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Mathias Sandorf

Mathias Sandorf

Titel: Mathias Sandorf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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wäre. Es handelte sich also darum, die Mauern zu umgehen, um wo möglich eine Stelle des Ufers selbst zu erreichen.
    Die Flüchtlinge vollführten diese Absicht, sie wurden indessen schon seit Beginn ohne ihr Wissen von jenem Manne in einiger Entfernung verfolgt, der sie bereits am Ufer des Canals von Leme gesehen hatte – desselben Carpena, dessen Aussage vor dem Gensdarmen-Wachtmeister sie vernommen hatten. Verlockt durch die ausgesetzte Belohnung, hatte sich der Spanier auf dem Wege zu seiner Wohnung verborgen, um besser die Landstraße übersehen zu können, und der ihm günstige, jenen feindliche Zufall brachte ihn soeben wieder auf die Spur der Flüchtlinge.
    Fast gleichzeitig drohte eine aus einem der Thore der Stadt kommende Schaar Polizisten ihnen den Weg abzuschneiden. Sie hatten gerade noch Zeit, sich seitwärts zu schlagen; dann stürmten sie die Hafenmauer entlang dem Meere zu.
    Dort stand eine bescheidene Fischerhütte; ihre Fenster waren erleuchtet, die Thür weit offen. Wenn Mathias Sandorf und Stephan Bathory hier kein Unterkommen fanden, wenn man sich weigerte, sie aufzunehmen, so waren sie verloren. Hier Zuflucht suchen, das hieß zwar, Alles aufs Spiel setzen, doch durfte nicht länger gezögert werden.
    Graf Sandorf und sein Genosse eilten auf die Thüre des Hauses zu und blieben an der Schwelle stehen.
    Ein Mann war im Innern beim Scheine einer Schiffslampe damit beschäftigt, Netze auszubessern.
    »Wollt Ihr mir sagen, mein Freund, wie diese Stadt sich nennt?
    – Rovigno.
    – Bei wem befinden wir uns hier?
    – Bei dem Fischer Andrea Ferrato.
    – Wäre der Fischer Andrea Ferrato geneigt, uns für diese Nacht bei sich aufzunehmen?«
    Andrea Ferrato blickte die Angekommenen an; er trat an die Thür und bemerkte die Schaar der Polizisten, die gerade um die Ecke der Hafenmauer bog; er ahnte zweifellos, wer die Fremden waren, die ihn um Gastfreundschaft baten, und begriff, daß sie verloren waren, wenn er zögerte.
    »Treten Sie ein!« sagte er
    Die Flüchtigen aber beeilten sich nicht, über die Schwelle zu treten.
    »Freund, sagte Graf Sandorf, es sind fünftausend Gulden Belohnung ausgesetzt für Denjenigen, welcher die Verurtheilten ausliefert, die aus dem Thurme von Pisino ausgebrochen sind.
    – Ich weiß es.
    – Und das Zuchthaus für Denjenigen, der sie bei sich aufnehmen sollte.
    – Ich weiß es.
    – Ihr könnt uns ausliefern…
    – Ich habe Ihnen gesagt, Sie sollen eintreten,« erwiderte der Fischer.
    Und Andrea Ferrato schloß die Thür in dem Augenblicke, als bereits die Polizisten am Hause vorübergingen.
Achtes Capitel.
Das Haus des Fischers Ferrato.
    Andrea Ferrato war ein Corse und stammte aus Santa Mazza, einem kleinen Hafen im Bezirke von Sartene, der hinter einem Vorsprunge des südlichen Kaps der Insel Corsika gelegen ist. Dieser Hafen, sowie diejenigen von Bastia und Porto Vecchio sind die einzigen, welche sich auf der Ostküste öffnen, die vor vielen Jahrtausenden willkürlich zerrissen wurde, jetzt aber durch das beständige Bespülen seitens der Strömungen wieder gleichmäßiger geformt ist; die Wogen haben nach und nach die Kaps fortgerissen, die Golfe ausgefüllt, die kleinen Buchten erweitert, die Risse beseitigt.
    Dort in Santa Mazza, auf jenem schmalen Meerarme, der sich zwischen Corsica und dem italienischen Festlande ausbreitet, manchmal auch inmitten der Klippen der Meerenge zwischen Bonifazio und Sardinien, war Andrea Ferrato einst seinem Gewerbe als Fischer nachgegangen.
    Vor zwanzig Jahren hatte er ein junges Mädchen aus Sartene geheiratet Zwei Jahre später hatte sie ihn mit einem Töchterchen beschenkt, welches auf den Namen Maria getauft wurde. Die Fischerei ist ein rauhes Handwerk, namentlich wenn man außer dem Fischfang auch die Korallenfischerei betreibt; behufs der letzteren muß man die Wasserbänke auf dem Grunde der gefährlichsten Stellen der Meerenge aufsuchen. Doch Andrea Ferrato war ein muthiger, kräftiger, unermüdlicher Mann, eben so geschickt in der Handhabung der Zugals der Scharrnetze. Sein Geschäft ging gut. Seine Frau, ebenfalls rührig und umsichtig, hielt nach Wunsch das kleine Haus in Santa Mazza in Ordnung. Beide waren, da sie lesen, schreiben, rechnen konnten, verhältnißmäßig gebildet, wenn man bedenkt, daß es, wie statistisch nachgewiesen wird, auch heute noch auf der Insel hundertfünfzigtausend Menschen unter den zweimalhundertsechzigtausend Einwohnern gibt, die weder lesen noch schreiben können.
    Außerdem war

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