Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mars-Trilogie 3 - Blauer Mars

Mars-Trilogie 3 - Blauer Mars

Titel: Mars-Trilogie 3 - Blauer Mars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Stanley Robinson
Vom Netzwerk:
Ellbogen in die Seite. Sie stieß zurück. Wenn er sie zu stark gestoßen hatte, würde er daran denken, das nächste Mal sanfter vorzugehen. Er versuchte einen leichten Stoß mit dem Ellbogen und fühlte als Antwort einen weniger heftigen Stoß. Vielleicht konnten sie auf Morsecode übergehen. Er hatte ihn als Junge ohne jeden Grund gelernt und konnte ihn jetzt in seinem wiedergeborenen Gedächtnis genau hören - jeden Punkt und Strich. Aber vielleicht hatte Ann ihn nicht gelernt, und jetzt war keine Zeit für Unterricht.
    Die heftige Fahrt ging so lange weiter, daß er es gar nicht abschätzen konnte. Eine Stunde? Der Lärm ließ mit einemmal so weit nach, daß sie sich durch Zurufe verständigen konnten; und das taten sie, während es möglich war. Eigentlich gab es nicht viel zu sagen.
    »Wir stecken in einem Gewitterkopf!«
    »Ja!«
    Dann zeigte sie mit einem Finger nach unten. Da waren rosa Kleckse. Und sie sanken rasch. Ihre Trommelfelle schmerzten wieder. Sie wurden wie Hagel von der Wolke ausgespien. Rosa. Braun. Staub. Amber. Umbra. Ach ja, die Oberfläche des Planeten. Sie sah aus der Luft nicht viel anders aus als von unten. Abstieg. Er erinnerte sich, daß er und Ann beim allerersten Mal im gleichen Landevehikel heruntergekommen waren.
    Jetzt eilte das Schiff unterhalb der Wolkendecke in Hagel und Regen dahin. Aber das Helium konnte sie wieder,nach oben in die Wolke hineinziehen. Sax drückte einen kleinen Schalter auf dem Paneel, und das Schiff begann, sich zu senken. Ein Paar kleiner Kippschalter. Deren Bedienung schien das Boot nach vorn zu kippen und anzuheben. Lagesteuerung. Er drückte sie sanft nach unten.
    Sie schienen sich im Sinkflug zu befinden. Und nach einer Weile wurde es unten klarer. Sie konnten gezackte Bergketten und Mesas erkennen. Das würde dann die Cydonia Mesa auf dem Festland von Arabia Terra sein. Kein guter Platz zum Landen.
    Aber der Sturm trug sie weiter, und bald waren sie über dem Osten von Cydonia jenseits der ebenen Flächen von Arabia. Jetzt mußten sie bald hinuntergehen, ehe sie über das Nordmeer getrieben würden, das ebenso wild und voller Eis sein könnte, wie Chryse es gewesen war. Unten lag ein Fleckenteppich von Feldern, Obstgärten, Bewässerungskanälen und sich windenden Flüssen, die von Bäumen gesäumt waren. Farmhäuser drängten sich in kleinen Dörfern zusammen. Auf den Feldern nur Nebengebäude, Scheunen und Geräteschuppen. Eine ganz flache, liebliche ländliche Gegend. Überall Wasser. Diesmal kamen sie langsam herunter. Anns Hände waren in dem trüben Nachmittagslicht bläulich weiß und ebenso seine.
    Er fühlte sich sehr müde und riß sich zusammen. Die Landung würde wichtig sein. Er drückte fest auf die Lagesteuerung.
    Sie sanken schneller, wurden über eine Baumreihe getrieben, dann hinab und rasch über ein breites Feld. Das war am anderen Ende bewässert. Braunes Regenwasser füllte die Furchen. Dahinter war ein Obstgarten, und eine Wasserlandung würde sicher gut sein. Aber sie bewegten sich horizontal recht schnell und waren immer noch vielleicht zehn oder fünfzehn Meter über dem Feld. Sax schob die Haltungskontrollen voll nach vorn und sah, wie die unteren Rümpfe sich wie tauchende Delphine nach unten wendeten; und das Schiff kippte auch; und dann kam das Land direkt auf sie zu. Braunes Wasser, großes Platschen, weiße Wellen, die sich nach beiden Seiten entfernten; und sie wurden durch schlammiges Wasser gezerrt, bis das Boot direkt in eine Reihe junger Bäume rutschte und mit einem Ruck stehenblieb. Unten an der Baumreihe liefen eine Schar von Kindern und ein Mann auf sie zu. Ihre Münder bildeten alle ein perfektes O.
    Sax und Ann rappelten sich in sitzende Haltung auf. Sax öffnete die Kapsel des Cockpits. Braunes Wasser strömte über das Schanzdeck. Ein windiger, dunstiger Tag in der ländlichen arabischen Gegend. Das eindringende Wasser fühlte sich ausgesprochen warm an. Anns Gesicht war naß, und ihr Haar stand in wilden Büscheln hoch, als wäre sie auf dem elektrischen Stuhl gewesen. Sie lächelte etwas verkrampft und sagte: »Gut gemacht.«

 
VIERZEHNTER TEIL
 
 
PHOENIX-SEE
     
     

Ein Kanonenschuß, Glockengeläut, ein Chor sang den Kontrapunkt.
    Die Dritte Mars-Revolution war so komplex und gewaltfrei, daß sie seinerzeit schwer überhaupt als eine Revolution zu erkennen gewesen war. Mehr wie eine Veränderung in einer anhaltenden Diskussion, ein Gezeitenwechsel, eine Unterstreichung des Gleichgewichts.
    Die

Weitere Kostenlose Bücher