Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mars-Trilogie 3 - Blauer Mars

Mars-Trilogie 3 - Blauer Mars

Titel: Mars-Trilogie 3 - Blauer Mars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Stanley Robinson
Vom Netzwerk:
Chalmers.
    Und so saß Jackie nun auf dem Teppichboden der Abfluglounge, und Nirgal war bei ihr. Sie blickte nach unten. Sie glättete den Teppich mit der Hand und zeichnete Figuren oder Buchstaben in das Gewebe. Sie schrieb: Nirgal.
    Er setzte sich neben sie. Die Lounge war voll, aber es herrschte Ruhe. Die Menschen sahen ernst, blaß, erregt, nachdenklich oder strahlend aus. Durch ein breites Fenster schauten sie in das Innere der Sockelmuffe, wo Aufzugswaggons an den Wänden lehnten und der Fuß des 37000 Kilometer langen Kabels zehn Meter über dem Betonboden schwebte.
    Also gehst du, sagte Nirgal.
    Ja, sagte Jackie. Ich will einen Neubeginn versuchen.
    Nirgal sagte nichts.
    Es wird ein Abenteuer, sagte sie.
    Gewiß. Er wußte nicht, was er sonst sagen sollte.
    In den Teppich schrieb sie: Jackie Boone went to the Moon.
    Es ist eine erhabene Idee, wenn man es bedenkt, sagte sie. Die Menschheit breitet sich in die Galaxis aus. Stern um Stern, immer weiter nach draußen. Das ist unsere Aufgabe. Ich habe Gerüchte gehört, daß Leute sagten, Hiroko sei längst dort draußen. Sie und ihr Volk hätten eines der ersten Sternenschiffe bestiegen, die zu Barnards Stern flogen. Um eine neue Welt in Angriff zu nehmen. Viriditas zu verbreiten.
    Das ist so wahrscheinlich wie jede andere Geschichte, erwiderte Nirgal. Und es stimmte. Er konnte sich vorstellen, daß Hiroko es tat, wieder startete, sich mit der neuen Diaspora, der neuen Menschheit zwischen den Sternen zusammentat. Erst Besiedlung der nahen Planeten und dann von dort aus weiter. Ein Schritt aus der Wiege. Das Ende der Vorgeschichte.
    Er starrte ihr Profil an, während sie auf den Teppich schrieb. Dies war der Moment, da er sie zum letzten Mal sehen würde. Pur jeden von ihnen beiden war es so, als ob der andere stürbe.
    Das traffür viele der Paare zu, die in diesem Raum schweigend beisammen hockten. Diese Leute mußten jeden verlassen, den sie kannten.
    Und das war das Erste Hundert. Das war es, warum sie -alle so seltsam gewesen waren. Sie waren gewillt, die Menschen zu verlassen, die sie kannten, um mit neunundneunzig Fremden fortzugehen. Einige von ihnen waren berühmte Wissenschaftler gewesen, und alle dürften Eltern gehabt haben. Aber keiner von ihnen hatte Kinder gehabt, keiner war verlobt gewesen, mit Ausnahme der drei Ehepaare, die zu den Ersten Hundert gehört hatten. Kinderlose Singles mittleren Alters, bereit für einen neuen Anfang. Das waren sie gewesen. Und jetzt war Jackie wieder so: kinderlos, ohne Partner.
    Nirgal wandte den Blick ab und schaute zurück. Da war sie, frisch in dem Licht. Ein feiner Glanz auf ihrem schwarzen Haar. Sie schaute zu ihm auf und dann wieder nach unten. Sie schrieb: Wo immer du auch hingehst, da bist du.
    Sie blickte wieder zu ihm auf undfragte: Was meinst du, was uns passiert ist?
    Ich weiß es nicht.
    Sie saßen da und blickten beide auf den Teppich. Durch das Fenster war zu sehen, wie in der Kabelkammer ein Aufzugswaggon über den Boden schwebte, in aufrechter Stellung, als bewegte er sich über eine Piste auf das Kabel zu. Er koppelte an, und eine Gangivay klappte heraus und umschloß seine andere Seite.
    Geh nicht! wollte er sagen. Geh nicht! Verlaß diese Welt nicht für immer! Verlaß mich nicht! Erinnerst du dich an die Zeit, als die Sufis uns getraut haben? Erinnerst du dich an die Zeit, als wir uns in der Wärme eines Vulkans geliebt haben? Erinnerst du dich an Zygote?
    Er sagte nichts. Sie erinnerte sich.
    Ich weiß es nicht.
    Er langte hinunter und rieb den Flor des Teppichs so, daß er die letzten beiden Worte auswischte. Mit dem Zeigefinger schrieb er: sind wir.
    Sie lächelte wehmütig. Was waren Worte gegen all diese Jahre?
    Die Lautsprecher verkündeten, daß der Aufzug zur Abfahrt bereit sei. Die Leute standen auf und redeten mit erregten Stimmen. Nirgal stand Jackie gegenüber. Sie schaute ihm in die Augen. Er drückte sie fest an sich. Das war ihr Körper in seinen Armen, so real wie Fels. Ihr Haar in seinen Nasenlöchern. Er holte Luft und hielt den Atem an. Ließ sie los. Sie ging ohne ein Wort. Am Eingang zur Gangway blickte sie einmal zurück. Ihr Gesicht. Und dann war sie fort.
    Später erhielt er aus dem Weltraum eine gedruckte Radiomitteilung: Wo immer du auch hingehst, da sind wir. Das stimmte nicht. Aber erfühlte sich dadurch besser. Soviel konnten Worte ausrichten. Na schön, sagte er sich, als er seine Tage mit Wanderungen auf dem Planeten verbrachte, jetzt bin ich unterwegs zum

Weitere Kostenlose Bücher