Maschinenmann: Roman (German Edition)
Sache mit Charlie ist, und ich hoffe, dass Sie das nicht als Kränkung empfinden, Charlie, aber die Sache ist, dass er ein Künstler ist. Er hat eben diese Mentalität. Ich habe ihn bisher nur mit äußerster Vorsicht auf die praktischen Anwendungen seiner Arbeit hingewiesen, denn für ihn ist das ein persönliches Projekt. Sehr persönlich. Es ist das, was ihn inspiriert.«
Der Manager schwieg eine Weile. »Ich weiß nicht, ob ich das begriffen habe. Er ist doch ein Mitarbeiter, oder?«
»Natürlich, aber …«
»Sind Sie ein Mitarbeiter, Dr. Neumann?«
»Ja.«
»Sie werden für Ihre Arbeit bei Better Future bezahlt, richtig?«
Ich hatte schon lange nicht mehr meinen Kontostand überprüft. Aber vermutlich war es so. »Ja.«
»Dann dürfte Ihre Rolle wohl geklärt sein.« Er nickte. »Meines Wissens haben wir mittlerweile mindestens ein halbes Dutzend Leute, die Körperteile entwerfen können. Sie sollten stolz darauf sein, wie gut es Ihnen gelungen ist, Ihre Kenntnisse weiterzugeben, Dr. Neumann. Kein Mitarbeiter darf unersetzlich sein.«
»Ich will Körperteile für mich selbst machen«, erklärte ich.
»Ich sage Ihnen jetzt, was ich will«, antwortete der Manager. »Ich will, dass Sie unsere Versuchspersonen unterstützen. Dass Sie ihnen helfen, sich an das Leben mit besseren Körperteilen zu gewöhnen. Das ist jetzt Ihr Schwerpunkt. Nicht die Entwicklung. Sehen Sie sich nur an. Wenn ich mich zu einem schwerwiegenden chirurgischen Eingriff anmelde, um ein besserer Soldat zu werden, dann sind Sie der Mann, mit dem ich reden möchte. Sie sind der Mann, der neben meinem Bett sitzen soll, wenn ich aufwache, der mir versichern soll, dass alles in Ordnung ist, dass das neue Leben super ist. Besser. Damit will ich nicht andeuten, dass das ein Problem war, Cassie. Ich mache Ihnen keinen Vorwurf wegen der Schwierigkeiten, die wir mit Versuchspersonen hatten. Ich möchte nur festhalten, dass wir nun wirklich keine besseren Soldaten mit einem Nervenzusammenbruch brauchen.«
»Welche Versuchspersonen?« Ich schaute erst Cassandra Cautery an, dann den Manager. »Meinen Sie Carl?«
»Dr. Neumann, ich kann nicht glauben, dass Sie davon nichts wissen. Sie sind nicht der einzige Empfänger besserer Körperteile. « Er schielte zu Cassandra Cautery. »Ehrlich.«
»Wer hat sonst noch …«
»Sie selbst, die Mitarbeiter Ihrer Abteilung und die Freiwilligen.«
»Welche Freiwilligen?« Ich spürte, wie mich ein Zittern erfasste. »Hat auch Lola Shanks einen besseren Körperteil bekommen?«
»Selbstverständlich. Nun ja. Das war noch im Anfangsstadium. Bevor das Freiwilligenprogramm angelaufen ist. Wir mussten einfach ins kalte Wasser springen. Das werden Sie bestimmt verstehen. Als Sie sich das Bein zerquetscht haben, wussten Sie da, wie die Sache ausgeht? Waren Sie sich überhaupt sicher, dass Sie überleben? Nein. Trotzdem haben Sie es getan. Große Leistungen setzen eben großen Mut voraus. Und es war von Anfang an klar, dass sich für manche besseren Körperteile leichter Freiwillige gewinnen lassen als für andere. Bei den Augen und der Haut, da stehen die Leute natürlich Schlange. Aber wer will schon ein militärtaugliches Rückgrat? Wer will ein Trommelfell mit Satellitenverbindung? Sagen Sie jetzt nicht, Sie. Das haben wir ja bereits geklärt. Die Welt ist nicht voller Carl Novchoveks. Wir werden garantiert nicht über eine Gruppe von Leuten stolpern, die scharf darauf sind, lebenswichtige Organe zu ersetzen. Also haben wir die Gelegenheit genutzt und gehandelt.«
»Was haben Sie Lola eingebaut?« Meine Kehle brannte. Ich konnte nur noch daran denken, wie sie auf dem Operationstisch lag, die Hand schlaff und hilflos. »Ihr Herz. Aus was ist es?«
»Nun. Aus etwas Besserem.«
Wie eine Schockwelle brandete der Zorn in mir auf. In der Regel wurde ich nicht so leicht wütend. Noch nie im Leben hatte ich so etwas empfunden. Und auf keinen Fall während ich mit einer Nervenschnittstelle verbunden war, die den Contours gewissenhaft die Sprache meiner elektrischen Neuroimpulse beibrachte. Sie hatten keine Ahnung, was ich ihnen mitteilte. So erkläre ich es mir zumindest, dass meine Beine plötzlich zuckten und den Manager durchs Fenster kickten.
Vorhin hatte ich gar nicht darauf geachtet, in welchem Stockwerk wir uns befanden. Doch als ich zum zerborstenen Fenster trat und die flatternden Vorhänge beiseiteschob, begriff ich, dass wir wirklich hoch oben waren.
9
9
»Sie haben ihn umgebracht.« Vorsichtig schob
Weitere Kostenlose Bücher