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Mars-Trilogie 3 - Blauer Mars

Mars-Trilogie 3 - Blauer Mars

Titel: Mars-Trilogie 3 - Blauer Mars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Stanley Robinson
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oder Kontrahenten frei zu agieren, in zeitweiliger Zusammenarbeit oder Opposition mit gleichen Partnern, je nach den Umständen. Es bestand einfach keine Notwendigkeit für formalere Vereinbarungen. Die Frau schloß: »All dieses Allianz-Zeug riecht nach Kontrolle von oben. Auf dem Mars ruf ihr das ja auch nicht; warum es hier ausprobieren?«
    »Wir tun es sehr wohl auf dem Mars«, versicherte Marie. »Das Maß der Kontrolle hängt von dem Komplex kleinerer Systeme darunter ab und ist nützlich für die Behandlung von Problemen auf holistischer Ebene. Und jetzt auf der interplanetaren Ebene. Ihr verwechselt Totalisation mit Totalitarismus. Das ist ein gravierender Fehler.«
    Sie waren keineswegs überzeugt. Vernunft mußte von Hebelkraft unterstützt werden. Und deshalb war Zo mitgekommen. Und die Anwendung von Druckmitteln würde leichter fallen, wenn die Überlegung vorher so dargelegt wurde.
    Ann blieb während des ganzen Essens schweigsam, bis die allgemeine Diskussion endete und die Mirandagruppe ihre Fragen stellte. Da wurde sie munter, wie eingeschaltet, und fragte sie ihrerseits nach der laufenden lokalen Planetologie, der Klassifikation verschiedener Gebiete von Miranda als Teile der zwei kollidierten Planetesimale, nach der neueren Theorie, wonach die kleinen Monde Ophelia, Desdemona, Bianca und Puck bei der Miranda-Kollision ausgeschleuderte Teile seien und so weiter. Ihre Fragen waren detailliert und verständig. Die Wächter waren aufgeregt und begeistert. Ihre Augen waren so groß wie die von Lemuren. Auch die übrigen Uranianer waren erfreut, Anns Interesse festzustellen. Sie war Die Rote. Jetzt verstand Zo, was das wirklich bedeutete. Sie war eine der berühmtesten Personen der Geschichte. Und es schien möglich, daß alle Uranier etwas Rot in sich hatten. Anders als die Siedler der Systeme von Jupiter und Saturn hatten sie keine Pläne für langfristiges Terraformen; sie wollten für den Rest ihres Lebens in Kuppeln wohnen und auf den urtümlichen Fels hinausgehen. Und sie fühlten, zumindest ihre Wächtergruppe, daß Mfranda so ungewöhnlich war, daß man sie völlig in Ruhe lassen müßte. Das war natürlich eine Rote Idee. Nichts, was die Menschen hier taten, sagte ein uranischer Roter, würde etwas anderes bewirken, als das zu vermindern, was am wertvollsten wäre. Sie hatte einen Wert an sich, der sogar ihren Wert als planetologisches Exemplar überstieg. Miranda hatte ihre eigene Würde.
    Ann paßte genau auf, als man das sagte; und Zo sah in ihren Augen, daß sie nicht zustimmte oder auch nur ganz verstand. Für sie war es eine Sache der Wissenschaft, für diese Leute jedoch eine Sache des Geistes. Zo sympathisierte eigentlich mehr mit der Ansicht der Lokalen als der von Ann mit ihrem verkrampften Beharren auf dem Objekt. Aber das Resultat war dasselbe. Beide enthielten die Rote Ethik in reiner Form: Natürlich kein Terraformen auf Miranda, auch keine Kuppeln, Zelte oder Spiegel. Nur eine einzige Station für Besucher und einige wenige Start- und Landeplätze für Raketen (obwohl selbst das innerhalb der Gruppe der Wächter umstritten war); alles verboten außer sanftem Fußverkehr und Raketensprüngen, die hoch genug über die Oberfläche führten, daß die Staubschicht nicht verletzt würde. Die Gruppe der Wächter verstand Miranda als Wildnis, durch die man wandern, auf der man aber niemals leben konnte, und die nie verändert werden dürfte. Eine Welt für Bergsteiger oder, noch besser, für Flieger. Die man sich ansah und nichts weiter. Ein natürliches Kunstwerk.
    Ann nickte bei all diesem. Und da war es nun in ihr, etwas mehr als die quälende Angst, eine Leidenschaft für Fels, für eine Welt aus Stein. Fetischismus konnte sich auf alles fixieren. Und alle diese Leute teilten den gleichen Fetisch. Zo fand es drollig, unter ihnen zu sein. Drollig und verlockend, ihr Hebelpunkt wurde jetzt deutlich. Die Wächterguppe hatte eine Fähre nach Miranda besorgt, um Ann diesen Mond zu zeigen. Niemand sonst würde dort sein. Ein privater Ausflug zu dem seltsamsten aller Monde für die seltsamste aller Roten. Zo lachte und sagte ernsthaft: »Ich würde gern mitkommen.«
     
    Und das große Nein sagte Ja. Das war Ann auf Miranda.
    Miranda war der kleinste der fünf großen Monde des Uranus, nur 470 Kilometer Durchmesser. In seiner Jugend vor etwa 3,5 Milliarden Jahren war sein kleinerer Vorläufer mit einem anderen Mond von ungefähr gleicher Größe kollidiert. Die beiden waren zertrümmert

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