Mathilda, Mathilda! - Drei wie Wind und Wirbel (German Edition)
unsere Häuser und Gärten liegen gleich nebeneinander. Aber zumindest weiß ich jetzt, wie ich Viviennes Familie von nun an nennen werde: die Perfektos. Perfekt gestylt, perfekter Garten. Perfekto. Klarer Fall.
Wir gingen auf das Gartentor zu, als ein blonder Surferboy – fast wie auf meiner Hollister-Tüte – sein Rad am Zaun abstellte. Mein Herz schlug schneller, als er uns auf dem Gartenweg zum Haus der Perfektos entgegenkam. Ein Blick aus seinen strahlend blauen Augen traf mich. »Hallo«, stammelte ich, und meine Stimme klang fremd.
»Hi«, erwiderte der Junge lässig, blickte aber an mir vorbei. Kein Wunder, denn hinter mir rief Vivienne: »Oh, Leo!« Sie schwebte ihm von der Haustür entgegen. Und das, bevor ich auch nur die Chance hatte, noch etwas zu dem blonden Surfertyp zu sagen. Ehrlich gesagt wäre mir in diesem Moment ohnehin nichts eingefallen.
Friederike und ich sahen noch, wie Vivienne mit ihrem Leo im Haus der Perfektos verschwand. Die Welt ist ungerecht. Wieso muss der Surfertyp ausgerechnet mit Vivienne verabredet sein?
»Los, lass uns gucken, wer hier noch wohnt. Es kann nur noch besser werden«, meinte Friederike.
So gingen wir die Straße hinauf, ein Haus weiter. Das sah grau und ziemlich verlassen aus. Doch an dem Gartentor hing ein Schild mit einem Hundekopf, und daran stand in blutroter Schrift: »Hier wache ich!«
Vorsichtig drückten wir auf den Klingelknopf. Aber niemand kam zur Tür. Wir waren nicht besonders traurig darüber und gingen schweigend weiter. Da kam uns ein kleiner alter Mann mit einem braunschwarzen Hund an der Leine entgegen. Wir wollten ihn so begrüßen, wie es alte Leute am liebsten haben, mit Handschlag.
»Guten Tag … «, fing ich an und streckte ihm meine rechte Hand entgegen.
»Nicht!«, schrie der alte Mann. Sein Hund machte einen Satz nach vorne und riss an der Leine. Seine gelben Zähne waren gefletscht und er bellte wie wild. Schnell machte ich einen Satz zurück.
»Rex, ganz ruhig«, rief der alte Mann dem Hund zu, und zu mir sagte er streng: »Mach das nie wieder!«
»Mache ich bestimmt nicht«, erwiderte ich. Der sollte seinen Hund T-Rex nennen, dachte ich, so blutrünstig wie der ist. Mit zitternden Knien gingen Friederike und ich weiter. Wir sagten beide nichts. Aber wir dachten bestimmt ein und dasselbe: Wo waren wir hier nur gelandet? Irgendwo zwischen Primaballerina und T-Rex, gestrandet in einem Dorf namens Krähwinkel.
Als Nächstes kamen wir zu einem Bauernhof, in dessen Vorgarten ein kleines Pony graste. Ein Trecker knatterte über den Hof. Dann bremste der Trecker ab und wurde rückwärts in einen Schuppen eingeparkt. Zu meiner Überraschung sprang ein Mädchen mit einem langen blonden Zopf aus der Fahrerkabine. Sie winkte uns zu und rief uns von Weitem zu: »Hallo, toll, dass ihr da seid!«
Hatte ich mich etwa verhört? Bildete ich mir das ein? Aber auch Friederike neben mir sah verwundert aus.
Zugleich lief ein Mädchen mit rotbraunen Haaren über die Weide heran. Auch sie winkte uns zu.
Dann stand die mit dem langen blonden Zopf vor uns. »Hallo, ich bin Philippa und wohne hier auf dem Krone-Hof«, rief sie. Kurze blonde Strähnen kringelten sich um ihr Gesicht und sie war einfach bildhübsch. Vor allem hatte sie schon eine richtige Figur oder sagen wir mal viel mehr als ich. Doch ihr Aussehen schien Philippa ziemlich egal zu sein. Sie trug alte abgeschnittene Jeans und ein verwaschenes T-Shirt, ihre Füße steckten in roten Gartenclogs. Das ging so in die Richtung von Gummistiefeln, war aber nicht ganz so peinlich.
Nun kam das andere Mädchen – etwas außer Atem – hinzu. »Ich bin Linn«, rief sie und lächelte mich an. Sie hatte grüne Augen, und als ich ihre welligen, rotbraunen Haare sah, wusste ich sofort, wer sie war. Die zwölfjährige Schwester von Mats, Emmi und Cara.
Sofort legte Friederike los, sie erzählte gleich so ziemlich alles, dass wir mit unserer Mutter hergezogen seien, die eine berühmte Übersetzerin ist, dass unser Vater zurzeit noch in Frankfurt lebt, aber bestimmt irgendwann wieder bei uns wohnen wird und…
Ich gab ihr einen Stups. Friederike erzählt gerne die Dinge so, wie sie ihr am besten gefallen würden. Doch so sind sie nicht. Mama ist Übersetzerin und arbeitet oft bis spätabends, damit sie genug Geld verdient. Und berühmt sind Übersetzer meistens nicht. Papa ist neu verheiratet, mit Stephanie, und wird nicht irgendwann zu uns ziehen. Auch wenn ich es schön fände, weiß ich genau,
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