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Mathias Sandorf

Mathias Sandorf

Titel: Mathias Sandorf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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verwandelte, wenn ein Sonnenstrahl sich durch ihre Risse stahl. Schon durchfurchten hier und da die Blitze lautlos die elektrische Wolkenschicht, deren oberer Rand sich zu immer dichter herunterhängenden Massen aufballte, die kaum ihre Contouren veränderte. Es schien sich ein Kampf zwischen den westlichen und östlichen Winden entspinnen zu wollen, noch fühlte der Mensch ihn nicht, doch das unruhig gewordene Meer schien schon den Zusammenstoß zu empfinden; die Wellen thürmten sich zur Sturzsee auf, sie zerstoben und begannen das Deck der Yacht zu überfluthen. Gegen sechs Uhr trat durch die, nunmehr den ganzen Himmel bedeckenden dichten Wolkenmassen völlige Dunkelheit ein. Der Donner grollte und feurige Blitze erleuchteten die undurchdringliche Finsterniß.
    »Manövriren Sie nach Gutdünken, sagte der Doctor zum Kapitän.
    Es wird nicht anders gehen, Herr Doctor, antwortete dieser. Auf dem Mittelmeer muß man auf alles gefaßt sein. Ost-und Westwind streiten um die Herrschaft und da sich das Gewitter hineinmischt, so fürchte ich, daß der Sieg dem ersteren bleiben wird. Das Meer wird jenseits von Gozzo oder Malta sehr aufrührerisch sein und uns wahrscheinlich etwas geniren. Ich will Ihnen nicht vorschlagen, gerade in La Vallette Schutz zu suchen, doch halte ich es für rathsam, hinter die westliche Küste der einen oder der anderen Insel zu flüchten.
    – Thun Sie, was Sie für richtig halten,« sagte der Doctor.
    Die Dampf-Yacht befand sich gerade auf der westlichen Seite von Malta, vielleicht noch dreißig Meilen von der Insel entfernt. Auf der Insel Gozzo, die etwas nordwestlich von Malta gelegen und von dieser Insel durch zwei schmale, durch ein kleines Eiland gebildete Meerarme getrennt ist, wird ein Leuchtfeuer erster Ordnung unterhalten, welches auf siebenundzwanzig Meilen hinaus seinen Schein wirst.
    Noch vor Ablauf einer Stunde mußte der »Ferrato« trotz der Wuth des Meeres in den Bereich dieses Leuchtfeuers gelangen. Die erste Sorge galt dem Aufsuchen des letzteren; man mußte versuchen, ihm nahe zu kommen, ohne sich dem Lande zu sehr zu nähern, um während einiger Stunden Schutz vor dem Unwetter zu finden.
    Das that denn auch Kapitän Köstrik; er traf aber die Vorsicht, die Schnelligkeit des »Ferrato« zu vermindern, um jedem Unfalle, sei es an der Maschine, sei es am Schnabel, vorzubeugen.
    Doch selbst nach Verlauf einer vollen Stunde war das Leuchtfeuer von Gozzo noch nicht zu bemerken. Es war völlig unmöglich, Land zu erkennen, obgleich die Klippen dieser Insel zu einer ziemlich bedeutenden Höhe aufsteigen.
    Das Gewitter tobte mit aller Heftigkeit. Ein warmer Regen fiel in Gestalt von dicken Tropfen hernieder. Die ganze Masse der am Horizont aufgethürmten Wolken wurde jetzt vom Wind mit rasender Schnelligkeit über den Himmelsraum dahingepeitscht. Dort, wo er sie zerriß, leuchteten plötzlich vereinzelte Sterne auf Augenblicke auf, um ebensobald wieder zu verschwinden. Drei gespaltene Blitze trafen die Wogen an ebensovielen Stellen; sie hüllten oft die Dampf-Yacht vollständig in ihren Schein ein und das Rollen des Donners hörte nicht mehr auf, die Luft zu erschüttern.
    Bis dahin war die Lage der Seefahrer eine schwierige gewesen, jetzt sollte sie schnell eine beunruhigende werden.
    Der Kapitän Köstrik, der sich mindestens bereits zwanzig Meilen im Bereiche des Leuchtfeuers der Insel Gozzo wußte, wagte es nicht, sich der Insel noch mehr zu nähern. Er konnte sogar befürchten, daß es nur die Höhe der Wellen war, die ihn hinderte, das Feuer zu bemerken. Er mußte jedenfalls der Insel sehr nahe sein. Lief man auf den isolirt stehenden Klippen am Fuße der Uferwände auf, so war man unrettbar verloren.
    Gegen neun und ein halb Uhr entschloß sich der Kapitän, unter geringem Dampf zu fahren. Er wollte nicht ganz und gar stoppen, sondern die Schraube noch schwache Drehungen machen lassen; dadurch erzielte er, daß das Schiff sich dem Steuerruder gehorsam zeigte und seinen Schnabel stets den Wellen entgegenhielt. Unter diesen Umständen wurde die Yacht allerdings tüchtig zusammengerüttelt, sie entging aber gleichzeitig der Gefahr zu kentern.
    Fast drei Stunden, bis gegen Mitternacht dauerte dieses Manövriren. Dann verschlimmerte sich die Situation noch mehr. Wie es häufig bei Gewitterstürmen der Fall ist, so auch hier. Der Kampf zwischen den sich gegenüberstehenden Oft-und Westwinden schwieg plötzlich. Die Brise wehte plötzlich wieder aus jener Richtung der Windrose, die

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