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Mars-Trilogie 3 - Blauer Mars

Mars-Trilogie 3 - Blauer Mars

Titel: Mars-Trilogie 3 - Blauer Mars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Stanley Robinson
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sie schweigend den Grat des Vorsprungs hinunter. Im Laufe des Tages machten sie sich daran, zum Landeplatz auf dem Boden abzusteigen. Sie waren einen Kilometer unterhalb des Chasmarandes, und der Himmel über ihnen war ein Band von Sternen, Uranus in deren Mitte und die Sonne ein strahlendes Juwel dicht daneben. Unter diesem großartigen Bild wirkte die Tiefe der Spalte ungeheuer und erstaunlich. Zo hatte wieder die Empfindung des Fliegens. Sie sagte auf der allgemeinen Frequenz zu ihnen allen: »Ihr habt einen wahren Wert an der falschen Stelle geortet. Es ist wie ein Regenbogen. Ohne einen Beobachter, der sich in einem Winkel von 23° zu dem Licht befindet, das von einer Wolke sphärischer Tröpfchen reflektiert wird, gibt es keinen Regenbogen. Das ganze Universum funktioniert so. Unsere Geister stehen in einem Winkel von 23° zum Universum. Da wird etwas Neues geschafften beim Kontakt von Photon und Netzhaut, eine Art Raum entsteht zwischen Fels und Geist. Ohne Geist gibt es keinen wahren Wert.«
    »Das würde heißen, es gäbe keinen wahren Wert. Es läuft bloß auf Utilitarismus hinaus«, erwiderte einer der Wächter. »Diese Orte existieren ohne uns und gab es vor uns. Das ist ihr wahrer Wert. Wenn wir hinzutreten, sollten wir diese Priorität ehren, wenn wir eine richtige Haltung gegenüber dem Universum einnehmen und es wirklich sehen wollen.«
    »Aber ich sehe es ja. Oder beinahe«, erklärte Zo fröhlich. »Ihr müßt eure Augen mit einer Ergänzung eurer genetischen Behandlungen dafür aufnahmefähig machen. Inzwischen ist es wirklich großartig. Aber diese Größe liegt in eurem Geist.«
    Sie antworteten nicht. Nach einer Weile fuhr Zo fort:
    »All diese Themen sind schon früher auf dem Mars abgehandelt worden. Die ganze Materie der Umweltethik ist durch die Erfahrung auf dem Mars auf eine höhere Ebene gerückt worden, ins Herz unserer Aktionen. Ihr wollt jetzt diesen Ort hier als Wildnis schützen, und ich kann verstehen, warum. Viele von euch sind Marsianer, oder eure Eltern waren es. Ihr geht von einer ethischen Position aus, und Wildnis ist letztlich eine ethische Position. Terraner würden euch nicht so gut verstehen wie ich. Sie würden herauskommen und auf diesem Vorsprung ein großes Casino errichten. Sie würden diesen Spalt von einem Rand zum andern überdachen und zu terraformen versuchen, wie sie es anderswo überall gemacht haben. Die Chinesen sind noch wie Sardinen in ihr Land gepfercht und geben nicht einen Pfifferling für den wahren Wert von China an sich, geschweige denn für ein unfruchtbares Möndchen am Rande des Sonnensystems. Sie brauchen Platz und sehen ihn hier draußen; und sie werden kommen und bauen und euch verständnislos ansehen, wenn ihr dagegen seid. Und was werdet ihr tun? Ihr könnt es mit Sabotage versuchen, wie die Roten auf dem Mars. Aber sie können euch von den Monden hier ebenso leicht wegpusten wie ihr sie. Und sie haben für jeden Kolonisten, den sie verlieren, millionenfach Ersatz. Das ist es, wovon wir sprechen, wenn wir über die Erde reden. Wir sind wie die Liliputaner mit Gulliver. Wir müssen zusammenarbeiten und den Kerl mit so vielen Seilen festbinden, wie wir nur finden können.«
    Keine Antwort von den anderen.
    Zo seufzte und sagte: »Gut, vielleicht ist es zum besten. Wenn sich hier draußen Menschen verbreiten, würde das den Druck auf den Mars vermindern. Es könnte möglich sein, Vereinbarungen zu treffen, nach denen die Chinesen frei sind, hier so viele Menschen anzusiedeln, wie sie nur wollen, und wir auf dem Mars frei sind, die Immigration auf fast Null herunterzudrücken. Das könnte recht gut funktionieren.«
    Wieder keine Reaktion von den anderen.
    »Halt den Mund!« sagte Ann. »Wir sollten uns lieber auf das Land hier konzentrieren.«
    »Oh, natürlich.«
    Als sie sich dann ganz dem Ende des Vorsprungs näherten, wo er unbeschreiblich in die freie Luft ragte, unter der mit Juwelen besetzten Jadescheibe und dem hellen Diamantsplitter daneben, wodurch das ganze Sonnensystem plötzlich durch diese Himmelskörper trianguliert und die wahre Größe der Dinge offenbart wurde, da sahen sie über sich Sterne hinziehen. Die Raketendüsen ihres Raumschiffs.
    »Siehst du?« sagte Zo. »Das sind die Chinesen. Sie kommen schon, um sich umzuschauen.«
    Plötzlich geriet einer der Wächter in Wut und schlug ihr mit der Faust auf die Helmscheibe. Zo lachte. Aber sie hatte die ultrageringe Schwerkraft Mirandas vergessen und war überrascht, daß ein

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