Maskenball Um Mitternacht
niederträchtigen Vorhabens machen, meinen Namen zu beschmutzen!“
Auch er stand nun vor ihr, das glühende Verlangen in seinen Augen war empörtem Zorn gewichen. „So etwas würde ich nie tun. Das wissen Sie genau.“
„Tatsächlich?“, fragte sie sarkastisch. „Wollen Sie mir etwa weismachen, Sie hätten mich nur hierher gelockt, um sich mit mir zu unterhalten?“
Er breitete die Arme in einer Geste der Ratlosigkeit aus. „Ich habe Sie nicht hierher gelockt. Ich habe keine Ahnung, wovon Sie reden, seit Sie in dieses Haus gestürmt sind und irgendetwas von Rochford stammelten.“
„Wie können Sie so dreist lügen?“, schrie Callie in heller Empörung. Seine Worte schmerzten sie umso mehr, da sie sich sehnlichst wünschte, ihm glauben zu dürfen. „Ich bin keine Närrin. Ich erhielt einen Brief, in dem ich dringend gebeten wurde, hierher zu eilen, weil mein Bruder einen Unfall mit der Kutsche hatte. Aber hier finde ich nicht ihn, sondern Sie.“
„Was?“ Er starrte sie entgeistert an. „Ich habe Ihnen nicht geschrieben und weiß nicht, wovon Sie reden. Nie im Leben – das schwöre ich bei allem, was mir heilig ist – würde ich versuchen, Sie hierher zu locken, um Ihnen etwas anzutun. Wie können Sie überhaupt so etwas von mir denken?“
Callie blickte in seine grauen Augen, in denen sich der goldene Schein des Feuers spiegelte, und plötzlich wusste sie, dass er die Wahrheit sagte. Und sie wusste gleichfalls, wer sich diese schändliche Intrige ausgedacht hatte, um sie zu Fall zu bringen.
Wortlos holte sie den gefalteten Brief aus der Tasche ihres Rockes und hielt ihn ihm mit zitternden Fingern entgegen.
Stirnrunzelnd nahm Bromwell das Blatt und entfaltete es. Geschützt vom Umhang war der Brief vom Regen nur ein wenig feucht geworden und die Schrift noch gut leserlich. Callie musterte Bromwell scharf und ahnte, dass er die Handschrift erkannte. Er las den Inhalt zweimal und gab ihr das Blatt zurück.
Ihren Blick meidend, sagte er dumpf: „Das wurde nicht von Mrs. Farmington geschrieben. Sie ist die Haushälterin hier, und ich weiß nicht einmal, ob sie lesen und schreiben kann. Ihr Bruder war nie hier. Ich wohne in diesem Haus, seit ich London verlassen habe … nach unserer Begegnung beim Hauskonzert von Lady Whittington.“
„Wo bin ich hier eigentlich?“
„In Blackfriars Cope“, erklärte er und konnte ihr endlich in die Augen schauen. „Lord Swithingtons ehemaliges Jagdhaus.“
Er wirkte plötzlich müde und traurig und älter, als er war. Seufzend wandte er sich ab und fuhr fort: „Die Schrift sieht mir verdächtig nach Daphne aus.“ Er griff nach dem Glas und leerte es in einem Zug. „Es tut mir furchtbar leid, Callie. Ich kann Ihnen nicht sagen, wie sehr ich das alles bedauere.“
Er trat an den Schreibtisch und stellte das Glas ab. Dann drehte er sich wieder um. „Vielleicht wollte sie mir damit einen Gefallen erweisen. Sie weiß, dass ich … mehr für Sie empfinde, als ich dürfte. Vielleicht war sie der Ansicht, ich würde mich darüber freuen, in diese Situation mit Ihnen gebracht zu werden.“ Er schüttelte ratlos den Kopf. „Ich weiß nicht, was mit Daphne los ist. Sie benimmt sich in letzter Zeit so seltsam wie nie zuvor. Sie sagt und tut Dinge, die mir fremd an ihr sind. Ich kann mir nur vorstellen, dass sie durch die Schicksalsschläge, die sie ertragen musste, so verwirrt ist, dass sie alle Vernunft verloren hat. Sie ist getrieben von Rachedurst, will Vergeltung für das Unrecht, das ihr angetan wurde.“
„Brom …“ Callie näherte sich ihm, berührte seinen Arm und blickte ernsthaft zu ihm auf. „Sinclair hat mir geschworen, dass er mit Ihrer Schwester kein Kind gezeugt hat. Er hat mir sogar geschworen, nicht einmal eine Affäre mit Lady Daphne gehabt zu haben.“
Bromwells Augen sprühten vor Zorn. Er schüttelte Callies Hand ab und durchquerte aufgebracht das Zimmer. „Natürlich streitet er es ab.“
„Mein Bruder ist ein ehrenhafter Mann. Er bedauert zutiefst, wie er sich damals Ihnen gegenüber verhalten hat, und sieht ein, dass seine Reaktion falsch war. Er war ein junger hitzköpfiger Mann. Aber er schwor mir, dass Daphnes Anschuldigungen gelogen waren. Und ich glaube ihm. Sinclair würde mich niemals belügen.“
„Darüber haben wir bereits ausführlich gesprochen. Natürlich glauben Sie ihm. Er ist Ihr Bruder.“
„Haben Sie je etwas Schlechtes über ihn gehört?“, fragte Callie. „Fragen Sie, wen Sie wollen. Jeder Mensch wird
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