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Mathias Sandorf

Mathias Sandorf

Titel: Mathias Sandorf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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nicht, sich unter vier Augen und zwar häufig über ihren neuen Herrn zu unterhalten. Sie hatten ihn schon liebgewonnen und liebten ihn sehr. Ihre stete Sorge war es, ihm ihre Ergebenheit zu beweisen. Zwischen ihnen und dem Doctor bestand eine Art Wahlverwandtschaft, eine Zusammengehörigkeit, die sie von Tag zu Tag enger aneinander knüpfte.
    An jedem Morgen hofften sie in des Doctors Zimmer gerufen zu werden und dort die Worte zu hören:
    »Ich bedarf Eurer, Freunde.«
    Aber zu ihrem großen Verdrusse geschah nichts derartiges.
    – Ob das wohl noch lange so fortgehen wird? fragte eines Tages Pointe Pescade. Es ist hart, zum Nichtsthun verurtheilt zu sein, namentlich wenn man dazu nicht erzogen worden ist, mein Kap.
    – Ja, meinte der Hercules und betrachtete sorgfältig seine enormen, den Zugstangen der in Ruhe versetzten Maschinen ähnlichen Muskeln, meine Arme werden steif.
    – Sag mal, Kap Matifu…
    – Was soll ich Dir sagen, Pointe Pescade?
    – Weißt Du, was ich vom Doctor Antekirtt halte?
    – Nein, aber sage mir Deine Gedanken, Pointe Pescade, vielleicht verhelfen sie mir zu einer Antwort.
    – Nun gut, daß es in seiner Vergangenheit Dinge gibt, Dinge… Man sieht das nämlich seinen Augen an, die mitunter Blitze werfen, als wollten sie Jemand blenden… Und an dem Tage, an dem der Donner losbrechen wird…
    – Wird es einen großen Krach geben?
    – Ja, Kap Matifu, es wird einen Krach geben… und Arbeit; ich denke mir nämlich, daß wir dann nicht unnütz herumstehen werden.«
    Pointe Pescade sprach nicht ohne Grund in dieser Weise. Obwohl die größte Ruhe an Bord des Schooners herrschte, hatte der umsichtige Jüngling doch Manches gesehen, was ihm zu denken gab. Daß der Doctor nicht ein einfacher Reisender war, der auf seiner Vergnügungsyacht nur das Mittelmeer durchstreifte, war klar. Die »Savarena« konnte nur ein Centrum für die vielen Fäden sein, die in der Hand ihres Eigenthümers vereinigt lagen.
    Briefe und Depeschen kamen nämlich fast aus allen Ecken und Enden dieses herrlichen Meeres, dessen
     

    Der Hauptplatz in Ragusa.
     
    Fluthen die Küsten so vieler verschiedener Länder, Frankreichs, Spaniens ebenso wie diejenigen von Marokko, Algerien und Tripolis, bespülen. Wer sandte obige? Jedenfalls Correspondenten des Doctors, welchen Angelegenheiten anvertraut waren, deren Bedeutung nicht mißzuverstehen war; weniger wahrscheinlich war es, daß diese Nachrichten von Patienten des Doctors herrührten, die auf schriftlichem Wege den berühmten Doctor consultirten.
     

    »Ja, meine Arme werden steif,« erwiderte der Hercules. (S. 215.)
     
    Selbst im Telegraphenbureau von Ragusa konnte man schwerlich den Sinn dieser Depeschen erfassen, denn sie waren in einer unbekannten Sprache, deren Zeichen nur dem Doctor verständlich waren, abgefaßt. Und wäre selbst diese Sprache zu verstehen gewesen, was hätte man schon aus solchen Phrasen, wie die folgenden, herauslesen können:
    »Almeira: Man glaubte, Z. R. auf der Spur zu sein. – Falsche, jetzt verlassene Fährte.«
    »Den Correspondent von H. V. 5 wiedergefunden. – Verbunden mit Truppe von K. 3, zwischen Catania und Syrakus. Zur Verfolgung.«
    »In dem Manderaggio, La Valette, Malta habe ich das Passiren von T. K. 7 festgestellt.«
    »Cyrene… Erwarten neue Befehle… Flotille von Antek… bereit. Electric 3 bleibt Tag und Nacht unter Druck.«
    »R. O. 3. Seitdem im Gefängniß verstorben. – Beide verschwunden.«
    Ein anderes Telegramm brachte mit Hilfe einer verabredeten Zahl folgende genauere Nachricht:
    »2117. Sacc. Früher Handelsmakler… In Diensten Toronth. – Beziehungen mit Tripolis von Afrika unterbrochen.«
    Auf die meisten dieser Depeschen ging von der »Savarena« folgende gleichlautende Antwort ab:
    »Recherchen fortsetzen. Sparet weder Geld noch Mühe. Sendet neue Beweisstücke.«
    Hier existirte also ein Austausch von Schriftstücken, deren unbegreiflicher Inhalt den ganzen schiffbaren Theil des Mittelmeeres in den Kreis ihrer Beobachtung zu ziehen schienen. Der Doctor war also doch nicht so unbeschäftigt, wie es den Anschein hatte. Aller Verschwiegenheit im Amte zum Trotze konnte dieser Depeschenwechsel nur schwer vor der Oeffentlichkeit geheim gehalten werden. Die Neugier betreffs der räthselhaften Persönlichkeit des Doctors verdoppelte sich also.
    Einer der am meisten Vexirten aus den besseren Gesellschaftskreisen Ragusas war der einstmalige Banquier von Triest. Silas Toronthal hatte, wie man sich noch

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