Mathias Sandorf
er mit der »Savarena« nach Ragusa gekommen war, nur um ihr einen Besuch abzustatten?
Am folgenden Tage erzählten die Zeitungen, daß ein Unbekannter den Hospitälern der Stadt ein Geschenk von hunderttausend Gulden gemacht hätte.
Es war das Almosen des Doctors Antekirtt, zugleich auch dasjenige der Witwe, welche die Annahme desselben für sich und ihren Sohn verweigert hatte.
Fünftes Capitel.
Verschiedene Zwischenfälle.
Der Doctor schien aber, entgegen der Annahme der Frau Bathory, durchaus keine Lust zu empfinden, Gravosa zu verlassen. Nach seinem erfolglosen Versuche, der Mutter zu Hilfe zu kommen, hatte er sich vorgenommen, dem Sohne unter die Arme zu greifen. Wenn auch Peter Bathory bis dahin keine seinen vorzüglichen Fähigkeiten entsprechende Stellung gefunden hatte, so würde er gewiß die Anerbietungen nicht von der Hand weisen, welche der Doctor ihm zu machen gewillt war. Ihm eine seiner Anlagen und seines Namens würdige Stellung zu verschaffen, konnte nicht als ein Almosen betrachtet werden. Es wäre das nur eine gerechte Wiedervergeltung, die man diesem jungen Manne schuldig war.
Peter Bathory war jedoch, wie Borik gesagt hatte, nach Zara in Geschäften gefahren.
Der Doctor zögerte trotzdem nicht, ihm zu schreiben. Er that es noch am selben Tage. Sein Brief beschränkte sich darauf, auszudrücken, wie glücklich er sich schätzen würde, Peter Bathory an Bord der »Savarena« zu empfangen, da er ihm einen ihn gewiß interessirenden Vorschlag zu machen hätte.
Dieser Brief wurde in Gravosa auf die Post gegeben und man mußte sich nun bis zur Rückkehr des jungen Ingenieurs in Geduld fassen.
Der Doctor lebte noch zurückgezogener als vorher an Bord des Schooners. Die in der Mitte des Hafens verankerte »Savarena« lag, umsomehr als auch ihre Bemannung niemals an Land ging, ebenso verlassen da, als befände sie sich an irgend einem einsamen Orte des Mittelländischen oder Atlantischen Meeres.
Das Außergewöhnliche war ganz dazu angethan, die Neugierigen, Reporter oder Andere zu intriguiren, welche keineswegs darauf verzichtet hatten, die räthselhafte Person des Doctors zu »interviewen«, obgleich man sie nicht an Bord der Yacht ließ, die nicht minder räthselhaft als ihr Eigenthümer sich zeigte. Da Pointe Pescade und sein Genosse Kap Matifu willkürlich schalten und walten konnten, so ließen sie es sich namentlich angelegen sein, diejenigen abzufertigen, welche für ihre Zeitungen Erkundigungen einzuziehen gedachten.
Pointe Pescade hatte, mit Genehmigung des Doctors natürlich, etwas Fröhlichkeit in das eintönige Schiffsleben gebracht. Während Kap Matifu so ernsthaft wie eine Schiffswinde blieb, deren Stärke er besaß, lachte und sang Pescade stets, lebhaft wie der Commandowimpel eines Kriegsschiffes, dessen Beweglichkeit der seinen gleichkam. Wenn er nicht zum größten Ergötzen der Bemannung, der er Unterricht im Luftsprunge gab, geschickt wie ein Matrose und gewandt wie ein Schiffsjunge im Tauwerk umherkletterte, so unterhielt er mit seinen endlosen Hanswurstiaden. Der Doctor Antekirtt hatte ihm nicht vergebens angerathen, sich seinen guten Humor zu bewahren. Nun wohl, er bewahrte ihn und ließ sogar Andere daran Theil nehmen.
Es war weiter oben schon gesagt worden, daß Kap Matifu und er vollständige Freiheit genossen. Mit anderen Worten, sie konnten gehen und kommen, wie es ihnen beliebte. Während die Mannschaft an Bord blieb, fuhren sie ans Land, wenn es ihnen einfiel. Daher stammte denn auch die natürliche Neigung der Neugierigen, ihnen zu folgen, ihnen zu schmeicheln, sie auszufragen. Doch Pointe Pescade ließ sich nicht sprechen, wenn er schweigen wollte; wenn er aber sprach, besagte sein Sprechen auch nichts.
»Was ist der Doctor Antekirtt?
– Ein berühmter Arzt. Er heilt alle Krankheiten, selbst die, welche Euch soeben in die andere Welt spedirt haben.
– Ist er reich?
– Er besitzt keinen Kreuzer… Ich, Pescade bin es, der ihm jeden Sonntag seine Löhnung auszahlt.
– Woher kommt er?
– Aus einem Lande, dessen Namen Niemand kennt.
– Und wo liegt dieses Land?
– Alles, was ich sagen kann, ist, daß es im Norden durch irgend etwas Mächtiges und im Süden durch nichts begrenzt wird.«
Es war ganz unmöglich, andere Antworten aus dem stets vergnügten Gefährten Kap Matifu’s heraus zu bekommen, der stumm wie ein Granitblock blieb.
Wenn nun auch die beiden Freunde den indiscreten Fragen der Reporter aus dem Wege gingen, so unterließen sie es doch
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