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Matterhorn

Matterhorn

Titel: Matterhorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Marlantes
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hat recht, Sir«, sagte Jancowitz. »Die befördern damit tatsächlich allen möglichen Scheiß.«
    »Aber das sind wilde Tiere«, sagte Mellas.
    »Woher wissen Sie das, Sir?«
    An dieser Stelle mischte sich Daniels ein. »Wir schießen ständig auf sie, Sir. Man legt damit ihr Transportsystem lahm.«
    »Aber wir liegen am Rand der effektiven Reichweite.«
    »Das ist ein Flächenziel, Sir«, antwortete Daniels. Ein Flächenziel, wie zum Beispiel Truppen im Feld, hatte eine größere Ausdehnung, sodass es hier weniger auf Genauigkeit ankam als bei einem Punktziel, wie etwa einem Bunker.
    Mellas sah Hamilton und Tilghman an, die den M 79 -Granatwerfer trugen. Die beiden starrten ausdruckslos zurück. Mellas wollte sich vor der Gruppe nicht durch Gefühlsduselei lächerlich machen. Schließlich war das hier ein Krieg. Und er wollte sich nicht einer Standardvorgehensweise entgegenstellen, ohne sich seiner Sache wirklich sicher zu sein. Man hatte ihm gesagt, er solle seinen Gruppenführern vertrauen. »Na ja«, begann er langsam, »wenn man wirklich auf sie schießt …«
    Daniels grinste. Er hatte bereits seine Landkarte hervorgeholt, und nun griff er nach dem Handapparat seines Funkgeräts.
    »Andrew Golf, hier ist Big John Bravo. Artillerieeinsatz. Ende.«
    In seiner Vorstellung sah Mellas, wie die Batterie in hektische Aktivität verfiel, als der Einsatzbefehl beim Feuerleitstand einging.
    Nur Momente, nachdem Daniels die Kartenkoordinaten und die Kompasspeilung durchgegeben hatte, kam die erste Granate mit dem Geräusch eines durch einen Tunnel rasenden Zugs durch den Dschungel gefegt. Es erfolgte ein dumpfer Schlag, der sich durch den Boden fortpflanzte, dann ließ ein lauteres, betäubendes Krachen die Luft erzittern. Man hörte das Geräusch von berstendem Unterholz und die Bewegung schwerer, in Panik geratener Körper. Daniels gab eine rasche Korrektur durch, und eine zweite Granate rauschte heran. Wieder bebte die Erde, und die Luft erzitterte. Danach waren die gedämpften Geräusche nicht mehr zu hören.
    Über Funk gab Daniel den Befehl zum Ende des Einsatzes. »Die sind inzwischen über alle Berge«, sagte er mit zufriedenem Lächeln.
    Jancowitz hatte keine Lust, das Ganze auf Ergebnisse zu überprüfen, denn das hätte bedeutet, bis auf den Grund der Schlucht hinabzusteigen. Der Wiederaufstieg hätte Stunden gedauert. Mellas pflichtete ihm bei.
    Als sie sich schließlich in die Umzäunung der Kompanie zurückgeschleppt hatten, ging die Gruppe sofort daran, in Vorbereitung auf die lange Nacht des Wachens die Waffen zu reinigen und Essen zu machen. Jackson setzte seinen Plattenspieler in Gang, und Wilson Picketts Stimme schwebte über die winzige menschengemachte Lichtung im Dschungel: »Hey Jude, don’t make it bad …«
    Mellas schaffte es kaum noch zum Befehlsstand, um Fitch Bericht zu erstatten. Er wollte sich an Ort und Stelle hinfallen lassen und schlafen. Bass war bereits da und hatte nichts zu berichten – genau wie Goodwin, der allerdings eine Tigerspur gefunden hatte. Ridlow dagegen, Goodwins Sergeant, hatte in der Nähe eines Bachlaufs menschliche Fußabdrücke entdeckt. Von wie vielen Menschen sie stammten, hatte sich nicht feststellen lassen. Seiner Schätzung nach konnten die Spuren nicht mehr als zwei Tage alt sein; sonst hätte der Regen sie weggespült.
    Mellas hörte zu, während Fitch dem Bataillon die negativen Berichte übermittelte. Ein ganzer Tag auf Spähtrupp, und bewiesen hatten sie nur, dass da draußen im Dschungel jemand war, als ob ein abgeschossener Hubschrauber und ein paar tote Crewmitglieder das nicht schon zur Genüge bewiesen hätten. Er bekam auch mit, wie Fitch der Geschützbatterie zwecks Stör- und Abriegelungsfeuer die Koordinaten der Fußabdrücke durchgab.
    Als Fitch aus der Leitung ging, fragte Mellas: »Was ist, wenn es nur ein Bergbewohner ist?« Er sprach von den Ureinwohnern, die vor Jahrhunderten von den Vietnamesen, die das Land eroberten, in die Berge abgedrängt worden waren.
    Fitch schürzte die Lippen. »Wenn es einer ist«, sagte er bedächtig, »dann muss er für die NVA arbeiten. Sonst hätte er sich längst verpisst oder wäre zu uns in die Stellung gekommen.«
    »Ich weiß nicht. Vielleicht«, sagte Mellas.
    Hawke hörte zu, während er Pulverkaffee und Zucker in eine ramponierte Tasse kippte, die er sich aus einer C-Ration-Konservendose gebastelt hatte: Er hatte den Deckel drangelassen, ihn zurückgeklappt und zu einem Henkel zusammengebogen. Er

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