Mathias Sandorf
gemeldet.«
»Ich selbst habe heute Früh zwei Männer bemerkt.« (S. 123.)
Die fragliche Stadt war also nicht Triest; Graf Sandorf merkte sich das wohl.
»Steht nicht zu befürchten, fragte der andere Gensdarm, daß, während wir hier suchen, die Flüchtigen bereits nach der Seite des Golfs von Quarnero entkommen sind?
– Es ist nicht unmöglich, antwortete der erste Gensdarm, denn sie können sich am Ende dort für sicherer halten, als hier.
– Wenn sie es gethan haben, meinte der Wachtmeister, so riskiren sie es auch dort, entdeckt zu werden, denn die ganze Küste von einem Ende der Provinz bis zum anderen wird bewacht.«
Ein zweiter Punkt, der vermerkt werden mußte: Graf Sandorf und sein Freund mußten sich demnach an der westlichen Küste Istriens befinden, das heißt also, an dem Gestade des Adriatischen Meeres, nicht an dem Ufer des entgegengesetzten Golfs, der bis nach Fiume und sehr tief in das Land hinein geht.
»Ich denke, daß man auch in den Salinen von Pirano und Capo d’Istria Nachsuchungen vornehmen lassen wird, begann der Wachtmeister von Neuem. Man kann sich dort leicht verbergen, dann sich einer Barke bemächtigen und darin die Adria auf Rimini oder Venedig zu durchfahren.
– Pah! Sie hätten besser daran gethan, ruhig in ihrer Zelle zu bleiben, sagte einer der Gensdarmen mit philosophischer Ruhe.
– Ganz gewiß, der andere, denn früher oder später werden sie doch gefangen, wenn man sie aus dem Buco nicht wieder herausfischen sollte. In diesem Falle wäre die Sache gleich zu Ende und wir hätten es nicht erst nöthig, durch das Land zu streifen, was Einem bei dieser Hitze sauer genug wird.
– Wer will denn behaupten, ob sie nicht schon längst zu Ende ist? antwortete der Wachtmeister. Die Foïba hat vielleicht die Hinrichtung übernommen; die Gefangenen konnten sich keinen schlimmeren Weg für ihre Flucht aus dem Wartthurme von Pisino wählen, als den, welchen sie beim Steigen des Wassers genommen haben.«
Die Foïba war also der Name des Baches, der den Grafen Sandorf und Stephan Bathory getragen hatte. In die Festung Pisino waren sie also gebracht worden: also dort hatte man sie eingekerkert, verhört und verurtheilt! Dort wären sie auch erschossen worden. Aus dem Wartthurme dieser Festung waren sie soeben entkommen! Graf Sandorf kannte diese Stadt Pisino sehr wohl. Endlich hatte er den für ihn so wichtigen Anhaltspunkt gefunden und er brauchte jetzt nicht mehr aufs Gerathewohl die Halbinsel zu durchziehen, vorausgesetzt, daß die Flucht noch möglich war.
Die Unterhaltung der Gensdarmen ging über diesen Punkt nicht hinaus; aus den wenigen Worten jedoch hatten die Flüchtlinge Alles erfahren, was ihnen zu wissen nothwendig war, vielleicht mit Ausnahme des Namens der Stadt, die dem Canal Leme an der Küste des Adriatischen Meeres zunächst gelegen war.
Inzwischen hatte sich der Wachtmeister erhoben. Er ging an der Umzäunung des Pachthofes auf und ab, um zu sehen, ob seine Leute noch nicht zurückkehrten. Zwei oder dreimal betrat er das zerstörte Haus und besichtigte die Zimmer, doch mehr gewohnheitsmäßig, als weil ein Verdacht in ihm sich regte. Er trat in die Thür des Gewölbes, und die Flüchtigen wären zweifellos entdeckt worden, wenn hier nicht eine vollständige Dunkelheit geherrscht hätte. Er kam sogar in den Raum hinein und berührte den Haufen Laub flüchtig mit der Degenscheide, doch er traf glücklicherweise nicht Diejenigen, welche sich in demselben verkrochen hatten. Welche Angst Mathias Sandorf und Stephan Bathory in diesem Augenblicke fühlten, läßt sich nicht beschreiben. Sie waren aber auch fest entschlossen, ihr Leben theuer zu verkaufen, wenn sie entdeckt werden sollten. Sie waren zu Allem fähig: sich auf den Wachtmeister zu werfen, seine Bestürzung zu benützen, um ihm die Waffen zu entreißen, ihn und seine Leute anzugreifen und sie zu tödten oder sich von ihnen tödten zu lassen.
Der Wachtmeister wurde, ehe es dazu kam, nach draußen gerufen und er verließ das Gewölbe, ohne etwas Verdächtiges bemerkt zu haben. Die vier auf Kundschaft gesandten Gensdarmen waren zur Farm zurückgekehrt. Trotz ihrer Aufmerksamkeit hatten sie keine Spur von den Flüchtlingen in dem zwischen der Landstraße, dem Canal und der Küste gelegenen Landstriche entdecken können. Doch kamen sie nicht allein zurück. Ein Mann begleitete sie.
Es war ein Spanier, der in den Salinen der Umgebung zu arbeiten pflegte. Er kehrte gerade in die Stadt zurück, als
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