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Mars-Trilogie 3 - Blauer Mars

Mars-Trilogie 3 - Blauer Mars

Titel: Mars-Trilogie 3 - Blauer Mars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Stanley Robinson
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verrückt, erinnern sich aber nicht daran, weil sie sie nicht wirklich verstehen.«
    »Vielleicht.«
    Er war sich nicht sicher, daß das Gedächtnis so arbeitete. Frühe Kindheitserinnerungen waren eidetische Bilder wie belichtete Photoplatten. Aber wenn es stimmte, dann war vielleicht alles in Ordnung; denn er hatte Hirokos Erscheinung im Sturm ganz entschieden verstanden, ihre Hand auf seinem Handgelenk. Diese Dinge des Herzens, in der Heftigkeit des Sturms...
    Ann trat vor und drückte ihn an sich. Er wandte das Gesicht zur Seite. Sein Ohr drückte gegen ihr Schlüsselbein. Sie war groß. Er fühlte ihren Körper gegen seinen gedrückt und preßte sie seinerseits fest an sich. »Daran wirst du dich immer erinnern«, dachte er. Sie hielt ihn an den Armen von sich weg. »Das ist die Vergangenheit. Ich denke, sie erklärt nicht, was zwischen uns auf dem Mars geschehen ist. Das ist eine andere Sache.«
    »Vielleicht.«
    »Wir haben uns nicht geeinigt, aber wir hatten die gleichen - Beziehungen. Die gleichen Dinge waren für uns wichtig. Ich entsinne mich, wie du in jenem Felsenwagen in Marineris während des Flutausbruches versucht hast, mich aufzumuntern.«
    »Und du mich. Als Maya mich nach Franks Tod ankreischte.«
    »Ja«, sagte er und dachte zurück. Eine solche Kraft der Erinnerung hatten sie in jenen aufregenden Stunden! Der Wagen war damals ein Schmelztiegel gewesen. Sie hatten sich alle in einer ureigenen individuellen Art darin verwandelt. »Ich denke, ja. Das war nicht fair. Du versuchtest gerade, ihr zu helfen. Und der Ausdruck auf deinem Gesicht...«
    Sie standen da und schauten zurück auf die verstreuten niedrigen Gebäude, aus denen Underhill bestand.
    Schließlich sagte Sax: »Und hier sind wir nun.«
    »Ja. Da sind wir.«
    Ein peinlicher Augenblick. Noch ein peinlicher Augenblick. So war das Leben miteinander. Ein peinlicher Moment nach dem anderen. Er hätte sich schon irgendwie daran gewöhnen müssen. Dann trat er zurück, langte hin, faßte ihre Hand und drückte sie kräftig. Dann ließ er sie los. Sie wollte, wie sie sagte, durch die Arkade der verstorbenen Nadia hinaus in die unberührte Wildnis westlich von Underhill gehen. Sie empfing einen Schwall von Erinnerungen, der zu stark war, um sich auf die Gegenwart zu konzentrieren. Sie mußte gehen.
    Er verstand. Sie ging winkend fort. Winkend! Und da war Cojote, drüben nahe den Salzpyramiden, die im Licht des Nachmittags leuchteten. Sax empfand erstmals seit Dekaden die Schwere des Mars, als er zu dem kleinen Mann hinüberhüpfte. Der einzige Mann unter den Ersten Hundert, der kleiner gewesen war als Sax. Sein Waffenbruder.
    Während er durch sein Leben schweifte, Schritt für Schritt an einem anderen Ort, jeden Moment von neuem schockiert, war es wirklich recht schwierig, sich auf Cojotes facettiertes asymmetrisches Gesicht zu konzentrieren. Aber da war etwas, eine Vibration, die anscheinend auch in all seinen früheren Gestalten pulsiert hatte. Desmond war sich wenigstens immer selbst mehr oder weniger ähnlich gewesen. Gott wußte, wem Sax für die anderen ähnelte, oder was er sehen würde, wenn er jetzt in einen Spiegel schaute. Die Idee war verwirrend. Es könnte sogar ein interessantes Experiment sein, in einen Spiegel zu blicken, während man sich an etwas aus seiner Jugend erinnerte. Das Bild könnte sich verzerren. Desmond, ein Mann indianischer Abstammung aus Trinidad, sagte jetzt etwas, das schwer zu verstehen war, etwas über die Verzückung in der Tiefe - unklar, ob er die Gedächtnisdroge meinte oder eine Tiefseerfahrung aus seiner Jugend. Sax hatte den dringenden Wunsch, ihm zu sagen, daß Hiroko lebte. Aber als ihm die Worte schon auf der Zunge lagen, hielt er inne. Desmond sah in diesem Moment so fröhlich aus, und er würde Sax nicht glauben. Also würde er ihn nur aufregen. Wissen durch Erfahrung ist nicht immer in diskursives Wissen übertragbar. Das war schade, aber nicht zu ändern. Desmond würde ihm nicht glauben, weil er jene Hand an seinem Handgelenk nicht gefühlt hatte. Und warum sollte er schließlich auch?
    Sie gingen hinaus nach Tschernobyl und redeten über Arkadij und Spencer. Sax sagte: »Wir werden alt.«
    Desmond johlte. Er hatte immer noch höchst alarmierende Lachanfälle, die aber ansteckend waren, und Sax lachte auch. »Alt werden? Alt werden?«
    Der Anblick ihres kleinen Rickover-Kernreaktors versetzte sie in Verzückung. Er war pathetisch, tüchtig, stupide und geschickt. Sax stellte fest, daß ihre

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