Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mars-Trilogie 3 - Blauer Mars

Mars-Trilogie 3 - Blauer Mars

Titel: Mars-Trilogie 3 - Blauer Mars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Stanley Robinson
Vom Netzwerk:
sich das Schiff hob, dauerte es zehn oder zwölf herzzerreißende Sekunden, bis es wieder in die Tiefe schoß. Und wenn sie wieder hoch kamen, sahen sie Eisschollen zwischen den Wogen, die mit der fliegenden Gischt auf ihre Kollegen runterkrachten und manchmal auch auf die Rümpfe und das Deck des Bootes und auf die transparente Cockpithülle und zwar mit einer Wucht, die sie mit dem ganzen Körper fühlen konnten.
    Sax beugte sich hinüber, um Ann wieder etwas ins Ohr zu schreien. »Ich glaube, dies ist eine der Situationen, wo wir die Rettungsbootfunktion benutzen sollten.«
    »...Rettungsboot?« fragte Ann.
    Sax nickte. Er rief: »Dies Schiff ist sein eigenes Rettungsboot! Es kann fliegen!«
    »Was meinst du?«
    »Es fliegt!«
    »Du machst Witze!«
    »Nein! Ein Luftschiff!« Er beugte sich vor und hielt den Mund ihr direkt ans Ohr. »Die Rümpfe, Kiele und der Boden des Cockpits werfen ihren Ballast ab. Sie füllen sich aus den Heliumtanks im Bug. Und es entfalten sich Ballons. Man hat mir das dort in Da Vinci gesagt, aber ich habe es nie gesehen! Ich dachte nicht, daß wir es brauchen würden!« Das Schiff konnte aber auch zum U-Boot werden, hatten sie ihm in Da Vinci erklärt, stolz und höchst befriedigt über die Vielseitigkeit des neuen Vehikels. Aber das Packeis vor der Leeküste verwehrte ihnen diese Möglichkeit, was Sax nicht bedauerte. Aus keinem besonderen Grund erschien ihm die Idee, mit dem Boot nach unten zu gehen, nicht besonders verlockend.
    Ann zog sich, über diese Mitteilung erstaunt, nach hinten. Sie rief: »Weißt du, wie man es fliegt?«
    »Nein!«
    Vermutlich würde sich der Computer darum kümmern. Falls sie in die Luft steigen könnten. Es kam nur darauf an, den Notschalter zu finden und die richtigen Schalter umzulegen. Sax deutete auf das Kontrollpaneel, um seinen Gedanken auszudrücken. Dann beugte er sich vor, um ihr etwas ins Ohr zu schreien. Ihr Kopf schwenkte herum und stieß ihn heftig auf Nase und Mund. Er blinzelte wegen des heftigen Schmerzes, und das Blut lief ihm aus der Nase wie Wasser aus einem Hahn. Ein Zusammenstoß, genau wie die zwei Planetesimale. Er grinste und öffnete die Lippen noch etwas weiter. Das war ein schmerzhafter Irrtum. Er leckte und leckte und schmeckte sein Blut. Er brüllte: »Ich liebe dich!« Sie hörte ihn nicht.
    »Wie starten wir es?« rief Ann.
    Er deutete wieder auf das Kontrollpaneel und dann den Computer daneben. Das Schaltbrett für den Notfall befand sich unter einer Schutzkappe.
    Aber wenn sie sich entschlossen, durch die Luft zu fliehen, würde das einen gefährlichen Moment mit sich bringen. Wenn sie sich erst einmal mit der Geschwindigkeit des Windes bewegten, müßte man auf das Boot nur sehr wenig Kraft ausüben. Sie würden einfach dahinschweben. Aber in dem Moment des Abhebens, während sie noch fast stillstanden, würde der Howler scharf an ihnen zerren. Sie würden wahrscheinlich taumeln; und das könnte die Ballons behindern, so daß das Boot wieder in die von Eis erstickten Brecher zurück oder auf die Leeküste geworfen würde. Er sah, daß Ann die gleichen Gedanken erwog. Aber - was auch immer geschah, es dürfte den knochenbrechenden Stößen vorzuziehen sein, die sie ständig schüttelten. Es wäre nur vorübergehend - so oder so.
    Ann sah ihn an und bei seinem Anblick verfinsterte sich ihre Miene. Wahrscheinlich wegen seines vermanschten Gesichts. Sie.rief: »Es ist einen Versuch wert!«
    Also entfernte Sax die Schutzkappe von der Notkonsole und legte mit einem letzten Blick auf Ann, wobei sich ihre Augen begegneten mit einem Blick, den er nicht genau deuten konnte, der ihn aber erwärmte, die Finger auf die Schalter. Das Schiff fiel irgendwie ins Wellental, traf mit dem gewohnten Ruck auf die brüllenden Wogen, hüpfte dann direkt hoch und davon. Es stieg auf und kippte seitlich über den leeseitigen Rumpf, so daß sie in ihren Gurten hingen. Die Ballons hatten sich zweifellos verhakt, und die nächste Welle würde sie kentern lassen, und das wäre es dann gewesen. Aber dann zog sich das Boot über Eis, Wasser und Gischt davon, fast ohne Kontakt, und rollte sie Hals über Kopf in ihren Halterungen. Ein wildes Intervall des Taumeins, und dann richtete sich das Boot selbst auf und fing an, wie ein großes Pendel hin und her zu schwingen, von einer Seite nach der anderen, von vorn nach hinten, und dann wieder kopfüber zurück. Dann richtete es sich wieder auf und fing wieder an zu schaukeln. Auf, auf, auf, hin und her

Weitere Kostenlose Bücher