Mars-Trilogie 3 - Blauer Mars
genau da steckt ein Fehler in der Verfassung. Gut, daß ihr es so bald gemerkt habt. Beschränkt euch auf gewählte Gesetzgeber und laßt die Gruppenidee fallen!«
»Fallen lassen?«
»Und dann habt ihr immer noch viele gute Leute.« Damit zog sie sich zurück.
Sie waren aber hartnäckig und sie kamen immer wieder. In immer neuen Kombinationen; und Nadia rannte gegen die sich verengende Lücke zwischen den Zähnen der Falle an. Am Ende war es so weit, daß sie bettelten. Eine ganze kleine Delegation war gekommen. Es war jetzt der entscheidende Zeitpunkt für die neue Regierung. Sie brauchten einen Exekutivrat, der allgemeines Vertrauen genoß. Der müßte mit als erstes auf den Weg gebracht werden. Der Rest würde folgen. Der Senat war gewählt, die Duma war einberufen worden. Jetzt wählten die zwei Häuser die sieben Mitglieder des Exekutivrates. Zu den als Kandidaten genannten Personen gehörten Mikhail, Zeyk, Peter, Marina, Etsu, Nanao, Ariadne, Marion, Irishka, Antar, Rashid, Jackie, Charlotte, die vier Gesandten zur Erde und einige weitere, die Nadia erst im Lagerhaus kennengelernt hatte. »EineMenge Leute«, erinnerte Nadia sie. Das war die vielköpfige Revolution.
Manche Leute waren jedoch mit der Liste nicht zufrieden, wie sie Nadia wiederholt erklärten. Sie waren es gewohnt, daß sie für ein ausgeglichenes Zentrum sorgte, sowohl während des Kongresses als auch während der Revolution und davor bei Dorsa Brevia genau wie während der ganzen Jahre des Untergrunds und ganz von Anfang an. Die Leute wollten sie als mäßigenden Einfluß im Rat haben, einen kühlen Kopf, eine neutrale Partei.
»Raus mit euch«, sagte sie, plötzlich wütend, obwohl sie selbst nicht sagen konnte, warum. Sie waren besorgt und erregt, als sie ihren Zorn sahen. »Ich werde darüber nachdenken«, sagte sie, während sie sie hinausdrängte, nur um sie in Bewegung zu halten.
Endlich waren nur noch Charlotte und Art da. Sie machten ernste Gesichter und sahen aus, als hätten sie nichts dazu beigetragen, daß all dies geschehen war.
»Sie scheinen dich im Exekutivrat haben zu wollen«, sagte Art.
»Halt den Mund!«
»Es ist aber so. Sie wollen jemanden, dem sie vertrauen können.«
»Du meinst, sie wollen jemanden, vor dem sie keine Angst haben. Sie wollen eine alte Babuschka, die nicht versuchen wird, irgend etwas zu unternehmen, damit sie ihre Gegner vom Rat fernhalten und ihre eigenen Tagesordnungen verfolgen können.«
Art runzelte die Stirn. Das hatte er nicht bedacht. Er war zu naiv.
»Du weißt«, sagte Charlotte nachdenklich, »eine Verfassung ist eine Art Blaupause. Eine richtige funktionierende Regierung daraus zu machen, ist der eigentliche konstruktive Akt.«
»Schluß!« sagte Nadia.
Aber am Ende sagte sie doch zu. Sie waren unbarmherzig, in überraschend großer Anzahl, und es machte nicht den Anschein, daß sie vorhätten, aufzugeben. Sie wollte nicht als Drückeberger erscheinen. Und so ließ sie die Falle an ihrem Bein zuschnappen.
Die Legislaturen traten zusammen, die Abstimmung fand statt. Nadia wurde als eine der Sieben gewählt, zusammen mit Zeyk, Ariadne, Marion, Peter, Mikhail und Jackie. Am gleichen Tage wurde Irishka zur obersten Richterin des Globalen Umwelthofes gewählt, ein echter Erfolg für sie persönlich und die Roten allgemein. Das war ein Teil der >großen Geste<, die Art am Ende des Kongresses ausgehandelt hatte, um die Unterstützung der Roten zu erhalten. Etwa die Hälfte der neuen Richter waren Rote der einen oder anderen Schattierung, was nach Nadias Meinung eine etwas zu großartige Geste war.
Unmittelbar nach diesen Wahlen kam eine andere Delegation zu ihr, diesmal angeführt von ihren Ratskollegen. Sie hatte das höchste Stimmergebnis in beiden Häusern erzielt, wie sie ihr sagten; und darum wollten sie sie zur Ratspräsidentin wählen.
»O nein!« sagte sie. Sie nickten gewichtig. Die Präsidentin war bloß ein Mitglied des Rates, sagten sie ihr, eine unter gleichen. Es handele sich nur um eine zeremonielle Position. Dieser Arm der Regierung war nach Schweizer Vorbild gestaltet; und die Schweizer wüßten gewöhnlich nicht einmal, wer ihr Präsident war. Diese Art der Argumentation. Obwohl sie natürlich ihre Zustimmung brauchten Qackies Augen glitzerten dabei leicht), ihr Einverständnis, daß sie den Posten annehmen würde.
»Raus mit euch!« sagte sie wieder.
Nachdem sie fort waren, saß Nadia zusammengesunken in ihrem Sessel und fühlte sich bestürzt.
»Du bist
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