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Martha's Kinder

Martha's Kinder

Titel: Martha's Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bertha von Suttner
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sage ...«
    »Du wirst doch nichts einzuwenden haben? Einer der größten Epouseure Österreichs! Daß er ein leichter Vogel war – je nun, das sind sie mehr oder weniger alle – solche junge Leute wie Rudolf findet man nicht wieder.«
    »Und wenn ich auch einzuwenden hätte ... ich glaube wirklich, daß der beiden Charaktere nicht zueinander passen ... aber Sylvia ist kein Kind mehr ...«
    »Du kommst mir sehr unschlüssig vor: zuerst » wenn ich ja sage« und dann »wenn ich auch Einwendungen machen wollte, so nützt es nichts«.«
    »In der Tat – es nützt nichts. Schau nur, wie glückstrahlend sie aussieht und mit welchem Eifer Delnitzky jetzt in sie hineinredet ...«
    Lori seufzte. »Es ist doch eine schöne Sache um die Jugend! ...«
    »Du kommst mir eigentlich auch noch jung vor, Lori ...«
    »Vorgestern war mein achtundvierzigster Geburtstag ...«
    »Du hast Dich körperlich nicht viel und seelisch gar nicht verändert seit den letzten zwanzig Jahren. – Du bist noch immer so schlank, so blond, so lebhaft, (so leicht, setzte sie im Geist hinzu) und so – verzeih – so gefallsüchtig wie immer ... Diese prachtvolle granatrote Toilette – dazu die Blicke, die Du unserem Minister Andrerseits zugeworfen hast – was wird Schrauffer dazu sagen?«
    »Und Du in Deinem ewigen Schwarz und ewigen Ernst – Du gibst Dir ein viel älteres air , als Dir zukommt.«
    »Ach, mein Schatz, wenn man solchen Schmerz erfahren hat wie ich – so unsägliches Unglück nach so unsäglichem Glück, dann dürfte man schon ganz gebrochen sein ... Ich bin es nicht, weil ich meine Kinder habe ...«
    Der Minister näherte sich den Damen und ließ sich in einem Fauteuil an der Seite Loris nieder.
    »Ich habe eben mit dem Grafen Rudolf disputiert, meine Damen, und rufe Sie zu Richterinnen an. Der Ton, den er in seinem Trinkspruch angeschlagen, wollte mir nicht gefallen ... ein Ausfall gegen die Väter und Vätersväter! Allerdings, wenn man gerade ein Wickelkind feiert, so liegt der Gedanke an Enkelssöhne näher – andrerseits soll man nicht vergessen, daß es nur einen Boden gibt für ersprießliches Gedeihen, (namentlich für Unsereins) – den Boden der Tradition. Was sagen Sie , Gräfin?«
    Lori war weit davon entfernt, über diese Frage irgend eine Meinung zu hegen, aber da sie doch etwas antworten mußte, so sagte sie:
    »Sie haben ganz recht, ganz recht.« Das ist eine Meinungsäußerung, welche denjenigen, dem sie gilt, gewöhnlich als sehr vernünftig berührt.
    »Ich muß meinem Sohne recht geben,« widersprach Martha. »Es ist besser, denen zu Dank zu handeln, die nach uns kommen, als jenen, die vor uns waren. Straßen pflegen ist ganz schön – Bahn brechen ist schöner.«
    Die Neuverlobten konnten jetzt einige unbelauschte Worte tauschen:
    »Morgen werde ich also mit Ihrer Mutter sprechen, Sylvia ... ich fürchte mich ein wenig ...«
    »Sie glauben doch nicht, daß Mama –«
    »Nein, abweisen wird sie mich nicht – das fürchte ich nicht, sondern die Feierlichkeit davon – die Ungewohnheit ...«
    Sylvia lachte: » Hoffentlich ist's ungewohnt! Wer soll denn Übung darin erlangen, um Hände anzuhalten? Übrigens, auch mir ist entsetzlich »ungewohnt« zu Mute ... ich begreife gar nicht, daß ich mit einem kurzen »ja« mein ganzes Leben verpfändet habe ... war ich nicht voreilig? Ich kenne Sie eigentlich so wenig und Sie – – kennen mich vielleicht gar nicht ...«
    »Und ob ich Sie kenne: das natürlichste, heiterste, anmutigste Geschöpf ...«
    »Kurz, das Muster eines wohlerzogenen Komtessels, wie? Ein anderes Bild hatte ich ja auch nicht Gelegenheit, hervorzukehren in den fünf oder sechs Kotillons, die wir miteinander getanzt haben. Es steckt aber wirklich doch noch manches andere in mir, von dem Sie vermutlich nichts ahnen.«
    »Zum Beispiel?«
    »Ungeheure Ansprüche an das Leben und an die Menschen – und besonders an den Menschen, der mein Leben ausfüllen soll –«
    »Muß er ein halber Gott sein?«
    »Nein, aber ein ganzer Mensch. So wie dieser da,« fügte sie hinzu, auf den Bruder deutend. Rudolf trat heran. »Warum wird hier mit Fingern auf mich gezeigt?«
    »Als Muster der Vollkommenheit wirst Du gepriesen,« antwortete Delnitzky. »Du entsprichst dem Ideal, das sich Deine Schwester von einem – wie sagte sie doch? – ganzen Menschen macht.«
    Seufzend schüttelte Rudolf den Kopf:
    »Da muß ich das Leitmotiv meines Toasts wiederholen – es lebe die Zukunft – die wird ganze Menschen haben...

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