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Mathias Sandorf

Mathias Sandorf

Titel: Mathias Sandorf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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suchte, um einen Augenblick auf ihnen ruhen zu können.
    Das Unwetter wüthete indessen mit der schrecklichsten Heftigkeit. Es regnete nicht, aber der Wind pfiff entsetzlich. Die Blitze folgten unmittelbar auf einander. Ihre Strahlen umzuckten in Zickzack-Linien den Wartthurm, der durch seine isolirte Lage in einer bedeutenden Höhe sie besonders anzog. Die Spitze des Blitzableiters funkelte in einem weißen Lichte, das der elektrische Strom in der Gestalt eines Strahlenbüschels dort entzündet hatte, und sein Schaft schwankte unter den Stößen der Windsbraut.
    Man begreift, welche Gefahr damit verknüpft war, sich an dieser Leitung fest zu halten, durch die unaufhörlich der elektrische Strom zu den Gewässern im Buco herniederfloß. Wenn der Apparat sich in gutem Zustande befand, so brauchte man nicht sehr besorgt zu sein, getroffen zu werden, denn die außerordentliche Leitungsfähigkeit des Metalles, welche derjenigen des menschlichen Körpers weit überlegen ist, mußte den kühnen Kletterer am Kabel schützen. Sobald aber die Fortpflanzungsfähigkeit des Drahtes eine Lücke zeigte oder ein Bruch an seinem unteren Theile entstanden war, war auch die Möglichkeit eines Einschlagens des Blitzes durch die Vereinigung der beiden Ströme, des positiven und des negativen, 1 gegeben, auch ohne ein gleichzeitiges Aufleuchten des Blitzstrahles, das heißt also, lediglich durch die Spannung des im fehlerhaften Apparate aufgehäuften Fluidums.
    Graf Sandorf wußte wohl, welcher Gefahr er sich aussetzte. Aber ein mächtigeres Gefühl als der Trieb der Selbsterhaltung machte ihm Muth. Er ließ sich langsam, vorsichtig, inmitten der elektrischen Ströme nieder, die ihn vollständig einhüllten. Sein Fuß suchte längs der Mauer jeden Haken und ruhte einen Augenblick auf demselben. Dann, wenn ein greller Blitz den unter ihm gähnenden Abgrund erleuchtete, versuchte er, jedoch vergebens, die Tiefe mit den Augen zu ermessen.
    Als Mathias Sandorf sich an sechzig Fuß unterhalb des Fensters der Zelle befand, fühlte er unter sich einen festeren Stützpunkt. Es war eine Art Mauerbank, die einige Zoll über die Grundmauer ragte. Das Kabel endete hier noch nicht, es führte noch weiter hinab und von hier an – was der Flüchtige aber nicht wissen konnte – war es unbefestigt; es zog sich bald dicht an der Felswand entlang, bald hing es frei in der Luft, wenn es an einigen Vorsprüngen, die den Abgrund überragten, sich stieß.
    Graf Sandorf machte hier Halt, um Athem zu schöpfen. Seine beiden Füße ruhten auf der Bank, seine Hände ließen das eiserne Tau nicht los. Er ahnte, daß er die unterste Steinschicht des Thurmes erreicht hatte. Er konnte indessen nicht abschätzen, in welcher Höhe dieser das tiefer liegende Thal beherrschte.
    »Es muß sehr tief liegen,« dachte er bei sich.
    Große, aufgescheuchte, durch das blendende Licht der Blitze erschreckte Vögel umflatterten ihn mit heftigen Flügelschlägen; sie tauchten, anstatt sich in die Lüfte zu erheben, in die Tiefe hinab. Daraus konnte der Graf schließen, daß ein Abgrund sich unter ihm öffnen mußte.
    In diesem Augenblicke ließ sich ein Geräusch weiter oben am Kabel vernehmen. Bei dem flüchtigen Scheine eines Blitzes sah Mathias Sandorf sich eine dunkle Masse von der Mauer ablösen.
    Es war Stephan Bathory, der nun ebenfalls aus dem Fenster schlüpfte. Er hatte sofort den metallenen Leitungsdraht erfaßt und glitt langsam dem Grafen Sandorf nach. Dieser erwartete ihn mit fest auf die Steinwand gestemmten Füßen. Dort mußte Stephan Bathory seinerseits Halt machen, während sein Gefährte den Weg fortsetzen wollte.
    In wenigen Augenblicken standen Beide, von der Mauerbank getragen, neben einander.
    Sobald der letzte Donner verhallt war, konnten sie sich verständigen.
    »Wo bleibt Ladislaus? fragte Sandorf.
    – Er wird in einer Minute hier sein, erwiderte Stephan Bathory.
    – Steht es oben schlimm?
    – Durchaus nicht.
    – Schön! Ich werde also Ladislaus Platz machen und Du, Stephan, wirst hier warten, bis er Dich erreicht.
    – Einverstanden.«
    Ein mächtiger Blitzstrahl hüllte sie für einen Augenblick ein. Da das durch das Kabel laufende Fluidum bis in ihre innersten Nerven gedrungen war, so glaubten sie sich halb zerschmettert.
    »Mathias, Mathias! schrie Stephan Bathory unter dem Eindrucke eines Schreckens, dessen er nicht Herr werden konnte.
    – Kaltes Blut! Ich steige hinab! Folge mir dann!« antwortete Graf Sandorf.
    Und schon hatte er den Draht

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