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Marx, my Love

Marx, my Love

Titel: Marx, my Love Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: CHRISTINE GRÄN
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so klein, dass kein Stuhl darauf Platz hätte. Zu klein für zwei, die groß geraten sind. Kampflos, denkt Anna, werde ich nicht über Bord gehen. Es stirbt sich besser, wenn man sich gewehrt hat. Scheiße, es gibt kein Rezept für besseres Sterben. »Nun sagen Sie es mir schon. Ich verstehe alles.«
    »Wie anmaßend, Anna Marx. Ich weiß es nicht genau. Ich vermute es, so wie Sie auch. Und weil ich mich bemühe, ein guter Bulle zu sein, vertreibe ich mir hier die Zeit und versuche mir vorzustellen, was passiert ist.«
    Er tritt einen Schritt zurück. »Nun kommen Sie schon rein. Sie zittern ja. Möchten Sie was trinken? Die Mädchen haben eine hervorragend bestückte Hausbar, obwohl ich nicht glaube, dass sie ihre Freier hier empfangen haben. Nicht in diesem Haus, obwohl die Wohnung sehr gemütlich ist.«
    Es gibt ein Leben vor dem Tod; sie nimmt es dankbar an und steigt über die Absperrung zurück in die Wohnung. Dass er nicht erriet, woran sie dachte, kann Anna nur hoffen. Und obwohl es zu früh ist, um zu trinken, nimmt sie das Glas mit Whisky. Der Bulle hat sich eine Flasche Bier aus dem Kühlschrank geholt. »Prost, Marx. Und jetzt erzählen Sie mir alles, was Sie über diesen Fall wissen oder denken.«
    Anna hat sich auf die schwarze Ledercouch gesetzt, deren Preis vermutlich astronomisch war. Marilyn muss umwerfend darauf ausgesehen haben. »Haben Sie an einen Gedankenaustausch gedacht, Täufer?«
    »Mal sehen.« Der Bulle steht vor Anna und sieht auf sie herab. »Darf ich Sie Anna nennen? Ich habe mit Marx nie viel anfangen können, dafür war ich schon immer zu blöd. Es hat nur für die Polizei gereicht. Das überwiegend vergebliche Streben, die Gerechtigkeit anzuschubsen. Nach Dienstschluss haue ich mir den Bauch voll, um zu wissen, wie Glück schmeckt.«
    »Kann ich gut verstehen, Bulle.« Das Wort passt zu ihm, und sie mag ihn, auch weil er sie am Leben ließ. Also erzählt ihm Anna vieles, doch nicht alles. Und sie lügt natürlich. Behauptet, dass Rosi Stark sie beauftragte, ihren Mann zu beschatten. Sie lässt Harry aus, Lily und Rafael. Sie erzählt von ihrer Begegnung mit Marilyn und Joy. Und alles in allem fügt sich eine Geschichte, die sonderbar, aber nicht unwahrscheinlich ist. »Wo ist Joy? In Polizeigewahrsam?«
    »Schön wär’s. Sie ist abgehauen in dem Trubel, bevor wir sie ausführlich vernehmen konnten. Ein Polizist, der gepennt hat, und weg war sie. Joy wird jetzt als Zeugin gesucht. In Wirklichkeit heißt sie übrigens Maria Radovitz.«
    »Sie wird zu Onkel Wanja gelaufen sein«, sagt Anna.
    »Bei dem waren wir schon. Er ist geschäftlich in Moskau, wie uns sein Anwalt mitgeteilt hat. Unbestimmte Geschäfte auf unbestimmte Zeit, ich glaube nicht, dass er zurückkommt.«
    Johannes Täufer sieht nicht so aus, als ob ihn dies übermäßig bekümmern würde. Anna folgert daraus, dass auch er nicht daran glaubt, dass Onkel Wanja sein goldenes Kalb geschlachtet hat.
    Anna sagt ihm, was sie glaubt: Dass die beiden Todesfälle zusammenhängen. Dass Marilyn etwas gesehen hat an jenem Tag im Restaurant – und dass sie versuchte, jemanden zu erpressen. »Sie war ein wundervolles Mädchen, aber mit einem sehr ausgeprägten Sinn für Geld. Und ich denke, sie hielt sich für unverwundbar – einfach, weil sie so schön war.«
    Der Bulle sieht jetzt traurig aus. Dann sagt er auf einmal wütend: »Ich könnte diesen blöden Polizisten umbringen, der das andere Mädchen laufen ließ. Die beiden lebten und arbeiteten zusammen. Also weiß Joy vermutlich auch, wen Marilyn in die Wohnung bestellt hat. Wenn wir sie nicht bald finden, haben wir möglicherweise eine zweite Leiche am Hals. Warum erzähl ich Ihnen das alles, Anna?«
    Weil sie eine gute Zuhörerin ist. Meistens. »Sie sitzen schon lange in dieser Wohnung, oder? Einsamkeit verführt zu den sonderbarsten Gefühlen. Vertrauen zum Beispiel. Außerdem verfolgen wir beide dasselbe Ziel, oder?«
    Täufer, misstrauisch: »Und Sie wollen mir wirklich erzählen, dass niemand Sie dafür bezahlt?«
    »Niemand. Ich bin blöd. Und zu neugierig, um loszulassen.«
    »Wenn Sie mir helfen, Joy zu finden, lade ich Sie zum Essen ein. Wenn nicht, sperre ich Sie ein. Ich könnte ja einfach behaupten, dass sie versucht haben, in die Wohnung einzubrechen.«
    Der Bulle lächelt. Nicht unbedingt beruhigend, eher amüsiert oder überheblich. Anna, die so glücklich war, in ihm nicht ihren Mörder gefunden zu haben, schwankt wieder ein wenig in ihrer Sympathie. Macht

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