Mathias Sandorf
des Mannes wiederzufinden, der sich für ihn geopfert hatte und auf sein Betreiben wurden die Nachforschungen unermüdlich fortgesetzt.
Am selben Abend noch ging die Abfahrt von Statten. (S. 331.)
Peter’s sehnsüchtiger Wunsch war es, Frau Bathory nach Antekirtta kommen lassen zu können. Der Doctor aber, der aus dem vorgeschobenen Tode Peter’s gerade wie aus dem seinigen Nutzen ziehen wollte, machte ihm begreiflich, daß nur mit ganz besonderer Vorsicht zu Werke gegangen werden dürfte. Im Uebrigen wollte er warten, einerseits, bis sein Genesender so viele Kräfte gesammelt haben würde, um ihn in den vorbereiteten Feldzug begleiten zu können, andererseits, bis die Heirat Sarcany’s und Sarah’s – von deren Aufschiebung durch den erfolgten Tod der Frau Toronthal er Kenntniß hatte – vollzogen sein würde. Einer seiner Agenten in Ragusa gab ihm von allen dortigen Vorgängen Nachricht und überwachte ebenso sorgfältig das Haus der Frau Bathory als dasjenige im Stradone.
So lagen die Dinge. Der Doctor wartete mit Ungeduld darauf, daß die ganze Verzögerung zu Ende war. Wenn er auch noch nicht wußte, was aus Carpena geworden war, dessen Spur man, nachdem er Rovigno verlassen, verloren hatte, so konnten ihm doch Silas Toronthal und Sarcany nicht entgehen, die sich noch immer in Ragusa befanden.
Man kann sich denken, wie sehr der Doctor unter dieser ungünstigen Stellung der Parteien litt. Da kam, am 20. August, eine Depesche seines Agenten in Ragusa über Malta im Stadthause von Antekirtta an. Der Inhalt derselben besagte, daß Silas Toronthal mit Sarah und Sarcany abgereist und daß auch Frau Bathory
Als die Passagiere am folgenden Morgen das Deck betraten…(S. 332.)
mit Borik aus Ragusa verschwunden wären, ohne daß es möglich gewesen, zu entdecken, wohin sie gegangen.
Der Doctor konnte nun nicht länger zögern. Er ließ Peter zu sich kommen. Er verheimlichte ihm nichts von dem Gemeldeten. Was für ein Schlag war diese Nachricht für Peter! Seine Mutter verschwunden, Sarah von Silas Toronthal, wer weiß wohin, entführt und immer noch in den Händen Sarcany’s, woran er nicht zweifeln konnte.
»Wir werden morgen bereits abfahren, sagte der Doctor.
– Heute noch! rief Peter. Doch wo sollen wir meine Mutter finden?… Wo sie suchen?«
Er konnte diesen Gedanken nicht zu Ende führen. Der Doctor Antekirtt hatte ihn unterbrochen und zu ihm gesagt:
»Ich kann in diesen Vorfällen nur ein zufälliges Zusammentreffen gleicher Absichten erkennen. Wenn Silas Toronthal und Sarcany bei dem Verschwinden Deiner Mutter die Hand im Spiele gehabt haben, erfahren wir es noch zeitig genug. Diese beiden Schurken müssen wir vor allen Dingen aufsuchen.
– Wohin können sie sich gewandt haben?
– Nach Sicilien… vielleicht!«
Man wird sich erinnern, daß im Verlaufe des vom Grafen Sandorf im Wartthurme erlauschten Gespräches davon die Rede gewesen war, daß Sicilien der Schauplatz von Zirone’s erhabenen Thaten zu sein pflegte, auf den zurückzukehren er seinem Genossen vorgeschlagen hatte, wenn es eines Tages die Umstände erfordern würden. Der Doctor hatte diese Bemerkung ebenso wenig vergessen wie den Namen Zirone selbst. Es war ja nur ein schwacher Faden, an dem man sich hierbei halten konnte, doch da andere Merkzeichen fehlten, konnte er vielleicht auf die Fährte von Sarcany und Silas Toronthal verhelfen.
Die unverzügliche Abreise wurde also beschlossen. Pointe Pescade und Kap Matifu, davon benachrichtigt, daß sie den Doctor begleiten sollten, mußten sich reisefertig machen. Pointe Pescade erfuhr bei dieser Gelegenheit, wer Silas Toronthal, Sarcany und Carpena eigentlich wären.
»Drei Schufte! sagte er. Ich zweifelte nie daran.«
Dann wendete er sich an Kap Matifu:
»Du wirst jetzt auf die Scene treten.
Bald?
– Ja, aber warte Dein Stichwort ab.«
Am selben Abend noch ging die Abfahrt von Statten. Der »Ferrato«, stets fertig in See zu stechen, erhielt vollen Proviant und gefüllte Kammern; seine Compasse waren regulirt, um acht Uhr ging es unter Dampf.
Man zählt vom inneren Ende der großen Syrte bis zum südlichsten Punkte auf Sicilien, Kap Portio di Palo, ungefähr neunhundertfünfzig Seemeilen. Die flinke Dampf-Yacht, welche bei mittlerer Geschwindigkeit achtzehn Meilen in der Stunde zurücklegte, gebrauchte für diese Ueberfahrt höchstens anderthalb Tage.
Der »Ferrato«, der Kreuzer der Flotte von Antekirtta, war ein prächtiges Fahrzeug. In Frankreich,
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