Mars
ü de, Mikhail Andrejewitsch « , witzelte Mironow grinsend. » Ist das ein Toast oder eine Ansprache? «
Wosnesenski l ä chelte nicht. Mit vollkommen ernster Miene hob er sein Glas noch h ö her und sagte: » M ö ge jeder von uns auf dem Mars das finden, was er sucht. «
»So wasche Sdarowje!« rief Mironow aus.
»Sdarowje«, erwiderte Wosnesenski.
Sie tranken alle. Jamies Wasser schmeckte schal und steril.
» Ich frage mich nur, was ein jeder von uns sucht « , rief Tony Reed an seinem Ende des Tisches.
» Gute Frage « , sagte Abell, der amerikanische Astronaut, mit einem Grinsen, das sein Gesicht vom Kinn bis zum Haaransatz in Falten legte. Er erinnerte Jamie an einen Frosch: vorquellende Augen, runde Wangen und ein breiter, grinsender Schlitz von einem Mund.
» Ich zum Beispiel w ü rde gern ein paar h ü bsche Marsfrauen finden, die seit tausend Jahren oder so keinen Mann mehr gehabt haben. «
Ein paar tolerante Gluckser von den Wissenschaftlern. Ilona warf ihm einen glutvollen Blick zu.
» Nein, im Ernst « , sagte Reed. » Ich w üß te wirklich gern, was jeder von uns auf dem Mars zu finden hofft. «
Tony nimmt seine Aufgabe als Teampsychologe zu ernst, grummelte Jamie in sich hinein.
» Ich pers ö nlich w ü nsche mir nur « , sagte Wosnesenski und legte sich eine Hand mit Wurstfingern an die breite Brust, » da ß wir harmonisch zusammenarbeiten und da ß niemand verletzt wird, so da ß wir alle gl ü cklich nach Hause zur ü ckkehren. «
Mironow f ü gte mit einem h ö rbaren Fl ü stern hinzu: » Und da ß du auch auf der Erde nur drei ß ig Kilo wiegen w ü rdest! «
» Ich freue mich schon darauf, den Schwebegleiter zu fliegen « , sagte Pete Connors mit seiner vollt ö nenden Karamelstimme.
» Ich w ü nsche mir sehr, den gro ß en Olympus Mons mit eigenen Augen zu sehen « , sagte Ravavishnu Patel, der indische Geologe.
» Den Berg Olymp, den gr öß ten Vulkan im Sonnensystem « , pflichtete ihm Abdul al-Naguib bei, der ä gyptische Geophysiker.
» Ich m ö chte beweisen, da ß es unter der Oberfl ä che ein Meer aus ewigem Eis gibt « , sagte Ilona Malater. » Der Theorie zufolge ist es vorhanden, aber ich will es selber finden und seine Gr öß e vermessen. «
» Leben. «
Joanna Brumado sagte nur das eine Wort, und alle anderen Gespr ä che verstummten. Jeder drehte sich zu ihr um. Sie schaute peinlich ber ü hrt drein. Ihr herzf ö rmiges Gesicht wurde ein bi ß chen rot.
» Nat ü rlich, Leben « , sagte Monique Bonnet, die neben ihr sa ß . » Joanna hat recht. Das Erstaunlichste, was wir auf dieser Welt finden k ö nnten, w ä re Leben. «
Nein, verbesserte Jamie im stillen. Das Erstaunlichste, was wir finden könnten, wäre intelligentes Leben. Oder dessen Überreste.
LEBEN
Die Alten lehrten, daß Wunder gar nicht so selten sind. Die Welt ist voll von ihnen.
Leben ist ein so normales Wunder, daß es überall entstehen kann, wo es Wasser und Sonnenlicht gibt. Selbst in der Wüste wimmelt es von Leben, solange nur ein bißchen Wasser und natürlich Sonnenlicht vorhanden sind.
Ist auf der roten Welt Leben entstanden? Haben der Menschenmacher und die anderen G ö tter der Sch ö pfung dort ihr Werk begonnen? Falls ja, so ist das Leben dort m ö glicherweise fr ü her entstanden als auf der blauen Welt, weil das Gestein in der Kruste der roten Welt eher abgek ü hlt war als jenes der gr öß eren, w ä rmeren blauen Welt. In den flachen Meeren ü berall auf der Oberfl ä che der roten Welt h ä tte das Leben Gestalt annehmen und sich zu reproduzieren beginnen k ö nnen. Es w ä re schwierig gewesen, weil die rote Welt immer schon k ä lter war als die blaue. Das Wasser w ä re oftmals gefroren, und die Lebewesen darin w ä ren gestorben oder in einen langen Winterschlaf verfallen, der dem Tod sehr, sehr nahegekommen w ä re. Trotzdem, das Leben gibt nicht so leicht auf.
Die Alten lehrten, da ß diese unsere blaue Welt nicht die erste ist, auf der das Volk lebte. Unsere Lieder vom Anfang berichten davon, wie der Erste Mann und die Erste Frau sich von einer Welt zur n ä chsten hochk ä mpften, aus einer Welt der Dunkelheit und K ä lte zu einer roten Welt, wo das Gro ß e Wasserwesen sie in tobenden Fluten zu ertr ä nken versuchte, weil Cojote seine kleinen Wasserkinder gestohlen hatte. Schlie ß lich erklommen sie die vierte Welt und traten ins goldene Sonnenlicht hier im Mittelpunkt des Universums heraus, in den Bergen, welche die vier Ecken des Daseins
Weitere Kostenlose Bücher