Mathilda, Mathilda! - Drei wie Wind und Wirbel (German Edition)
auf und rief: »Wir wissen es alle, dass deine Mutter die beste Frau der Welt ist, Friederike. Du brauchst es nicht jede Viertelstunde zu sagen!« Die Wohnzimmertür flog hinter ihr zu.
Papa sah ziemlich abgekämpft aus. »Zeit fürs Bett!« Wie, um sich selbst Mut zu machen, sagte er leise: »Morgen unternehmen wir etwas Schönes.« Die Stimmung an diesem Abend war jedenfalls alles andere als schön.
Am Samstagmorgen versprach Papa, nur mit uns beiden shoppen zu gehen. Stephanie war hinter der Wirtschaftszeitung verschwunden und meinte spitz, sie müsse noch etwas für die Arbeit vorbereiten. Das war auch besser so, denn eine Shoppingtour mit mir und Friederike hält kaum jemand aus. Es liegt vielleicht auch daran, dass wir beide immer in ganz unterschiedliche Läden wollen. Und hinzu kommt, dass wir insgesamt in ziemlich viele Läden wollen. Und diesmal hatten wir nach zwei Wochen Landleben auch Shoppingentzug.
Doch etwas war an diesem Samstag in Frankfurt komisch: Noch nie war mir die Stadt so hektisch vorgekommen. In der Zeilgalerie, das ist so ein riesiges Shoppingzentrum mit einer Kuppel aus Glas, herrschte auf allen Rolltreppen und in den Gängen sogar noch mehr Gewimmel. Aber ich wusste schon genau, wohin ich wollte, zu dem Laden von Hollister. Dorthin, wo stets ein süßer Surfertyp in Jeans (und ohne Oberteil!) als Model für Fotos mit den Kundinnen und Fans bereitsteht. Doch die Warteschlange war heute endlos lang. Vor mir kreischten einige Mädchen. Mehrere Leute kamen mit den begehrten Tüten aus dem Laden heraus. Eigentlich hatte ich vorgehabt, so eine Tüte für Philippa und Linn mitzubringen. Doch auf einmal hatte ich gar keine Lust mehr, drei Stunden anzustehen, um mich mit dem Model fotografieren zu lassen, und auch nicht, um zwei noch so tolle Tüten für meine beiden besten Freundinnen … Da durchzuckte es mich wie ein Blitz. Auf einmal wusste ich, wie wichtig Linn und Philippa für mich sind. Sie sind wirklich meine besten Freundinnen. Meine allerbeste Freundin ist und bleibt Hannah – mit h hinten. Ja, so soll es für immer bleiben!
In meine Gedanken hinein fragte mein Vater: »Mathilda, sollen wir dich hier an dem Hollister-Laden in zwei oder drei Stunden wieder abholen?«
»Nein, lasst uns weitergehen«, sagte ich.
Mein Vater sah mich überrascht an. »Bist du sicher, Mathilda?«
»Ist schon gut, Papa, ich muss da heute nicht hin.«
Mein Vater schien aufzuatmen. Doch nicht für allzu lange, dann zogen wir ihn in einen Schuhladen, den Friederike und ich beide mochten. Als wir wieder herauskamen, hatte ich meinen Vater tatsächlich überredet, mir ein Paar Gartenclogs zu kaufen.
»Gartenclogs?«, fragte mein Vater. »Diese Schuhe aus Plastik? « Er dachte bestimmt, er hätte sich verhört.
»Unbedingt, Papa«, sagte ich, »die brauche ich fürs Landleben. « Ich suchte mir ein Paar grasgrüne Gartenclogs aus und Friederike nahm welche in Pink.
Dann waren Friederike und ich so k.o. vom Umherlaufen in der Stadt, dass wir nach Hause wollten.
»So schnell bin ich ja noch nie vom Shoppen mit euch nach Hause gekommen!« Mein Vater sah uns leicht beunruhigt an. »Werdet ihr vielleicht krank?«
»Uns fehlt nichts, Papa«, sagte ich. Aber den ganzen Nachmittag über hatte ich das Gefühl, dass mir doch etwas fehlte. Nur was?
Am Samstagabend stand ich an dem großen Panoramafenster im Wohnzimmer meines Vaters, blickte auf die erleuchteten Fensterfronten vor uns und die angestrahlten Wolkenkratzer im Hintergrund. Auf einmal wusste ich, was ich tun wollte.
Ich schnappte mir das schnurlose Telefon, schlich mich in die Küche, wo um diese Zeit garantiert niemand war, und wählte die Nummer von Mats. Es klingelte dreimal, dann hörte ich seine Stimme. »Ja?« Es klang sehr fragend.
»Ich bin’s. Hallo, Mats«, sagte ich.
»Mathilda, ist alles in Ordnung?« Mats’ Stimme klang so besorgt, dass es fast schon süß war. Und eines musste man ihm lassen, er hatte wirklich eine tolle Telefonstimme.
Auf einmal wusste ich gar nicht mehr genau, was ich sagen wollte. »Ja, alles bestens. Ähm, ich wollte nur mal kurz anrufen. « Meine Güte, das klang ja so etwas von blöd. Warum hatte ich mir nicht vorher überlegt, was ich sagen wollte.
»Soll ich dich zurückrufen?«, fragte Mats sofort.
»Ach, nein, das brauchst du nicht. Mein Vater hat so einen günstigen Telefontarif«, sagte ich.
»Wie ist es denn in Frankfurt?«
»Schön, nur…« Ich wusste selbst nicht genau, wie ich es beschreiben
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