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Mathias Sandorf

Mathias Sandorf

Titel: Mathias Sandorf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Marmor und Onyx; dieses Gestein rührte aus dem reichen Gebirge Filfila am Numidischen Golfe, wenige Kilometer von Philippeville entfernt, her und wurde durch einen ebenso gelehrten als geschickten Ingenieur ausgebeutet. Die kohlenschwarzen Salze hatten sich allen Phantasien des Architekten in bewundernswerther Weise angeschmiegt und in dem kräftigen afrikanischen Klima jene Goldfarbe angenommen, welche die Sonne wie mit einem Pinsel mit ihren glühenden Strahlen in den Ländern des Orients zu Wege bringt.
    Das etwas dahinter liegende Artenak wurde von dem zierlichen Glockenthurme einer kleinen Kirche überragt, zu deren Bau derselbe Steinbruch weißen und schwarzen Marmor geliefert hatte, der sich allen Bedürfnissen der Architektur und Bildhauerei fügte; dessen türkischblauer Marmor und sein gelber Achat glichen wunderbar den einstigen Erzeugnissen von Carrara und Paros.
    Außerhalb der Stadt – »
passim
« – auf den benachbarten Anhöhen erhoben sich noch andere Behausungen von mehr selbständiger Erscheinungsweise, einige Landhäuser, ein kleines Hospital in einer reineren Luftzone; dorthin konnte der Doctor, der zugleich der einzige Arzt seiner Kolonie war, seine Kranken schicken, wenn er solche hatte. Auf den Abhängen, die zum Meere abfielen, bildeten wieder andere zierliche Häuschen eine Art Curort. Eines der am bequemsten eingerichteten, das sich aber wie ein Blockhaus untersetzt und stämmig repräsentirte – es stand dicht am Molenthor – hätte Villa Pescade und Matifu genannt werden können. Dort waren nämlich die beiden Unzertrennlichen mit einem für ihren persönlichen Dienst angestellten Sack untergebracht worden. Niemals hätten sie sich einen solchen Besitz träumen lassen.

    »Hier läßt sich’s gut leben, meinte Kap Matifu unaufhörlich.
    – Zu gut, hatte Pointe Pescade erwidert, unserer gesellschaftlichen Bildung nach passen wir gar nicht hierher. Eigentlich, Kap Matifu, müßten wir nun erst noch die Schule besuchen, lernen, Lyceumspreise davontragen und uns das Zeugniß der Reise erwerben.
    – Du bist ja gebildet, Pointe Pescade, meinte der Hercules. Du kannst lesen, schreiben, rechnen…«
    Neben seinem Kameraden hätte Pointe Pescade allerdings für einen kenntnißreichen Mann gelten können. Der arme Kerl wußte nur zu gut, wie viel ihm noch an seiner Bildung fehlte. Wo und wann hätte er auch, der niemals die Schule besucht hatte oder nur die »Karpfenschule von Fontainebleau«, wie er sich ausdrückte, etwas lernen sollen? Er benutzte jetzt fleißig die Bibliothek von Artenak, er sachte sich zu bilden, er las und büffelte, während Kap Matifu mit Erlaubniß des Doctors zwischen dem Sande und den Klippen des Gestades aufräumte, um daselbst einen kleinen Angelhafen anzulegen.
    Peter Bathory feuerte Pointe Pescade’s Wißbegier besonders an; er hatte dessen Intelligenz richtig erkannt, der nur die Schulung fehlte. Er wurde sein Professor und förderte ihn so weit, daß Pointe Pescade eine vollständige Kenntniß der Anfangsgründe der Wissenschaft von ihm empfing; der Schüler machte rasche Fortschritte. Auch andere Gründe noch machten, daß Peter sich näher an Pointe Pescade anschloß. Dieser war über seine Vergangenheit unterrichtet. Er hatte den Auftrag gehabt, das Toronthal’sche Haus in Ragusa zu überwachen. Dort war es gewesen, wo Sarah beim Passiren seines Leichenzuges bewußtlos zusammensank. Mehr als ein Mal hatte Pointe Pescade ihm von jenen schmerzlichen Ereignissen berichten müssen, an denen er indirect Antheil genommen hatte. Mit ihm allein sprach er darüber, so oft sein Herz überwallte. Daher stammte das Band, das sie Beide so eng aneinander schloß.
    Die Zeit nahte inzwischen heran, in welcher der Doctor seinen zweifachen Plan zur Ausführung bringen wollte: erst vergelten, dann bestrafen.
    Die Schuld, die er an den wenige Monate nach seiner Verhaftung im Gefängniß von Stein verstorbenen Andrea Ferrato nicht mehr hatte abtragen können, hätte er gern dessen Kindern entrichtet. Unglücklicherweise wußte er, trotz der großen Mühe, die sich seine Agenten gegeben hatten, immer noch nicht, was aus Luigi und seiner Schwester geworden war. Nach dem Tode ihres Vaters hatten Beide Rovigno und Istrien verlassen und sich somit zum zweiten Male einer Heimat beraubt. Wohin waren sie gegangen? Niemand konnte es wissen, Niemand wußte es zu sagen. Den Doctor betrübte sein Mißerfolg auf diesem Felde sehr. Doch gab er die Hoffnung noch nicht auf, die Kinder

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