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Maskerade

Maskerade

Titel: Maskerade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy Gilman Butters
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daß sie Negerin ist?“
    Sie schüttelte den Kopf. „Das nicht. Ich konnte bloß einfach nicht begreifen, warum sie es niemandem gesagt hat. Das ist so — so unaufrichtig. Nie hätte ich Cara das zugetraut.“
    „Und das ist jetzt anders?“
    Sie nickte unglücklich. „Ja, jetzt verstehe ich eher, warum sie so handelte. Weißt du, ich habe eigentlich Neger bisher nie gekannt. Zwei waren in meiner Klasse, aber wir blieben einander fremd. Jetzt erst verstehe ich alles ein wenig besser.“
    „Du meinst, seit du mit Mrs. Coles gesprochen hast?“
    „Ja.“
    Liz war gestern nachmittag vom Krankenhaus ins Heim zurückgekehrt, noch immer verwirrt, zornig, verletzt und auch beschämt, weil sie wegen Caras Vater den Kopf verloren hatte. Als sie nach dem Abendessen durch die Halle ging, winkte Mrs. Coles sie heran.
    „Liz, ich möchte mit Ihnen sprechen“, sagte sie bestimmt. „Kommen Sie einen Augenblick herauf in meine Wohnung!“ Liz folgte ihr gehorsam die Treppe hinauf.
    „Es handelt sich um Cara“, begann Mrs. Coles mit einem merkwürdigen Lächeln. „Bitte, setzen Sie sich!“
    Liz ließ sich in einen Armsessel fallen. „Oh, gewiß“, entgegnete sie. „Ich war heute nachmittag bei ihr und fand, daß es ihr sehr viel besser ging. Hat man Ihnen das schon gesagt?“
    „Ich habe mit der Leitung des Krankenhauses gesprochen, nachdem Sie dort waren“, antwortete Mrs. Coles und fügte dann vielsagend hinzu: „Ich glaube, wir beide wissen etwas über Cara, wovon sonst niemand auch nur eine Ahnung hat.“
    „Oh, Sie meinen...?“
    „Ja, eben das.“ Mrs. Coles war sichtlich nervös. „Ich habe Sie gerufen, um Sie zu bitten, keinem etwas davon zu sagen.“
    Liz atmete erleichtert auf. „Das hatte ich auch nicht vor!“ versicherte sie mit einem kleinen Lachen.
    Mrs. Coles’ Lächeln erwärmte sich. „Nun, das freut mich. Die Geschichte hat uns begreiflicherweise in eine schwierige Situation gebracht. Ich fürchte, daß diese unangenehme Sache irgendwann einmal doch durchsickern wird, aber ich hoffe, daß bis dahin Cara längst verschwunden ist.“
    „Cara zieht aus?“
    „Selbstverständlich! Es ist völlig undenkbar, daß sie länger im Heim bleibt.“
    „Aber sie war doch bereits drei Monate hier?“ erinnerte Liz.
    Mrs. Coles’ Lippen wurden schmal. „Das stimmt bedauerlicherweise, aber es ist nicht mehr tragbar.“
    „Das kann doch nicht Ihr Ernst sein!“ rief Liz erschrocken aus.
    Mrs. Coles seufzte. „Es tut mir leid, aber Sie müssen verstehen, daß dieses Heim ein Geschäftsunternehmen ist. Wir haben hier sehr viele Mädchen aus den Südstaaten und auch einige aus dem Norden, die es ablehnen würden, mit einer Negerin zusammen leben zu müssen. Dies Heim ist eindeutig ein Heim für weiße Schülerinnen. Ich habe mit den zuständigen Amtspersonen gesprochen, und man hat mir erklärt, daß es auf Grund von Miß Prewitts Testamentsklauseln außer Frage steht, daß eine Negerin je hier bleiben kann.“
    Liz schüttelte ungläubig den Kopf. „Aber wir sprechen doch von unserer Cara! Wollen Sie etwa sagen, daß Sie Cara auf die Straße setzen, bloß wegen — wegen ihrer Rasse: Nein, Sie tun es wegen einer dummen Regel, die sich vor sechzig oder siebzig Jahren eine alte Frau ausgedacht hat!“
    „Nun werden Sie nicht melodramatisch, Kind! Dies ist eine praktische Welt, und es ist nun einmal so, daß die einzigen Farbigen, die unser Heim betreten dürfen, Dienstboten sind. Ohne Regeln und Richtlinien geht es nun einmal nicht, und irgendwo muß die Grenze gezogen werden.“
    „Warum muß irgendwo eine Grenze gezogen werden?“ widersprach Liz unwillig. Mrs. Coles spreizte hilflos die Finger.
    „Ich weiß es nicht, Liz. Die Verantwortlichen bedauern die Tatsache wie wir.“
    „Sie sagen, Sie bedauern es, und die Verantwortlichen tun’s auch. — Na also? Ich kann mir niemanden im Heim denken, der Cara nicht mag.“
    „Ich hoffe, Liz, Sie machen mir keine Schwierigkeiten“, bemerkte Mrs. Coles kühl.
    Liz ignorierte dies und bohrte weiter: „Können Sie mir sagen, ob man sie auch von der Schule verweisen wird?“
    „Darüber kann ich mich nicht äußern“, antwortete Mrs. Coles. „Das Heim und die Schule sind verschiedenartige Institutionen und werden von verschiedenen Leuten geleitet.“
    „Ich verstehe!“ Liz stand auf. „Es wäre immerhin interessant, das herauszufinden“, schloß sie eisig.
    „Das wichtigste ist“, ermahnte sie Mrs. Coles, ohne ihren Zorn zu beachten, „daß

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