Mars
bezeichnen.
Der Erste Mann und die Erste Frau kamen nicht allein. Sie brachten die Pflanzen und die Tiere und alle guten Dinge mit. Und noch jemand begleitete sie: Cojote, der Listenreiche. Cojote, die Macht des Chaos. Cojote, der dem Volk bei dessen Suche nach Ordnung, Harmonie und Sch ö nheit immer aufs neue Steine in den Weg legte.
DER ENTSCHEIDUNGSPROZESS
1
Jamie war in Galveston, als die lange erwartete, lange gefürchtete endgültige Entscheidung rückgängig gemacht wurde.
Seit Anbeginn seiner Mitarbeit im Marsprojekt war Houston für ihn so sehr ein Zuhause gewesen, wie er es nur verlangen konnte. Auch wenn er manchmal mehrere Monate hintereinander an Trainingsorten überall auf dem Erdball verbracht hatte, fast ein halbes Jahr in der Antarktis, Woche um Woche in Florida und sogar mehrere Wochen an Bord von Raumstationen in der Erdumlaufbahn, immer kehrte er nach Houston zurück. Und zu Edith.
Edie Elgin war Co-Moderatorin der Sieben-Uhr-und Elf-Uhr-Nachrichten bei KHTV in Houston. Sie hatte Jamie interviewt, als er ans Johnson Space Center gekommen war. Aus einer Einladung zum Essen wurde eine Beziehung, die bestenfalls f ü r eine bestimmte Zeit bestehen w ü rde, wie beide wu ß ten.
» Ich verschwende nicht mal einen Gedanken ans Heiraten « , erkl ä rte Edie ihm oft. » Das tue ich fr ü hestens, wenn ich ’ s nach New York geschafft und da einen Job bei einem der Networks gekriegt habe. Vielleicht nicht mal dann. «
» Ich wei ß nicht, wo ich in einem Jahr sein werde « , sagte Jamie regelm äß ig zu ihr. » Wenn ich nicht ins Marsteam komme, gehe ich wahrscheinlich nach Kalifornien zur ü ck und unterrichte an irgendeiner Uni. «
» Keine Verpflichtungen « , sagte sie immer.
» Wir k ö nnen keine eingehen, selbst wenn wir ’ s wollten « , erwiderte er stets.
Aber jedesmal, wenn er nach Houston zur ü ckkam, kam er zu ihr zur ü ck. Und obwohl sie nie dar ü ber sprach, wie sie die Zeit verbrachte, wenn er nicht da war, schien sie immer froh zu sein, Jamie zu sehen. Sie waren ein seltsames Paar: der dunkelhaarige, schweigsame, st ä mmige Halb-Navajo und die blonde, lebhafte, stets l ä chelnde TV-Moderatorin. Sie wurde nat ü rlich ü berall erkannt, wohin sie auch ging. Und obwohl jeder, der fernsah, sie als Edie kannte, war sie f ü r Jamie immer Edith.
Sie behauptete, eine echte Blondine und hundertprozentige Texanerin zu sein, ehemals Cheerleader in der Highschool und Sch ö nheitsk ö nigin an der Texas A&M University, wo sie Fernsehjournalismus studiert hatte. Sie konnte nicht sehr gut schreiben, daf ü r aber mit perfekten Z ä hnen l ä cheln, selbst wenn sie ein katastrophales Erdbeben oder einen Flugzeugabsturz bekanntgab. Hinter dem h ü bschen L ä cheln steckte jedoch ein kluger Kopf; sie erkannte eine Gelegenheit, wenn sie sich bot, und sie war schlau genug, sich in Gesellschaft von jedem, der auch nur entfernt mit der Nachrichtenbranche zu tun hatte, niemals eine Bl öß e zu geben. Bei Jamie konnte sie jedoch ernst sein und ihm von ihren Karrierepl ä nen erz ä hlen. Er konnte sich bei ihr entspannen und das Training, den Mars und die M ä nner vergessen, die zwischen ihm und der hei ß ersehnten Berufung standen.
Jamie war soeben nach drei Wochen an Bord der Mir 5 zurückgekommen, wo er mit Pater DiNardo an den Steinproben vom Mars gearbeitet hatte, die von den unbemannten Schiffen, die schon vor einiger Zeit auf dem roten Planeten gelandet waren, mitgebracht worden waren.
Er hatte geglaubt, DiNardo hätte die Befugnis, die endgültige Entscheidung darüber zu treffen, wer sein Ersatzmann bei der Marsmission sein würde. Der Jesuit kurierte ihn von dieser Idee, kurz bevor Jamie an Bord der Raumfähre gehen mußte, die ihn nach Florida zurückbringen würde.
DiNardo hatte ihn gebeten, ins Geologielabor zu kommen, bevor er die Raumf ä hre bestieg. Der Priester wartete dort auf ihn. Mit ernster Miene hing er schwerelos ein paar Zentimeter ü ber dem metallenen Gitterrost des Laborbodens. Sein Gesicht war derart verquollen von der Fl ü ssigkeitsverlagerung, die bei weitgehender Schwerelosigkeit eintritt, da ß er einem Indianer ä hnlicher sah als Jamie selbst. DiNardo rasierte sich seinen kahl werdenden Sch ä del, aber an seinem vorspringenden Kinn zeigten sich noch dunkle Stoppeln.
» Die Auswahlkommission hat ihre Entscheidung getroffen « , sagte DiNardo leise, mit einer ganz schwachen Spur eines italienischen Akzents am Ende jedes Wortes. Jamie
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