mars glaubte. Das war eine Version von dem, was die Leute als Landethik bezeichneten, aber ohne die Biota des Landes. Man könnte sagen: Stein-Ethik. Ökologie ohne Leben. Wirklich ein spezifischer Wert!
Er seufzte. »Vielleicht ist es gerade das, wenn man über einen Wert spricht. Die Begünstigung lebender Systeme gegenüber nicht lebenden. Ich meine, daß man Werten nicht entrinnen kann, wie du sagst. Es ist seltsam ... Meistens bin ich bestrebt, die Dinge klar zu machen. Warum sie so funktionieren, wie sie es tun. Aber wenn du mich fragst, warum ich das will - oder was ich wünsche, das hätte geschehen sollen, auf was hin ich arbeite ...«Er zuckte die Achseln und bemühte sich um Selbstverständnis. »Das ist schwer auszudrücken. Irgend etwas wie einen Nettogewinn an Information. Einen Reingewinn an Ordnung.« Für Sax war das eine gute funktionale Beschreibung des Lebens selbst, von dessen Antagonie zur Entropie. Er hielt Ann die Hand hin in der Hoffnung, daß sie das verstehen und mindestens dem Paradigma ihrer Diskussion zustimmen würde, einer Definition des letzten Zieles der Wissenschaft. Schließlich waren sie doch beide Wissenschaftler, und es war ihr gemeinsames Unterfangen.
Aber sie sagte bloß: »So zerstörst du das Antlitz eines ganzen Planeten. Eines Planeten mit einer klaren, Milliarden von Jahren alten Vergangenheit. Das ist nicht Wissenschaft. Es schafft einen geplanten Naturpark.«
»Es ist Anwendung von Wissenschaft für einen speziellen Wert. Einen, an den ich glaube.«
»Wie die Transnationalen auch.«
»Das vermute ich.«
»Es hilft ihnen sicher.«
»Es hält alles am Leben.«
»Bis es sie tötet. Das Terrain ist destabilisiert. Jeden Tag gibt es Erdrutsche.«
»Stimmt.«
»Und sie töten. Pflanzen, Menschen. Das ist schon passiert.«
Sax wedelte mit der Hand, und Ann sah ihn mit einer jähen Kopfbewegung an.
»Was ist das? Der unvermeidliche Mord? Was für ein Wert ist das?«
»Nein, nein. Ann, es gibt Unfälle. Die Leute müssen auf gewachsenem Fels bleiben, außerhalb der Erdrutschzonen. So etwas. Vorläufig.«
»Aber weite Gebiete werden zu Schlamm werden oder völlig überschwemmt werden. Wir sprechen über den halben Planeten.«
»Das Wasser wird nach unten ablaufen. Wasserscheiden bilden.«
»Du denkst an ertränktes Land. Und einen völlig anderen Planeten. Oh, das ist schon ein feiner Wert! Und die Leute, die den Wert des Mars schätzen, wie er ist... Wir werden auf jedem Schritt des Weges gegen euch kämpfen.«
Er seufzte. »Ich wünsche, ihr tätet das nicht. Gegenwärtig würde eine Biosphäre uns mehr helfen als den Transnationalen. Diese können von den Kuppelstädten aus operieren und die Oberfläche mit Robotern bergmännisch ausbeuten, während wir uns verstecken und die meisten unserer Anstrengungen auf Geheimhaltung und Überleben konzentrieren. Wenn wir überall auf der Oberfläche leben könnten, wäre das für alle Arten von Widerstand viel einfacher.«
»Für alles außer Widerstand der Roten.«
»Ja, aber worauf kommt es jetzt gerade an?«
»Mars. Einfach Mars. Der Ort, den du nie kennengelernt hast.«
Sax schaute zu der weißen Kuppel über ihnen auf und fühlte Schmerz wie einen plötzlichen Anfall von Arthritis. Es war nutzlos, mit ihr zu diskutieren.
Aber irgend etwas in ihm veranlaßte ihn, es weiter zu versuchen. »Schau, Ann, ich bin ein Befürworter von dem, was die Menschen das minimal lebensfähige Modell nennen. Dieses verlangt eine atembare Atmosphäre von nur bis etwa zwei bis drei Kilometern Höhe. Darüber würde die Luft für Menschen zu dünn sein, und es würde überhaupt nicht viel Leben irgendwelcher Art geben - einige Pflanzen für große Höhen, und darüber nichts, oder nichts Sichtbares. Das vertikale Relief des Mars ist so extrem, daß es weite Regionen geben kann, die oberhalb des größten Teils der Atmosphäre bleiben. Das ist ein Plan, den ich für sinnvoll halte. Er drückt eine verständliche Anzahl an Werten aus.«
Sie antwortete nicht. Das war wirklich enttäuschend. Einmal, bei einem Versuch, Ann zu verstehen, mit ihr reden zu können, hatte er sich näher mit der Philosophie der Wissenschaft beschäftigt. Er hatte allerhand Material gelesen und sich besonders auf die LandEthik und das Grenzgebiet
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